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11.11.2015 | 13:11 | Eiweißfutterpflanze 

Soja-Anbau in Deutschland boomt

Hannover - Der Messestand von Florian Büttner ist gut besucht. Minütlich bleiben Interessierte stehen und betrachten fachsimpelnd die Sojapflanzen, die links und rechts neben dem Infostand aufgebaut sind.

Soja-Anbau in Deutschland
Das Veggie-Image der Sojapflanze trügt. Tatsächlich landen die meisten der in Deutschland verbrauchten Sojabohnen in Futtertrögen von Nutztieren. Agrarexperten sind sich einig: Der Anbau muss ausgebaut werden. Sonst fehlt es bald an Futter für Hühner und Schweine. (c) Junior Gobira - fotolia.com
«Die Nachfrage vonseiten der Landwirte bei uns ist sehr gut», erklärt der Unternehmer aus der Nähe des bayerischen Schweinfurt.

Büttner verkauft Soja-Saatgut. Bei der Agrartechnikmesse «Agritechnica» in Hannover möchte er neue Kunden gewinnen. Denn in Deutschland boomt derzeit der Anbau der Sojapflanzen - Nutztiere brauchen die wertvolle Eiweißquelle.

Nachdem 2012 bundesweit auf rund 5.000 Hektar Soja angebaut wurde, stand die Sojabohne in diesem Jahr mit 17.000 Hektar auf mehr als dem Dreifachen dieser Fläche. In Form von Sojaschrot fressen vor allem Hühner und Schweine den Großteil der importierten Hülsenfrüchte.

Deutschland führt nach Angaben der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) jährlich 3,6 Millionen Tonnen Sojabohnen und bis zu 1,5 Millionen Tonnen Sojaschrot ein. Die größten Lieferantenländer sind Brasilien, die USA und Argentinien.

«Deutschland muss mehr Soja anbauen, um die Versorgung der Nutztiere mit Futter zu sichern», erklärt Sojanetzwerk-Berater Jürgen Unsleber, der Landwirte zum Anbau der Pflanzen informiert. «China kauft den Weltmarkt leer.» Zwei Drittel des weltweit gehandelten Sojas werden laut LfL nach China geliefert. Bisher habe man sich in Deutschland auf die Importe vom amerikanischen Kontinent verlassen, erklärt Unsleber. Nun merke Europa, dass auch hier mehr Soja angebaut werden muss.

«Wir werden die Eiweißversorgung nie vollständig allein decken können», sagt der Agrarexperte, «aber wir können einen Beitrag leisten.» Derzeit liegt der Soja-Selbstversorgungsgrad der EU nach Angaben der LfL bei rund drei Prozent. Für die deutschen Äcker biete der Anbau von Soja nach Ansicht Unsleber Vorteile: «Die Sojapflanzen sammeln Stickstoff aus der Luft. Zusätzlicher Dünger ist deshalb kaum nötig.»

Drastischere Worte findet Lutz Wudtke, der auf der «Agritechnica» einen Sojabohnen-Toaster vorstellt: «Deutschland hat da die letzten Jahre einfach gepennt.» Selbst das flächenmäßig viel kleinere Österreich baue mehr Hektar Soja an. Deutschland habe sich von Südamerika abhängig gemacht, obwohl die Fläche für den Sojaanbau vorhanden sei. Für deutsche Landwirte sei der Anbau der Hülsenfrucht erst langsam lukrativer geworden.

Es gibt allerdings auch Kritik am Sojaanbau. Werden etwa Wälder in Südamerika für den Anbau von Tierfutter wie Soja abgeholzt, wird Kohlendioxid aus Bäumen und Böden freigesetzt. Erst vor kurzem kritisierte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter bei einem Besuch in Brasilien außerdem den umfangreichen Pestizideinsatz. Brasilien sei deswegen kein verlässlicher Partner. Es würden toxische Pestizide wie Glyphosat im großen Stil eingesetzt. «Das tötet Mikroorganismen ab und hinterlässt totes Land.»

Oft könnten in der Region nur noch gentechnisch veränderte Pflanzen wachsen. Hofreiter forderte ein Zertifizierungssystem für Tierfutter, ähnlich wie bei Bio-Treibstoff, für dessen Rohstoffe auch bestimmte Auflagen gelten.

Gentechnisch veränderte Lebensmittel gibt es in Europa kaum zu kaufen - denn solche Waren müssten gekennzeichnet werden, was Verbraucher abschrecken könnte. Die in Deutschland angebauten Sojapflanzen müssen deshalb frei von Gentechnik sein, sagt Agrarexperte Unsleber.

Für die Bauern ist ein anderes Problem laut Wudtke die Weiterverarbeitung der Soja-Ernte. «Die Bohnen müssen erhitzt werden, damit ein für Mensch und Tier unverdauliches Enzym zerstört wird,» erklärt der Veterinäringenieur. Das sei meist nur in Röst-Großanlagen möglich, zu welchen die Landwirte ihre Ernte anliefern müssten - logistisch sei das zu aufwendig.
dpa
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