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05.12.2015 | 08:46 | Umweltschützer 

Naturphilosoph Hubert Weinzierl wird 80

Regensburg / München - Hubert Weinzierl ist einer der großen deutschen Umweltschützer, zudem Biobauer, Naturphilosoph und Dichter.

Umweltpolitik
Fast ein halbes Jahrhundert prägte Hubert Weinzierl die deutsche Umweltpolitik. Ein Gespräch über harte Nüsse, ungelöste Probleme und die Lust an der Natur. (c) proplanta
Er lebt in einem Schloss in Wiesenfelden im Bayerischen Wald, das er vor 40 Jahren den Wittelsbachern abgekauft hat, um dort mit seiner Frau Beate Seitz-Weinzierl ein ökologisches Bildungszentrum zu gründen. Am Donnerstag (3. Dezember) wurde der Vordenker 80 Jahre alt.

Frage: Sie gelten als Doyen der deutschen Umweltbewegung nach dem Zweiten Weltkrieg. Wie kamen Sie zum Umweltschutz?

Weinzierl: Das hat tiefenpsychologische Hintergründe. Ich bin als Kind im Luftschutzbunker aufgewachsen. Ich hatte in den Bombennächten immer schreckliche Angst und bin dann in die Natur geflohen. In den Ingolstädter Donauauen oder hier im Bayerischen Wald, wo mein Onkel lebte, gab ich mich der Illusion hin, hier die gesunde Welt zu finden und die anständigeren Lebewesen. Nach dem Krieg musste ich aber sehr schnell erkennen, dass auch in meinen Refugien ein Krieg tobte, ein Krieg gegen die Schöpfung.

Frage: Sie haben sich zunächst im praktischen Natur- und Artenschutz engagiert. Wann wurden Sie zum politisch engagierten Umweltschützer?

Weinziel: Während meines Studiums der Land- und Forstwirtschaft in München traf ich Menschen wie den großen Verhaltensforscher Konrad Lorenz oder den Zoologen Bernhard Grzimek, die ähnlich dachten wie ich. Die haben mich, den Jungen, auf die Schiene gesetzt.

Frage: Einer Partei haben Sie nie angehört?

Weinzierl: Ich war immer der Überzeugung, dass Umweltschutz eine Aufgabe ist, die die ganze Menschheit lösen muss.

Frage: Was war umweltpolitisch Ihre härteste Nuss?

Weinzierl: Es gab sehr viele harte Nüsse. Besonders schwer war es, das anthropozentrische Denken zu durchbrechen, den Machbarkeitswahn, und ein anderes, von Liebe geprägtes Verhältnis zur Schöpfung zu entwickeln.

Frage: Ihre schmerzlichste Niederlage?

Weinzierl: Was die Zerstörung einer Kulturlandschaft in Bayern anbelangt, war das der Bau des Rhein-Main-Donaukanals durch das Altmühltal. Auf einer anderen Ebene quält mich die Tatsache, dass wir das Artensterben nicht aufhalten können. Der Verlust an Vielfalt, das Zerreißen des Netzwerks des Lebens schmerzt mich ungemein.

Frage: Was bewegt Sie zur Zeit am meisten?

Weinzierl: Die immer stärkere Industrialisierung unserer Landwirtschaft und die Energiewende. Bei der Bio-Landwirtschaft ist der Funke immer noch nicht richtig übergesprungen. Bis heute gelten Sie, wenn Sie in der Dorfwirtschaft vom Biolandbau sprechen, als Sonderling.

Frage: Und auf globaler Ebene?

Weinzierl: Die Tatsache, dass 20 Prozent der Erdbevölkerung über 80 Prozent der Ressourcen verfügen, ist ein untragbarer Zustand. Wir müssen teilen lernen und dem Verzicht eine neue Qualität abgewinnen: Weniger macht oft glücklicher.

Frage: Sie haben sich jüngst zum Ehrenpräsidenten eines neuen Umweltverbandes, des Vereins für Landschaftspflege und Artenschutz in Bayern, wählen lassen, in dem sich auch viele Windkraftgegner organisiert haben. Das hat Ihnen massive Kritik seitens ihrer früheren Mitstreiter von BN und BUND eingetragen...

Weinzierl: Wenn wir auf Atom und Kohle verzichten wollen, brauchen wir die alternativen Energien. Doch es muss hart abgewogen werden, welche Landschaften wir für Wind, Sonne, Biogas, Energiespeicher und Hochspannungsleitungen noch in Anspruch nehmen können. Vor allem müssen wir uns viel stärker ums Energiesparen kümmern.

Frage: Sie haben privat viele Gedichte geschrieben, sehr anrührende Naturlyrik. Haben Sie noch die Kraft zum Schreiben?

Weinzierl: Ja, Kraft und Lust habe ich noch. Leider kann ich infolge meiner Blindheit nicht mehr selbst schreiben, ich muss alles diktieren. Meine neuesten Gedichte kommen «...aus dem Dunkeln...». Ich will sie möglichst bald herausbringen, damit ich das noch erlebe.
dpa
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