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14.01.2017 | 13:27 | Wolfsjagd 
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Notfalls die Kugel? Stellung der Wölfe vor dem Gesetz

Berlin - Wie soll in Deutschland mit dem Wolf umgegangen werden? Darüber streiten nicht nur Bauern und Tierschützer. Auch die Bundesregierung ist sich nicht einig.

Wölfe in Deutschland
Immer wieder werden vor allem Schafe, aber auch Rinder und andere Nutztiere, von Wölfen gerissen. Viele Halter von Weidetieren sind besorgt. Zunehmend werden Stimmen laut, die Raubtiere zu bejagen. Aber geht das rechtlich überhaupt? (c) proplanta
Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) regt eine «begrenzte Abschussfreigabe» an. Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hält hingegen die bestehende Rechtslage für ausreichend. Doch welche Regeln gibt es eigentlich?

Die wichtigsten Antworten:

Wann darf nach aktueller Rechtslage ein Wolf erlegt werden?

Der Wolf ist in Deutschland streng geschützt. Ein einzelnes Tier darf nur getötet werden, wenn von ihm entweder eine Gefahr für den Menschen ausgeht oder wenn ein großer wirtschaftlicher Schaden zu erwarten ist.

Ist in Deutschland schon ein Wolf legal getötet worden?

Ja. Vergangenes Jahr wurde in Niedersachsen der Wolf MT6 per Ausnahmegenehmigung getötet. Laut Umweltministerium in Hannover hatte sich das Tier auffällig verhalten, die natürliche Fluchtdistanz nicht eingehalten und sich wiederholt Menschen genähert.

Wer ist zuständig, wenn ein einzelner Wolf getötet werden soll?

Das jeweilige Landesumweltministerium entscheidet, ob ein einzelner «Problemwolf» getötet werden darf. Das Land ist aber angehalten, die Entscheidung im Einvernehmen mit dem Bund zu treffen. Denn die Bundesregierung müsste sich für Abschüsse, die gegen die EU-Naturschutzrichtline verstoßen, vor der EU-Kommission verantworten.

Was sagt das Bundesjagdrecht zum Wolf?

Nichts. Denn der Wolf unterliegt dem Bundesjagdrecht nicht. Nur wenn eine Tierart dem Jagdrecht unterliegt und auch eine Jagdzeit hat, darf sie von Jägern erlegt werden. Sachsen ist seit 2012 das erste und bislang einzige Bundesland, in dem der Wolf unter das Landesjagdrecht fällt, allerdings mit ganzjähriger Schonzeit. Das kommt de facto einem Jagdverbot gleich. Das Bundesumweltministerium hält die Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht von Sachsen für verfassungswidrig.

Was genau meint Schmidt mit einer «begrenzten Abschussfreigabe»?

Der Agrarminister will Wölfe stärker «einhegen», und zwar schon bevor es zu akuten Problemen kommt. Das hieße keineswegs, die Tiere aus Deutschland zu vertreiben, betont das Ministerium. Wo nötig, sollte aber generell der Bestand reguliert werden können, also nicht allein bezogen auf konkrete «Problemtiere». Dafür bringt Schmidt Obergrenzen und «begrenzte Abschussfreigaben» ins Spiel. Dies wäre regional und nicht bundesweit zu regeln - schon weil es nicht überall Wölfe gibt.

Wie wäre eine solche regionale Regelung möglich?

Ein Bundesland kann den Wolf prinzipiell auf die Liste der bejagbaren Tiere setzen, auch wenn er gar nicht im Bundesjagdrecht vorkommt, wie Wolfsexperte Markus Bathen vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) erklärt.

Was ist die Haltung von Bundesumweltministerin Hendricks?

Eine Regulierung durch Jagd oder Abschuss der Wolfsbestände sei vor dem Hintergrund des strengen Schutzstatus des Wolfes und des Gefährdungsstatus der deutschen Population nicht möglich, heißt es beim Bundesumweltministerium. Der Schutzstatus sei im Artenschutzrecht festgeschrieben, das im Bundesnaturschutzgesetz geregelt ist.

Die Entnahme einzelner Problemwölfe - also der Abschuss oder die Ansiedelung des Tieres in einem Wolfsgehege - sei bereits jetzt möglich. «Die geltende Rechtslage zum jetzigen Status des Wolfs reicht dafür völlig aus», sagte die Ministerin diese Woche den «Ruhr Nachrichten». «Eine wie auch immer beschränkte Abschussfreigabe ist gar nicht erforderlich.»

Was sagen die Jäger dazu?

«Eine Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht ist für uns derzeit kein Thema», sagte Torsten Reinwald, Sprecher des Deutschen Jagdverbands. «Wir haben drängendere Forderungen. Einzelne problematische Tiere müssen schnell und unbürokratisch entnommen werden, sonst droht der Verlust der Weidetierhaltung.»

Wäre eine Bejagung des Wolfes nach EU-Recht möglich?

Nein, sagt Nabu-Experte Bathen. Zwar habe die EU nichts gegen die Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht, da dies zu keiner direkten Abschussfreigabe führt. Allerdings würde die Festlegung von Jagdzeiten, also das Recht für Jäger, Wölfe zu töten, die EU-Behörden auf den Plan rufen. Das Bundesumweltministerium schreibt dazu: «Aufgrund des internationalen und europäischen Rechts kann der Wolf aktuell keinem Jagdregime mit Jagdzeiten unterworfen werden.»

Wie viele Wölfe gibt es in Deutschland eigentlich?

Im abgelaufenen Monitoring-Jahr 2015/2016 waren es laut Bundesamt für Naturschutz 46 Rudel, 15 Paare und 4 sesshafte Einzeltiere. Insgesamt streifen damit rund 120 bis 130 erwachsene Wölfe in Deutschland durch die Landschaft. Das gilt als Erfolg für den Artenschutz, denn lange Zeit gab es in Deutschland gar keine Wölfe.
dpa
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Kommentare 
gecko schrieb am 15.01.2017 20:48 Uhrzustimmen(89) widersprechen(69)
Ich meine gelesen zu haben das der WWF den Braunbären ab 2018 in den Alpen ansiedeln will.Und vom Harz stand da auch was .
Gelbegrossekatze schrieb am 15.01.2017 08:29 Uhrzustimmen(68) widersprechen(71)
"denn lange Zeit gab es in Deutschland gar keine Wölfe." Und das hatte gute Gründe. Macht doch einen großen Heimattierpark aus diesem Land und sperrt uns ein..ich will Bruno den Bären wiederhaben.
Bauer Bernhard schrieb am 14.01.2017 18:47 Uhrzustimmen(67) widersprechen(81)
Wann wird denn der Bär wieder in Deutschland angesiedelt?
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