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17.10.2022 | 04:35 | Legehennenzucht 
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Deutschland und Frankreich machen Druck bei EU-weitem Ende des Kükentötens

Berlin - Deutschland und Frankreich machen Druck für ein EU-weites Ende des massenhaften Kükentötens in der Legehennenhaltung.

Küken
Millionen Küken werden routinemäßig getötet, weil sie männlich sind und sich nicht vermarkten lassen - diese Praxis ist in Deutschland inzwischen gesetzlich tabu. Doch was ist mit dem europäischen Markt? (c) proplanta
Bundesagrarminister Cem Özdemir sagte der Deutschen Presse-Agentur: «In Europa werden noch immer hunderte Millionen männlicher Küken pro Jahr getötet.» Es sei an der Zeit, dem endlich europaweit einen Riegel vorzuschieben.

In Deutschland sei die Praxis seit Jahresbeginn Geschichte, das Verbot sei auch höchste Zeit gewesen. «Ein EU-weites Verbot wäre ein Quantensprung für den Tierschutz in Europa und sorgt für faire Wettbewerbsbedingungen», sagte der Grünen-Politiker.

Bei den Beratungen der EU-Agrarminister an diesem Montag wollen Deutschland und Frankreich eine gemeinsame Erklärung dazu einbringen, wie das Ministerium in Berlin mitteilte. Die Initiative ziele darauf, ein Verbot des Tötens männlicher Küken in die Überarbeitung der europäischen Tierschutzgesetzgebung aufzunehmen, die die EU-Kommission für das kommende Jahr angekündigt habe. Sie wird demnach auch schon von mehreren anderen Mitgliedsstaaten unterstützt.

Özdemir sagte: «Neugeborene Küken zu töten, weil sie das falsche Geschlecht haben, entspricht auch längst nicht mehr den Erwartungen der europäischen Verbraucher.» Alternativen dazu seien längst da.

In Deutschland greift seit 1. Januar 2022 ein Verbot des Kükentötens, das noch die vorherige Bundesregierung festgelegt hatte. Stattdessen sollen Verfahren eingesetzt werden, um das Geschlecht schon im Ei zu erkennen und männliche Küken gar nicht erst schlüpfen zu lassen.

Ab Anfang 2024 folgt eine zweite Gesetzesstufe. Erlaubt sind dann bei der Geschlechtsbestimmung nur noch Methoden, die früher funktionieren - tabu werden Eingriffe ab dem 7. Tag des Bebrütens. Hintergrund ist, dass Embryos ab dann ein Schmerzempfinden haben, wie das Ministerium erklärte. Insgesamt dauert es 21 Tage, bis Küken schlüpfen.

In Deutschland waren zuvor jährlich mehr als 40 Millionen männliche Küken kurz nach dem Schlüpfen routinemäßig getötet worden, weil sie für Brütereien wirtschaftlich nicht lohnend sind. Denn sie legen keine Eier und setzen nicht so viel Fleisch an. Teils ist von «Schreddern» die Rede, die Küken werden aber meist mit Gas getötet.

Dabei legt das Tierschutzgesetz fest, dass niemand einem Tier «ohne vernünftigen Grund» Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen darf. Das Bundesverwaltungsgericht entschied schon 2019, dass Tierschutzbelange schwerer wiegen als wirtschaftliche Interessen der Hennenzüchter und erklärte die Praxis nur noch für eine Übergangszeit für zulässig.

Die Branche hatte zum Inkrafttreten des Verbots vor Nachteilen im Wettbewerb gewarnt - etwa wenn billigere Eier aus dem Ausland bei verarbeiteter Ware wie Kuchen oder Nudeln verwendet werden. Auch in einigen anderen EU-Staaten steht das Thema im Blick. So will Frankreich das Kükentöten bis Jahresende unterbinden.

Neben der Geschlechtsbestimmung im Ei gibt es auch eine weitere Option, wie das Agrarministerium erläuterte. Bei der Zucht von «Zweinutzungshühnern» wachsen weibliche Küken zu Legehennen heran, die aber nicht so viele Eier legen. Männliche Küken werden zur Mast aufgezogen, legen aber langsamer an Gewicht zu.
dpa
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Kommentare 
Till Eulenspiegel schrieb am 21.10.2022 09:38 Uhrzustimmen(9) widersprechen(7)
@ A. Krämer

ich glaube die ökonomischen Konsequenzen könnte man durch sinnvolles handeln nicht nur stabilisieren sondern sogar senken.

Das ist auf Schweinefleisch, Gemüse, Obst usw. übertragbar.

"Export- und Importmenge von Geflügelfleisch aus Deutschland bis 2021. Deutschland importiert mehr Geflügelfleisch als es exportiert.

Im Jahr 2021 wurden 423.480 Tonnen Geflügelfleisch an das Ausland exportiert.
Im gleichen Zeitraum betrug die Importmenge rund 678.530 Tonnen.
Quelle:
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1137239/umfrage/export-import-von-gefluegel-aus-deutschland-seit-2008/#:~:text=Export%2D%20und%20Importmenge%20von%20Gefl%C3%BCgelfleisch%20aus%20Deutschland%20bis%202021,-Ver%C3%B6ffentlicht%20von%20Sandra&text=Deutschland%20importiert%20mehr%20Gefl%C3%BCgelfleisch%20als,die%20Importmenge%20rund%20678.530%20Tonnen.

Vom CO² Fußabdruck den solch ein Wirtschaftskreislauf erzeugt mal ganz abgesehen, den so ein Handel verursacht.
Und am Ende des Tages nur die Brieftaschen einiger weniger füllt.

Zu ihrem Buchtipp, ein Video von 30 Min.
https://www.swr.de/swr1/swr1leute/veronika-settele-massentierhaltung-100.html
Arnold Krämer schrieb am 19.10.2022 15:14 Uhrzustimmen(5) widersprechen(10)
@ Till Eulenspiegel
Mit der Formulierung "Hälfte des Einkommen(s)" habe ich natürlich übertrieben. Mir geht es aber darum, deutlich zu machen, dass die angestrebte Rückentwicklung der bisherigen Entwicklungspfade in der Tierhaltung nicht ohne deutliche ökonomische Kosequenzen für den Verbraucher ist. Denn nach dem Zweinutzungshuhn wird möglicherweise auch die Zweinutzungskuh durch gesetzliche Vorschriften verschiedenster Art "verordnet". Bei den Schweinen gehts dann schon um "ganz oder garnicht". Zum Verständnis der rück-abzuwickelnden technischen Fortschritte in der Tierhaltung insbesondere nach dem 2. Weltkrieg empfehle ich das Buch "Deutsche Fleischarbeit- Geschichte der Massentierhaltung von den Anfängen bis heute" von Veronika Settele.
Till Eulenspiegel schrieb am 18.10.2022 11:41 Uhrzustimmen(10) widersprechen(10)
Off-Topic

Glaube ich nicht Herr Krämer, Kommentar vom 17.10.22
selbst bei 10 % Inflation in den nächsten Jahren.

Vielleicht werden nicht mehr 5 Urlaubsflüge/Kreuzfahrten im Jahr möglich sein, oder 4 Mobiltelefone für 2 Ohren, 3 Autos für 3 Personen.

Aber 50% für Lebensmittel, nie.

"Im Jahr 2020 lag der prozentuale Anteil für Lebensmittel an den privaten Konsumausgaben in der Europäischen Union (EU-27 ohne UK) bei etwa 14,8 Prozent.
Das EU-Land mit den höchsten anteiligen Ausgaben war Rumänien mit 26,4 Prozent. Die niedrigste Werte verzeichnete Luxemburg mit 9,8 Prozent.
In Deutschland lag der Anteil bei zwölf Prozent."
Quelle:
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/301863/umfrage/konsumausgaben-fuer-nahrungsmittel-und-getraenke-im-europaweitem-vergleich/

Millionen von Menschen haben nicht einmal Steckrüben, sie ernähren sich von Reis und Mais, den wir gern in Biogasanlagen stecken, um Mobiltelefone zu laden.

Die Steckrübe ist sogar zum Gemüse des Jahres für 2017 und 2018 gekürt worden.
So ist der Winter 1916/17 während des Ersten Weltkriegs als "Steckrübenwinter" in die Geschichte eingegangen, da das Nahrungsangebot sehr knapp war und es zahlreiche Missernten gegeben hatte.
Einzig die Steckrüben – eigentlich Viehfutter – wurden an die hungernde Bevölkerung verteilt. Man aß und verwendete sie als Dörrgemüse, Mehl oder gar Kaffeeersatz.
Arnold Krämer schrieb am 17.10.2022 17:53 Uhrzustimmen(19) widersprechen(15)
Mit dem Anliegen der Bundesregierung wird im Erfolgsfalle die Entwicklung der Züchtung und Spezialisierung im Geflügelsektor seit den 1960er Jahren "rückentwickelt". Dann werden die Menschen irgendwann in absehbarer Zeit wieder die Hälfte des Einkommen für Lebensmittel ausgeben müssen. Kartoffeln und Steckrüben werden wieder zur Hauptmahlzeit. Das heißt schon jetzt Transformation und findet breite Unterstützung in hohen Politiker- und Gesellschaftskreisen. Die breite Masse der Bevölkerung hat den Schuss aber noch nicht gehört
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