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22.08.2023 | 04:54 | Energie-Standard 

Geywitz gegen höhere Dämm-Standards im Neubau

Berlin - Angesichts der schleppenden Bautätigkeit in Deutschland stemmt sich Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) gegen die geplante Erhöhung der Energiestandards für Neubauten.

Dämmung im Neubau
Misere im Wohnungsbau: Die hohen Kosten würgen nach einer neuen Ifo-Umfrage den Neubau in Deutschland zunehmend ab - obwohl Wohnungen dringend gebraucht werden. Nun wehrt sich die zuständige Ministerin gegen neue Energie-Standards. (c) proplanta
«Wir müssen auch eine Debatte führen, ob wir weitere Standardverschärfungen wirklich durchführen sollten», sagte Geywitz am Montag im RTL/ntv-«Frühstart». Nach einer neuen Umfrage des Ifo-Instituts setzt der Wohnungsbau in Deutschland seine Talfahrt ungebremst fort.

Im Juli klagten gut 40 Prozent der vom Ifo befragten Unternehmen über Auftragsmangel, nach 34,5 Prozent im Juni. «Es braut sich ein Sturm zusammen. Nach einem langjährigen Boom würgen die höheren Zinsen und die drastisch gestiegenen Baukosten das Neugeschäft förmlich ab», sagte Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo-Umfragen, in München. Zugleich würden laufend Projekte storniert. Die Ampel-Koalition hatte wegen des enormen Bedarfs vor allem in den Städten im Koalitionsvertrag den Bau von jährlich 400.000 neuen Wohnungen angepeilt - davon 100.000 Sozialwohnungen.

Geywitz sagte: «Ich glaube, es ist nicht die Zeit (...), hier noch einmal die Standards zu verschärfen.» Geywitz bezog sich dabei auf eine Verabredung im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP, nach der der Energieeffizienzstandard EH-40 für Neubauten ab Anfang 2025 vorgeschrieben werden soll. Damit würden die Vorgaben zur Stärke der Dämmung verschärft.

Strengere Vorgaben zur Dämmung würden die Baukosten erhöhen, sagte eine Ministeriumssprecherin. Deshalb stelle Geywitz die Frage, ob die Dämmung ein Allheilmittel sei oder eher die Lebenszykluskosten eines Gebäudes betrachtet werden müssten. Mit dem Wirtschaftsressort werde nun der Entwurf für ein Gebäudeenergiegesetz zu diesen Fragen erarbeitet, wozu die Häuser «zeitnah» ins Gespräch gingen. Für Ende September sei zudem ein Maßnahmenpaket zur Ankurbelung der Bautätigkeit geplant, bekräftigte die Ministeriumssprecherin.

Laut Ifo-Institut meldete jedes zehnte Wohnungsbauunternehmen nun Finanzierungsschwierigkeiten. «Viele Projekte sind unter den neuen Rahmenbedingungen für Investoren nicht mehr rentabel, und auch private Bauleute haben zunehmenden Probleme, eine Finanzierung auf die Beine zu stellen», sagte Wohlrabe. Für die kommenden Monate rechnet eine Mehrheit der Unternehmen mit einer weiteren Abkühlung. «Auf der einen Seite werden kontinuierlich bestehende Aufträge storniert, auf der anderen Seite kommen immer weniger Neuaufträge rein», sagte Wohlrabe.

Den Vorschlag der Grünen-Vorsitzenden Ricarda Lang, über öffentliche Investitionsgesellschaften den sozialen Wohnungsbau zu fördern, lehnte Geywitz ab. «Was man nicht machen sollten, wenn die Verfassung eine Schuldenbremse vorsieht, jetzt einen Schleichweg zu finden», sagte die SPD-Politikerin.

Die Grünen-Chefin hatte im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur für eine Umgehung der Schuldenbremse plädiert. «Ohne jede Auswirkung auf die Schuldenbremse können wir etwa problemlos die Bahn oder die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben so ausstatten, dass sie den Herausforderungen unserer Zeit gerecht werden», erklärte Lang. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) könne dann in den sozialen Wohnungsbau investieren. Ende vergangenen Jahres gab es bundesweit rund 1,088 Millionen Sozialwohnungen in Deutschland - rund 14.000 weniger als ein Jahr zuvor.
dpa
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