Vorsprung durch Wissen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
20.04.2022 | 16:30 | Eine Milliarde schnell weg 

Häuslebauer frustriert: Erneuter Förderstopp für Energiesparhäuser

Berlin - Das ging schnell: Nur wenige Stunden nach dem Start einer neuen staatlichen Förderung energiesparender Neubauten durch die KfW wurde bereits ein Antragsstopp verhängt.

Förderung für Energiesparhäuser
Es dauert nur kurze Zeit, dann sind staatliche Fördermittel von einer Milliarde Euro weg. Nachbessern will die Bundesregierung nicht. Ihr Konzept einer Neuausrichtung der Förderung sieht weitere Stufen vor. Die Wohnungswirtschaft spricht von einem Debakel. (c) proplanta
Der auf eine Milliarde Euro gedeckelte Fördertopf ist ausgeschöpft, wie das Bundeswirtschaftsministerium in Berlin am Mittwoch mitteilte. Laut KfW gab es eine enorm hohe Nachfrage. Die Wohnungswirtschaft sprach von einem «zweiten Fiasko mit Ansage» - im Januar hatte es schon einmal einen heftig umstrittenen Förderstopp gegeben.

Konkret geht es um die Neubauförderung für das Effizienzhaus (EH) 40. Das bedeutet, dass das Gebäude 40 Prozent der Energie verbraucht, die ein Standardhaus benötigt. Das Bundeswirtschaftsministerium hatte Anfang April mitgeteilt, dass Hausbauer ab dem 20. April neue Anträge für ein Effizienzhaus 40 stellen können. Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) hatte erklärte, man müsse sich darauf einstellen, dass das Budget sehr schnell ausgeschöpft sein werde.

Dass die Mittel aber nun so schnell weg sind, war dem Vernehmen nach auch im Ministerium nicht erwartet worden. Ab Mittwochmorgen waren Anträge bei der staatlichen Förderbank KfW möglich. Bereits im Laufe des Vormittags war laut Ministerium das Budget ausgeschöpft. Auf der KfW-Homepage war zu lesen: «Bitte stellen Sie keinen neuen Antrag mehr.» Eine Sprecherin Habecks sprach von einem großen Run. Der Topf von einer Milliarde Euro werde nicht aufgestockt.

Die nun gestoppte Förderung zum Effizienzhaus 40 sah neben einem Förderkredit einen staatlichen Tilgungszuschuss vor. Die Fördersätze waren im Vergleich zur früheren Förderung halbiert worden. Das Ministerium hatte dies damit begründet, dass möglichst viele Antragsteller eine Förderung erhalten sollen.

Anfang des Jahres hatte Habeck wegen einer Antragsflut KfW-Zuschüsse für energieeffizientes Bauen und Sanieren kurz vor Ende der Antragsfrist vorzeitig gestoppt. Begründet wurd dies mit drohenden Mehrkosten in Milliardenhöhe.

Nach heftigen Protesten entschied die Bundesregierung, dass bis zu einem bestimmten Stichtag eingegangene Anträge doch noch bearbeitet werden. Für Neubauten mit dem Standard EH55 gibt es aber keine weitere Förderung. Für Sanierungen und EH40-Häuser wurde angekündigt, das Programm fortzusetzen - der Neustart der EH40-Neubauförderung geschah an diesem Mittwoch.

Wie geht es nun weiter? Habeck hatte angekündigt, die schrittweise Neuausrichtung der Neubauförderung solle Zug um Zug auf immer mehr Nachhaltigkeit und Effizienz ausgerichtet werden. Die nun gestoppte EH40-Förderung war die erste Stufe in einem neuen Konzept des Wirtschaftsministeriums. Die zweite Stufe startet an diesem Donnerstag bei der KfW - konkret geht es um eine Neubauförderung im Programm «EH40-Nachhaltigkeit», das anspruchsvollere Konditionen vorsieht.

Das Programm ermöglicht laut Ministerium eine Neubauförderung nur noch in Kombination mit dem Qualitätssiegel «Nachhaltiges Gebäude». Damit solle ein «klares Signal» für die Neuausrichtung hin zu nachhaltigem Bauen gesetzt werden. Diese zweite Stufe der Neubauförderung läuft bis Ende 2022. Für das Programm mit einem komplexen Antragsverfahren gibt es keinen Förderdeckel.

Von Januar 2023 ist dann eine dritte Stufe geplant - unter dem Titel «Klimafreundliches Bauen». Das Programm soll laut Ministerium insbesondere die Treibhausgas-Emissionen der Gebäude noch stärker in den Fokus stellen. Wie es genau aussieht, werde derzeit in der Bundesregierung erarbeitet.

Neben der Neubauförderung werden auch Sanierungen von Gebäuden staatlich gefördert. Die Sanierungsförderung sei für den Klimaschutz besonders wichtig, so das Ministerium. Mit einem Förder-Euro könnten hier die höchsten Treibhausgaseinsparungen und damit der höchste Klimaschutzeffekt erzielt werden. Gerade alte Fenster, alte Außentüren oder alte Heizungsanlagen seien «Energiefresser».

Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, sagte mit Blick auf den Antragsstopp bei den EH-40-Neubauten, es sei vollkommen klar gewesen, dass die vorgesehene eine Milliarde Euro angesichts des riesigen Bedarfs niemals ausreichen würde. Die Bundesregierung müsse dringend und schnellstmöglich eine dauerhafte und verlässliche Förderung für klimaschonenden, bezahlbaren Wohnungsbau einsetzen.

Der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen sprach von einem «Debakel mit Ansage». Unions-Fraktionsvize Ulrich Lange (CSU) kritisierte: «Wir haben gewarnt und vorhergesagt, dass man hier sehenden Auges die Eigenheim-Träume unzähliger Menschen an die Wand fährt.» Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, sagte, nicht nur angesichts stark steigender Materialkosten seien bezahlbare Mieten im Wohnungsneubau ohne eine staatliche Förderung nicht zu realisieren.
dpa
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 EU verabschiedet sich aus umstrittenem Energieabkommen

 Weitere Förderrunde für Heizungstausch

 Habeck sieht zunehmend bessere Annahme bei Förderung für Wärmepumpen

 EU beschließt emissionsfreie Gebäude von 2050 an

 Anstieg der Baupreise schwächt sich weiter ab

  Kommentierte Artikel

 Mehr Tote bei weniger Unfällen

 Union Schuld an schwerster Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten

 Bundesbeauftragte fordert Nachbesserungen bei Tierschutz in Ställen

 EU-Agrarsubventionen veröffentlicht - Das sind die Top-Empfänger 2023

 Geld wie Heu - Geht auf den Bauernhöfen wirklich die Post ab?

 Tote Ziegen im Schwarzwald gehen auf Rechnung eines Wolfs

 Gärtner verzweifeln über Superschnecke

 Bauerndemo in Brüssel für faire Preise

 Tierschutznovelle erntet Kritik von allen Seiten

 Online-Abstimmung über Verbrenner-Verbot manipuliert?