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03.02.2022 | 03:30 | Milchmarkt 

Agrarmarkt aktuell: Saisonbedingte Milchpreisdelle war kurz und schwach

Schwäbisch Gmünd - Der Weltmilchmarkt entwickelt sich seit September positiv. Der Global Dairy Trade Tender hat seither mit kleinen Unterbrechungen um fast 20 % angezogen.

Milchmarkt 2022
(c) proplanta
Getragen wird diese Entwicklung von der steigenden Importnachfrage Chinas von +31 % bzw. +38 % bei Milchpulver und +15 % bei Butter in den ersten 11 Monaten von 2021. Gelichzeitig nimm die globale Produktion infolge der hohen Produktionskosten (Futtermittel, …) ab, die 9 großen Exporteure, lagen von September bis November in Summe bei -0,8 %. Diese Entwicklung dürfte infolge der global knappen und extrem teuren Düngemittelpreise weit bis ins Jahr 2022 hinein anhalten.

In der EU hat sich das Produktionswachstum der Vorjahre mit durchschnittlich +1,1 % jährlich seit Juli zunehmend ins Minus gedreht. Im November lag der Rückgang zum Vj. bei -1,1 %, wobei hauptsächlich Deutschland, Frankreich und die Niederlande zu etwa gleichen Teilen zum Rückgang beitragen.

Die deutsche Erzeugung ist bis November auf -2,9 % zurückgegangen. Im Saisontief in KW 45 lag der Rückstand bei -3,0 %, in KW 02 waren es immer noch -2,3 %. Neben dem weiter fortschreitenden Bestandsabbau beim Milchvieh und den hohen Preisen für Kraft- und Eiweißfuttermittel dürften die mengenmäßig zwar gute, bezogen auf die Inhaltsstoffe jedoch unterdurchschnittliche Grundfutterversorgung für den Rückgang verantwortlich sein.

Entsprechend steigen die Rohstoffpreise seit Juli kontinuierlich an. Deutsche Spotmilch kostete in KW 46 laut ife Institut in Kiel fast 50 ct/kg, die saisonübliche Delle zum Jahreswechsel war nur kurz und verhältnismäßig schwach, in KW 03 wurden bereits wieder 46,2 ct/kg gemeldet. Aktuell hat sich Milchfett stabilisiert, während Eiweiß weiter fest ist.

Der Buttermarkt zeigt sich nach dem rasanten Anstieg im Herbst auf einem stabilen Niveau von rund 5,85 €/kg (+72 % gg. Vj.). Die Abschlüsse mit dem LEH blieben zum Jahreswechsel auf dem ab 1.11. angehobenen Niveau, obwohl sich seither die Preise loser Butter um weitere 50 ct/kg erhöht haben. Am Terminmarkt an der EEX in Leipzig besteht die Hoffnung auf eine leichte Entspannung in Richtung 5,50 €/kg in der zweiten Jahreshälfte.

Am Käsemarkt führt das knappe Angebot bei einer regen Nachfrage zu weiter steigenden Preisen. Gouda (Brot) liegt inzwischen bei 4,30 €/kg (+40 % gg. Vj.). Selbst am Weltmarkt ist deutscher Käse trotz hoher Logistikkosten nach wie vor wettbewerbsfähig.

Auch an den Pulvermärkten steigen die Preise wegen des knappen Angebots und der regen Nachfrage weiter an, wenn auch zuletzt etwas langsamer. MMP liegt aktuell bei 3,55 €/kg (+55 % gg. Vj.), Molkenpulver bei 1,30 €/kg (+48 % gg. Vj.) und VMP bei 4,47 €/kg (+59 % gg. Vj.) (alles Lebensmittelware). Am Terminmarkt wird MMP für Februar mit 3,65 €/kg und abnehmend auf 3,20 €/kg im Herbst bewertet.

Der Kieler Rohstoffwert ist für Dezember auf einen Rekordwert von 52,4 ct/kg gestiegen. Aus den Kontraktkursen an der EEX in Leipzig lassen sich derzeit Erzeugerpreise für Februar von 56,6 ct/kg, abnehmend bis 48,5 ct/kg im Dezember 2022 ableiten.

Bei den Erzeugerpreisen im Süden ist von der stark angestiegenen Milchverwertung bisher allerdings nur sehr wenig angekommen. Im Dezember haben die baden-württembergischen Molkereien geschätzte 39,2 ct/kg ausbezahlt, wobei die Spanne zwischen den Molkereien sich auf 4,4 ct/kg vergrößert hat und der höchste Auszahlungspreis bei 42 ct/kg liegt.

Die Ursachen liegen darin, dass ein Großteil der Milch in Kontrakten unterschiedlicher Laufzeiten gebunden ist, die erst nach und nach angepasst werden können. Außerdem kosten die Preissteigerungen für Energie, Verpackung und Logistik in den Molkereien nach Berichten aus der Branche derzeit inzwischen rund 3 ct/kg mehr.

Angesichts des derzeitigen Marktumfeldes ist es nicht nachvollziehbar, wie die Preisabschlüsse zum Jahresbeginn für Trinkmilch („nur“ +3 ct/l) und Butter (±0) zustande gekommen sind. Offenbar ist der LEH in der Lage, seine Lieferanten und die Landwirtschaft so unter Druck zu setzen und praktisch gleichzeitig auch noch künftig höheren Anforderungen (Haltungsstufe 2) anzukündigen.

Bei Biomilch ist die Produktion in Deutschland auch im 4. Quartal 2021 nur verhalten gewachsen (knapp +3 % gg. Vj.). Gleichzeitig ist die Nachfrage der Verbraucher nach Biomilch und Biomilch-Produkten weiterhin ungebrochen hoch. Auch die Auszahlungspreise für Biomilch ziehen weiter an, im Oktober wurden erstmalig im bundesweiten Mittel mehr als 50 ct/kg Milch ausbezahlt. Im Dezember lag der deutsche Auszahlungspreis nach Zahlen von Bioland bei 51,2 ct/kg Milch, wobei vor allem in Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg die Molkereien im letzten Quartal mehr ausbezahlt haben.
LEL Schwäbisch Gmünd
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