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26.03.2020 | 02:11 | Corona-Krise 

Leben und Arbeiten im Südwesten auf den Kopf gestellt

Stuttgart - Zunehmend stellen sich die Menschen im Land die Frage, wie es im Südwesten eigentlich nach Corona aussehen wird.

Erntehelfer
Ob Landwirte, Busunternehmen, Schüler oder Prostituierte - es gibt keinen Lebens- und Wirtschaftsbereich mehr, der nicht unter den Folgen der Maßnahmen gegen die Corona-Krise leidet. Die Hilferufe mehren sich - so wie in den letzten Tagen die Fallzahlen. (c) proplanta
Vor allem in der Wirtschaft sieht man schwarz, aber auch beim öffentlichen Nahverkehr - die Busbetreiber warnen vor vielen Pleiten, so dass der Nahverkehr in der Fläche nicht mehr gegeben sein könnte, wenn die Krise einmal vorbei ist.

Derweil kämpfen Krankenhäuser um die medizinische Versorgung, Schüler wollen ihr Abitur nicht wegen Corona verschieben und die Spargelbauern wissen nicht, wie sie die Ernte einholen sollen. Stand Dienstagabend zählte das Land mindestens 7.252 infizierte Menschen. Der Überblick:

Öffentlicher Nahverkehr: Eine «Katastrophe mit Ankündigung» - so beschreibt der Verband baden-württembergischer Omnibusunternehmer (WBO) die Corona-Krise. Fahrgeldeinnahmen gebe es wenig bis gar keine mehr, weil die meisten Fahrgäste ohnehin wegblieben, Abos würden gekündigt. Der WBO forderte einen «Schutzschirm ÖPNV», um die Infrastruktur für die Zeit nach der Krise aufrecht zu erhalten.

Schüler: Nun ist es amtlich: Das Land hält an den geplanten Abiturprüfungen ab dem 18. Mai fest, teilte Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) mit. Der Landesschülerbeirat hatte sich gegen die Absage von Abiturprüfungen im Südwesten ausgesprochen.

«Unserer Meinung nach sollen die Prüfungen stattfinden», sagte Landeschef Leandro Cerqueira Karst. Andernfalls sei zu befürchten, dass einzelne Arbeitgeber und Universitäten im Ausland das Abitur in diesem Jahr nicht anerkennen.

Bauern: Arbeitslose sollen nach dem Willen des Bauernverbands Baden-Württemberg bei der Ernte helfen. Der Einreisestopp für Saisonarbeitskräfte aus Osteuropa treffe die Bauern hart, sagt Verbandspräsident Joachim Rukwied.

Beim Spargel stehe die Ernte an, das Gemüse müsse vom Feld. Es müsse «kurzfristig unbürokratische und praktikable Lösungen geben, damit arbeitssuchende Menschen aus Baden-Württemberg beschäftigt werden können, um die Situation etwas zu entschärfen.»

Prostituierte: Die Diakonie in Baden weist auf die Notlage von Prostituierten hin: Die Frauen drohten derzeit völlig unterzugehen, sie könnten ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen, sie hätten keine Einnahmen und oft nicht einmal eine Krankenversicherung. Die Frauen sollen in den nächsten Wochen mit dem Nötigsten versorgt werden.

Außerdem bemühen sich die Beratungsstellen darum, Wohnraum für die Betroffenen zu finden. Da Bordelle geschlossen hätten, seien viele Frauen wohnungslos. Ein Appell sei an die Bordellbetriebe ergangen, die Prostituierten dort zunächst mietfrei wohnen zu lassen.

Kommunen: Corona könnte die Kassen der Gemeinden in den Urlaubsregionen stark belasten - das Lindauer Landratsamt etwa sorgt sich um die finanziellen Spielräume der Bodenseestadt, die weit überdurchschnittlich verschuldet ist.

Geringere Steuereinnahmen durch mangelnden Tourismus könnten den Haushalt zusätzlich belasten. Lindau hat bisher bis zum Jahresende geplante Schulden von fast 104 Millionen Euro. Dies seien 4.048 Euro pro Einwohner im Vergleich zum Landesdurchschnitt von 916 Euro.

Nothilfen: Neue Steuererleichterungen solle es laut Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) geben: Neben zinslosen Stundungen von fälligen Steuerbeträgen und erlassenen Säumniszuschlägen sei es nun auch möglich, die Umsatzsteuervorauszahlung zu stunden. «Das hilft insbesondere dem umsatzstarken Handel, der derzeit teils gar keine Umsätze macht», sagte Sitzmann.

Gute Nachrichten: Der Söhne-Mannheims-Sänger Rolf Stahlhofen organisiert ein Online-Pop-Festival. Unter dem Motto «Wir sagen Danke!» wollen sich Künstler wie Peter Maffay, Laith Al-Deen und die Hardrocksängerin Doro Pesch selbst auf diese Weise bei Ärzten, Pflegern, Polizisten, Lkw-Fahrern und anderen Hilfskräften bedanken für das, was diese während der Corona-Krise leisten.
dpa/lsw
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