Vorsprung durch Wissen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
02.01.2011 | 21:20 | Seltene Haustierrassen 

Eine Arche für Haustiere am Ufer der Elbe

Lüneburg - Das Bunte Bentheimer Schwein ist so selten wie der Sibirische Tiger. Das schwarz gefleckte Schwein gilt als eine der am stärksten bedrohten Haustierrassen in Deutschland.

Hütehund
Auch Großspitz, Brillenschaf und Leinegans gehören zu den mehr als 30 Nutztieren, die hierzulande extrem gefährdet sind.

In Zeiten industrialisierter Landwirtschaft beherrschen den Markt nur noch wenige spezialisierte Hochleistungsrassen. «Nicht nur die genetische Vielfalt blieb dabei auf der Strecke», sagt Antje Feldmann, Geschäftsführerin der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen (GEH). «Viele der alten regionalen Rassen zeichnen sich durch hohe Widerstandsfähigkeit aus. Sie sind besonders fruchtbar und über Generationen an den jeweiligen Standort angepasst.»

Jede Woche stirbt auf der Erde eine Nutztierrasse aus, hat die GEH errechnet. In Deutschland sei zuletzt 1975 mit dem Deutschen Weideschwein eine Rasse für immer verloren gegangen. Auf der Roten Liste stehen 100 Haustierrassen, von denen jede dritte als «extrem gefährdet» eingestuft ist.

Die GEH kämpft bundesweit seit 1981 gegen diese Entwicklung. So erfasst sie vorhandene Restbestände und erarbeitet Zuchtprogramme. Der Verein mit Sitz im hessischen Witzenhausen veröffentlicht die Rote Liste der gefährdeten Nutztierrassen und benennt die gefährdete Rasse des Jahres. 2011 soll es das Limpurger Rind sein.

«Wichtig ist die Einbindung der Tiere in eine lebendige bäuerliche Landwirtschaft und landschaftspflegerische Projekte. Regionale Spezialitäten der traditionellen Rassen lassen sich gut vermarkten», weiß Antje Feldmann.

Das Arche-Projekt der GEH soll die gefährdeten Rassen retten. Auf Arche-Höfen werden gefährdete Nutztierrassen gehalten und gezüchtet. Inzwischen gibt es mehr als 80 über ganz Deutschland verteilte Höfe, die an dem Programm teilnehmen. Jetzt soll in Amt Neuhaus (Landkreis Lüneburg) erstmals eine ganze Arche-Region entstehen. Die Gemeinde in der Elbtalaue mit ihrer naturnahen Kulturlandschaft ist Bestandteil des Unesco-Biosphärenreservates Flusslandschaft Elbe.

Motor der Arche Noah für Haustiere am nördlichen Elbufer ist Hartmut Heckenroth von der «Stork Foundation - Störche für unsere Kinder». Der umtriebige 72-Jährige war lange Leiter der Staatlichen Vogelwarte Niedersachsen. «Wir wollen keinen Zoo», sagt Heckenroth. «Unser Motto ist Schützen durch Nutzen. Milch, Eier und Fleisch der Tiere sollen genutzt werden.»

Eine zentrale Rolle soll der Fremdenverkehr in der künftigen Arche-Region spielen. «Ich wünsche mir, dass Familien mit Kindern das Radwegenetz durch diese wunderschöne Landschaft mit Alleen alter Obstsorten nutzen, um von Arche-Betrieb zu Arche-Betrieb zu radeln.»

Bereits 30 Tierrassen von der Roten Liste haben in der landwirtschaftlich geprägten Region Asyl gefunden. Jeder teilnehmende Bauernhof soll Besuchern offenstehen, schon heute bieten viele Gästezimmer an. Auch eine regionale Marke ist geplant. So finden sich hier Großspitz und Leinegans, Mangalitza-Schwein und Altdeutscher Hütehund. Auf den Weiden stehen selten gewordene Rinder wie Deutsches Shorthorn oder Gelbvieh, für die Minusgrade kein Problem sind.

«Das Gelbvieh brachte uns von Anfang an Spaß», sagt Bio-Bauer Ingo Rosenberg aus Groß Banratz. Auf seinem Hof sind auch Leinegänse, Sachsenhühner und sogar Englische Parkrinder zu bestaunen. Rosenberg bereut seine Entscheidung nicht. «Sie bringen genug Milch für die Kälber, sind umgänglich und das Fleisch essen wir auch selber gern», freut er sich. «Und die robusten Tiere sparen Geld. Die Zeiten, in denen ich fünfstellige Beträge für Tierarzt-Rechnungen ausgegeben habe, sind vorbei.»

«Von einer Arche-Region profitieren nicht nur die Arche-Betriebe, sondern auch Feriengäste und nicht zuletzt die Tiere», folgert Heckenroth. Ende Januar ist es soweit: «Die Arche-Region Amt Neuhaus soll im Rahmen der Internationalen Grünen Woche in Berlin offiziell anerkannt werden», verspricht Antje Feldmann. (dpa)
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Kommentierte Artikel

 Mehr Tote bei weniger Unfällen

 Bundesbeauftragte fordert Nachbesserungen bei Tierschutz in Ställen

 Geld wie Heu - Geht auf den Bauernhöfen wirklich die Post ab?

 Tote Ziegen im Schwarzwald gehen auf Rechnung eines Wolfs

 Gärtner verzweifeln über Superschnecke

 Bauerndemo in Brüssel für faire Preise

 Tierschutznovelle erntet Kritik von allen Seiten

 Online-Abstimmung über Verbrenner-Verbot manipuliert?

 Wut und Wahlen 2024: Die zunehmend mächtige Gruppe der Nichtwähler

 NRW-OVG verhandelt Streit um ein paar Gramm Wurst zu wenig