Vorsprung durch Wissen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
26.01.2012 | 11:16 | Antibiotika-Einsatz 

Tierärzte wollen weniger Antibiotika in der Tiermast

Berlin - Die deutschen Tierärzte wollen trotz Kritik in der Antibiotika-Debatte weiterhin auch Medikamente verkaufen.

Hühner
(c) proplanta
«Es geht um die schnelle, flächendeckende und kostengünstige Versorgung», sagte der Präsident des Bundesverbands praktizierender Tierärzte, Hans-Joachim Götz, der Nachrichtenagentur dpa. «Der Vorwurf, man verdiene maßlos daran, ist Quatsch.»

Die Tierärzte setzen sich nach seinen Worten aber dafür ein, den Antibiotika-Einsatz zu senken. Zugleich forderte Götz mehr Platz für Tiere in den Ställen, um Erkrankungen vorzubeugen.

Nach einer Studie erhalten fast alle Hähnchen in Mastbetrieben Antibiotika. Auch bei Schweinen und Puten sollen die Medikamente in großem Umfang verabreicht werden. Über das Fleisch können Menschen Keime aufnehmen, die gegen Antibiotika unempfindlich sind. Das kann dazu führen, dass die Arznei bei Krankheiten nicht mehr wirkt.

Die Länder prüfen nun die Forderung, den Tierärzten das Dispensierrecht zu nehmen. Es erlaubt ihnen, die Medikamente, die sie verordnen, auch zu verkaufen.

«Wenn Tiere krank sind, müssen sie auch behandelt werden», sagte Götz. «Wir haben in großen Beständen aber ein Problem: Es werden 10 bis 15 Prozent krank, und man weiß sich im Augenblick nicht anders zu helfen, als den ganzen Bestand zu behandeln.» Damit solle verhindert werden, dass sich weitere Tiere anstecken. Die Ursache des Problems liege in der intensiven Haltung, sagte Götz. «Die Ställe sind zu dicht besetzt.» Weil außerdem die Mäster immer wieder neue Tiere in die Ställe brächten, öffneten sie auch Krankheitserregern die Türen.

«Wir fänden es grundsätzlich schlecht, wenn man jetzt aus öffentlichem Druck den Tierärzten das Dispensierrecht wegnähme.» Apotheken könnten die fachliche Beratung für die Vielzahl der Tierarten nicht leisten. Die großen Mastbetriebe würden dann kurzerhand eigene Apotheken gründen, um sich mit Medikamenten zu versorgen. Für alle anderen Halter würde die Versorgung aufwendiger und deutlich teurer. Auch der Tierarzt müsse dann mehr verlangen dürfen. «Momentan kann ein Geflügeltierarzt mehr mit Medikamenten als mit der tierärztlichen Leistung verdienen.»

Die Tierärzte setzen nun auf eine im April einsetzende Initiative mit dem Lebensmittel-Prüfsystem QS, um Antibiotika in der Mast zu reduzieren. Wer Geflügelfleisch mit dem QS-Siegel vermarkten will, kann dann voraussichtlich bei Überschreitungen zu einem niedrigeren Antibiotika-Einsatz verpflichtet werden. Im Laufe des Jahres sollen die Schweinehalter folgen. (dpa)
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 In der Corona-Pandemie wurden zu oft Antibiotika verschrieben

 Verweste Schweine - Behörde prüft Entzug von Schlachtzulassung

 Brexit-Folgen verschärfen britische Arzneimittelknappheit

  Kommentierte Artikel

 Mehr Tote bei weniger Unfällen

 Union Schuld an schwerster Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten

 Bundesbeauftragte fordert Nachbesserungen bei Tierschutz in Ställen

 EU-Agrarsubventionen veröffentlicht - Das sind die Top-Empfänger 2023

 Geld wie Heu - Geht auf den Bauernhöfen wirklich die Post ab?

 Tote Ziegen im Schwarzwald gehen auf Rechnung eines Wolfs

 Gärtner verzweifeln über Superschnecke

 Bauerndemo in Brüssel für faire Preise

 Tierschutznovelle erntet Kritik von allen Seiten

 Online-Abstimmung über Verbrenner-Verbot manipuliert?