Das hat nach Darstellung des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Hamburg die Auswertung der Nordsee-Temperaturen für den Monat Juni gezeigt. Mit einer Durchschnittstemperatur von 12,8 Grad Celsius lagen die Temperaturen der Nordseeoberfläche um 0,8 Grad über dem langjährigen Mittel, wie der Wissenschaftler Hartmut Heinrich berichtete. «Der windige Monat Juni mit seinen relativ niedrigen Lufttemperaturen hat in der Nordsee nicht zu einer nennenswerten Abkühlung geführt.» Auch die tieferen Wasserschichten hätten sich stark erwärmt. Wenn das Sommerwetter anhält, könnten die Rekordtemperaturen von 2003 und 2006 erreicht werden.
«Der Erwärmungstrend der Nordsee wird damit bestätigt», hieß es beim BSH. Die Warmphase in der Nord- und Ostsee dauere nun seit 1987 an - obwohl sich Kalt- und Warmphasen normalerweise in einem Zyklus von etwa acht bis zwölf Jahren abwechseln. Selbst in den Wintermonaten kühlten die tieferen Wasserschichten in der Deutschen Bucht und in der westlichen Ostsee nicht mehr unter das langjährige Mittel ab, berichtete Heinrich.
In der Deutschen Bucht hätten sich die
Wassertemperaturen am Boden im Sommer im Schnitt bei zwei Grad über dem Mittelwert eingependelt.
Dort werden derzeit Temperaturen um 13 Grad gemessen. Zum Vergleich: In den 80er und 90er Jahren waren es noch 11 Grad. Im Arkonabecken in der westlichen Ostsee hat sich das Wasser noch stärker aufgeheizt: Der langjährige Durchschnittswert in 40 Metern Tiefe liegt im Juni bei knapp sieben Grad - seit etwa 2000 wird dort eine um vier Grad höhere Temperatur gemessen.
Unterdessen monierte der Klimaforscher Prof. Hans von Storch mangelnde Anstrengungen für den Klimaschutz. «Hier sind viel stärkere Bemühungen nötig, wenn das Zwei-Grad-Ziel erreicht werden soll», sagte der Leiter des Instituts für Küstenforschung am Forschungszentrum Geesthacht (GKSS) in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. «Ich halte es für ausgeschlossen, dass es erreicht wird.» Die Bundesregierung und die EU wollen die Temperaturerwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts im Vergleich zum Jahr 1.850 auf zwei Grad Celsius begrenzen.
Mit einer «ordentlichen Klimapolitik» könne der
Klimawandel zwar verlangsamt werden, betonte Storch. «Auf Null kriegen Sie das aber nicht mehr - wir haben es ja schon wärmer.» Um die Auswirkungen des globalen Klimawandels aufzuhalten, müsste der Ausstoß von Treibhausgasen massiv verringert werden - «und zwar überall auf der Welt, nicht nur in Deutschland». «Wenn man sich dabei nur auf Deutschland konzentriert, nimmt man das Problem nicht ernst.
Norddeutschland werde vom Klimawandel besonders hart getroffen, berichtete Storch. «Wir haben hier noch die Komponente 'Meeresspiegel', der
Küstenschutz wird also herausgefordert. Da muss man wirklich etwas tun - etwa die Deiche erhöhen oder den einen oder anderen Polder doch im Extremfall volllaufen lassen.»
Derzeit zeige sich der Klimawandel im Norden vor allem an der Erwärmung: «Die Wahrscheinlichkeit für warme Sommer nimmt zu. Es gibt zwar noch miserable Sommer, aber die sind seltener geworden.» Bis 2030 werde sich der Temperaturanstieg nach jetzigen Erkenntnissen fortsetzen, im Vergleich zu den 1980er Jahren werde es vermutlich ein Grad wärmer. Im Sommer wird es den Berechnungen zufolge zudem weniger regnen - die Experten gehen von etwa zehn Prozent weniger Niederschlag aus -, im Winter dagegen mehr. Der
Meeresspiegel steigt nach Storchs Angaben voraussichtlich um etwa 20 Zentimeter. Die Zahlen seien aber mit erheblichen Unsicherheiten verbunden.
Im Jahr 2090 werde die Temperatur voraussichtlich bereits um drei Grad Celsius höher liegen. Der Niederschlag kann um etwa 30 Prozent steigen, und es soll auch mehr Stürme geben, wie Storch erwartet. (dpa)