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04.01.2023 | 13:44 | Delikatesse 

Baumkuchen-Traditionsunternehmen in Salzwedel vor dem Aus

Salzwedel - Die Salzwedeler Baumkuchen GmbH will schließen. Über 14 Jahre hat Geschäftsführerin und Inhaberin Rosemarie Lehmann nach eigenen Angaben einen Nachfolger gesucht.

Baumkuchen
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Baumkuchen aus Salzwedel ist weit über die Grenzen Sachsen-Anhalts hinaus berühmt. Nun zwingt eine erfolglose Nachfolgesuche eines der bekanntesten Unternehmen des Landes womöglich in die Knie. (c) proplanta
«Irgendwann ist auch mal Schluss», sagte die 74-Jährige am Mittwoch. Die Entscheidung sei kein Entschluss von «heute auf morgen», sondern lange gereift, nachdem potenzielle Interessenten über Jahre immer wieder abgesprungen seien. Alle rund 100 Mitarbeiter hätten bereits ein Kündigungsschreiben erhalten. Im Sommer solle dann endgültig Schluss sein.

Kein Investor habe den Mut gehabt, das Traditionsunternehmen im Altmarkkreis-Salzwedel zu übernehmen, sagte Lehmann. Sie habe bei der Nachfolgesuche alles versucht und auch professionelle Hilfe in Anspruch genommen - ohne Erfolg. Schuld seien auch die Rahmenbedingungen, die der Staat für mittelständische Unternehmen setze, führte sie aus. Genauer wollte sie darauf nicht eingehen. An den steigenden Energiekosten habe es aber nicht gelegen, betonte sie.

Seit 1983 ist Lehmann im Unternehmen und hängt an der Baumkuchen-Tradition, doch sie will nicht mehr weitermachen. «Wäre ich jung, würde ich das Unternehmen behalten und umstrukturieren», sagte sie. Es stecke zwar nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, aber langfristig müsse etwas passieren. Das dauere Jahre.

Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze bedauerte die Schließung des Unternehmens: «Für viele Sachsen-Anhalter ist das ein Stich ins Herz, und auch für mich als Wirtschaftsminister und Landeskind ist es eine traurige Nachricht.» Das Land versuche, Unternehmen bei der Suche nach Nachfolgerinnen und Nachfolgern mit allen Kräften zu unterstützen, sagte der CDU-Politiker. So gebe es beispielsweise Meistergründungsprämien oder Nachfolgedarlehen.

«Es ist unverstellbar, dass solch ein Traditionsunternehmen seine Pforten schließt», sagte die Salzwedeler Bürgermeisterin Sabine Blümel (parteilos). Man werde alles dafür tun, um über den 31. Juli hinaus den Betrieb aufrechtzuerhalten. Auch das Land und die Industrie- und Handelskammer müssten helfen. Eine Schließung wäre ein harter Schlag für die Stadt und den Tourismus in der Region.

Im Osten seien Probleme bei der Nachfolge keine Seltenheit, da viele Gründer aus der Nachwendephase altersbedingt jetzt in den Ruhestand gingen, sagte eine Sprecherin des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks. Dabei spiele auch die Lage des Betriebs eine Rolle. Insbesondere im ländlichen Raum könne sich die Suche als schwieriger erweisen. Der Altmarkkreis Salzwedel gilt im ohnehin bevölkerungsarmen Sachsen-Anhalt als dünn besiedelt.

Es sei «tragisch», dass ein seit Jahrzehnten überregional bekanntes Unternehmen vom Markt verschwinde, sagte ein Sprecher der Handwerkskammer in Magdeburg. Er sieht dahinter auch strukturelles Versagen: «Einmal muss die Attraktivität des Unternehmertums in der Gesellschaft deutlich gesteigert werden.» Gute Rahmenbedingungen seien zurzeit nicht gegeben. So steige permanent die Abgabenlast für die Betriebe, die bürokratischen Zwänge nähmen zu, die Energiekosten stiegen. Es brauche eine sinnvolle Unternehmenssteuerreform. «Am Ende des Tages müssen sie zu ihrer eigentlichen Arbeit kommen und Geld verdienen», sagte der Sprecher der Handwerkskammer. Salzwedeler Baumkuchen hat eine lange Tradition. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts produzierten mehrere Konditoren in der Stadt das Feingebäck. Bis heute herrscht Uneinigkeit darüber, von wem der erste Baumkuchen stammte. König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen soll um 1843 bei einem Besuch in Salzwedel so sehr von dem Schichtgebäck begeistert gewesen sein, dass er befahl, den Rest des Baumkuchens in seinem Reisewagen mitzunehmen. Später belieferten Salzwedeler Unternehmer den königlichen Hof.
dpa/sa
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