„Während uns seit drei Jahren unsere
Wälder förmlich unter den Fingern wegsterben, hat die Holzindustrie nichts Besseres zu tun, als mit höchst fragwürdigen Modellen aus Abtretungen plus Prozessfinanzierern und einem Heer von Anwälten eine Prozesslawine loszutreten“, beklagte der BDF-Bundesvorsitzende Ulrich Dohle am vergangenen Mittwoch (15.12.).
Er warnte vor den Folgen: Die „Auswüchse einer wildgewordenen US-Klageindustrie“ könnten dem Wald und der Forstwirtschaft „den Rest geben“. Wenn die Holzindustrie weiterhin die Forstwirtschaft in langjährigen Mammutprozessen vor Gerichte ziehe, werde die gesamte Branche das Verständnis der Politik und Gesellschaft verlieren.
Eine auf Vertrauen und Glaubwürdigkeit angewiesene Branche, die auf dem Weg der Transformation zur
Bioökonomie eine ganz entscheidende Rolle spielen könne, sollte sich nach Ansicht des BDF-Bundesvorsitzenden „anders verhalten“. „Angesichts der gigantischen Herausforderungen zum Erhalt unserer Wälder bräuchten wir definitiv mehr Forstpersonal und weniger Rechtsanwälte“, so Dohle. Nach Einschätzung des BDF sind die Orientierung und die Wertmaßstäbe der Holzindustrie, die eigentlich ein „verlässlicher Markpartner“ in einem auf
Nachhaltigkeit setzenden Cluster der Forst- und
Holzwirtschaft sein sollte, „völlig aus dem Ruder gelaufen“.
Die handelnden Akteure und die dahinterstehenden Initiatoren müssten die Situation sowohl juristisch als auch politisch neu beurteilen. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes im Holzlieferstreit zwischen der nordrhein-westfälischen Landesregierung und der österreichischen Klausner-Gruppe begrüßte der BDF ausdrücklich.
Der Verband sieht einen Zusammenhang zu weiteren noch anstehenden zivilrechtlichen Klageverfahren zwischen der Holzindustrie und bisher fünf Bundesländern im Nachgang zum Kartellverfahren zur gebündelten Rundholzvermarktung.
Kartellrechtlich bereits gescheitert
Wie der BDF hervorhebt, ist die Holzindustrie kartellrechtlich bereits im Jahre 2018 mit ihrer Klage vor dem Bundesgerichtshof gescheitert. Im Nachgang dazu hätten namhafte Vertreter der Holzindustrie fünf Ausgleichsgesellschaften gegründet, die nun angebliche Schadenersatzforderungen in Höhe von 1,5 Mrd Euro gegen die Bundesländer Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Thüringen auf zivilrechtlichem Wege durchsetzen wollten. Diese Forderungen entsprächen den im Zusammenhang mit der Waldklimakrise ausgereichten Fördermitteln des Bundes von ebenfalls 1,5 Mrd Euro. Diese sollten hauptsächlich zum dringend notwendigen klimaangepassten Waldumbau eingesetzt werden, betonte der BDF.
Klage holt Waldbesitzer in Rheinland-Pfalz ein
In der vorvergangenen Woche hatte der Bundesgerichtshof eine Nichtzulassungsbeschwerde der Klausner-Gruppe zurückgewiesen und damit einen jahrelangen Rechtsstreit mit Nordrhein-Westfalen beendet. Das Unternehmen hatte auf Basis eines Liefervertrags von 2007 Schadenersatz in Höhe von 54 Mio Euro geltend gemacht und die Nachlieferung von etwa 2,5 Mio Fm Fichtenstammholz gefordert.
In derselben Woche hatte die rheinland-pfälzische Landesregierung angekündigt, rund 1.100 privaten und kommunalen Waldbesitzern den Streit zu verkünden. Diese werden dadurch an den Ausgang des Prozesses gebunden, den das Land mit der durch einen internationalen Prozessfinanzierer gestützten ASG 3 - Ausgleichsgesellschaft für die Sägeindustrie Rheinland-Pfalz GmbH führt.
Laut der Mainzer Landesregierung hat Burford Capital die Forderungen von 18 Sägewerken aufgekauft und in der GmbH gebündelt. Geltend gemacht werden rund 121 Mio Euro als Schadenersatz für zu hohe Rundholzpreise in den Jahren 2005 bis 2020.
Kritik von der AfD
Der Sprecher der AfD-Fraktion im Mainzer Landtag, Ralf Schönborn, kritisierte das Verhalten der Landesregierung. Es sei „besonders perfide“, die privaten Eigentümer in die millionenschwere Klage hineinzuziehen, um sie dadurch später an möglichen Regresszahlungen beteiligen zu können. Laut Schönborn sind die Waldbesitzer mit der Zusicherung der Kartellrechtskonformität gelockt worden. Anschließend sei das Land 2019 aus dem
Kartell ausgestiegen, „nachdem man heiße Füße bekommen hat“.
Der politische Flurschaden dadurch sei groß, so der AfD-Politiker. Die Zerstrittenheit schaffe tiefes Misstrauen und könne dem deutschen Wald bei allen vorliegenden Problemen nicht guttun.