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20.12.2012 | 15:08
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Neue Schockbilder für Zigarettenschachteln

Zigarette
(c) proplanta
Wie Brüssel die Raucher schrecken will

Raucherlungen, trübe Augen und kaputte Zähne: Neben Warnhinweisen will die EU-Kommission Schockbilder auf Zigarettenpackungen bringen. Auch der Inhalt der Schachteln soll unattraktiver werden. Aromazigaretten mit Menthol sollen etwa verschwinden. Die neuen Vorschläge würden für Zigaretten, losen Tabak zum Selberdrehen und Lutschtabak gelten. Wenn Europaparlament und EU-Staaten zustimmen, könnte dies ab 2015 gelten. Die Details:


Warum handelt die EU-Kommission ?

Jeder kennt die Kampagnen gegen das Rauchen, trotzdem qualmt immer noch jeder Dritte in Europa. Laut Weltgesundheitsbehörde WHO sterben knapp 700.000 Europäer pro Jahr an den Folgen des Tabakkonsums - das entspricht der Einwohnerzahl der Stadt Frankfurt am Main. Rauchen gilt als Auslöser für Krebs und Herzinfarkt und verursacht laut WHO mehr Gesundheitsprobleme als Alkohol oder Drogen. Die Behandlung der Folgen kostet in Europa jedes Jahr 25,3 Milliarden Euro.


Wie sollen Zigarettenschachteln künftig aussehen?

Abschreckend. Die EU-Kommission will 75 Prozent der Oberfläche von Vorder- und Rückseite einer Packung für aufrüttelnde Warnhinweise reservieren. Das ist fast doppelt so viel wie bisher. Für bunte Wohlfühl-Werbung bliebe neben dem Markenlogo kein Platz. Horror-Bilder sollen faulende Zähne oder eine krebszerfressene Lunge zeigen. «Eine Zigarettenpackung soll aussehen wie ein Tabakerzeugnis und nicht wie ein Kosmetikkoffer oder Süßigkeiten», sagt EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg. Ausstiegswillige finden Hinweise auf Hilfsangebote im Internet oder Hotlines direkt auf der Schachtel.


Was ändert sich bei den Inhaltsstoffen?

Bislang mildern Zusätze bei manchen Zigaretten den Tabakgeschmack ab. Das erleichtert gerade jungen Rauchern den Einstieg. Die EU-Kommission will deshalb Aromen wie Schoko oder Erdbeere ebenso verbieten wie Farbstoffe für bunten Rauch. «Rauchen  wird nicht verboten, es soll nur weniger attraktiv werden», sagt Borg.


Was ist mit Helmut Schmidts geliebter Mentholzigarette?

Auf die müsste der Altkanzler verzichten. Die EU-Kommission will Mentholzigaretten verbieten. In kleinen Mengen bleiben solche Stoffe dagegen erlaubt, solange sie den Geschmack nicht bestimmen. Der starke Mentholgeschmack richtet nach Worten des EU-Kommissars großen Schaden an: «Dann inhaliert man viel stärker als bei Zigaretten ohne Menthol.»


Bleiben Vitamine und Koffein erlaubt?

Nein. Untersagen will die Behörde auch Koffein, Taurin (das etwa der Energydrink Red Bull enthält), Vitamine oder andere Stoffe, die gesundheitsfördernde Wirkungen suggerieren. «Der Verbraucher darf nicht betrogen werden: Tabakprodukte sollen aussehen und schmecken wie Tabakprodukte», sagt Borg. Dennoch dürfen Hersteller weiter minderwertigem Tabak aus Ländern wie Griechenland oder Rumänien durch die Zugabe von Zucker geschmacklich verbessern.


Wie sehen Zigaretten künftig aus?

Sie werden einheitlicher. Der Durchmesser der Zigaretten soll mindestens 7,5 Millimeter betragen. Die bei Frauen beliebten und besonders dünnen Slim-Zigaretten dürften dann nicht mehr in der EU verkauft werden. Unverändert will die Kommission dagegen die geltenden Obergrenzen für den Nikotin- und Teergehalt lassen. Erlaubt bleiben 1 Milligramm pro Zigarette Nikotin und 10 Milligramm Teer.


Was ist mit Pfeifentabak, Zigarren und Zigarillos?

Da ist die EU-Kommission weniger streng. Für diese Tabakprodukte sieht sie keine Warnbilder und Aromaverbote vor. Die Begründung: Rauchanfänger griffen seltener zu diesen starken Tabakwaren. Sollte der Absatz dieser Produkte in den nächsten Jahren in die Höhe schnellen, will die EU-Kommission aber nachlegen.


Was passiert mit dem Lutschtabak Snus?

Er bleibt in der EU verboten. Eine Ausnahme gilt nur für Schweden, wo dieser Tabak sehr beliebt ist. Diese Regelung hat das Land vor seinem EU-Beitritt 1995 extra ausgehandelt.


Hatte die EU-Kommission noch weiterführende Pläne?

Allerdings. Gedacht war an neutrale Einheitsverpackungen ohne eigenes Markenlogo nach dem Vorbild Australiens. Dies ist - auch auf Druck aus der Industrie - vom Tisch. EU-Staaten können aber auf eigene Faust Einheitsschachteln vorschreiben. Ein anderer radikaler Plan wurde indes aufgegeben, nämlich Zigaretten unter den Ladentisch zu verbannen. Ein völliges Werbeverbot oder das Aus für Zigarettenautomaten wurden ebenfalls nicht weiter verfolgt.


Wie reagiert die Tabakbranche?

Die Industrie hält die Pläne der EU-Kommission für überzogen. Sie warnt vor einer «Gesundheitsdiktatur». Hersteller warnen, Brüssel greife in den freien Wettbewerb ein. «Der Vorschlag tritt geltende Markenrechte mit Füßen», sagte eine Sprecherin des Zigarettenherstellers Reemtsma. Sie drohte mit einer Klage.


Wann wird das Gesetz kommen?

Beschlossen wird es voraussichtlich erst 2014. Wirksam würden die Regeln laut EU-Kommission 2015 oder 2016. Bis dahin dürfte sich am Inhalt aber noch einiges ändern, denn nun beraten Europaparlament und Mitgliedsstaaten über die umstrittenen Vorschläge. (dpa)
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Kommentare 
Philip schrieb am 15.06.2013 09:01 Uhrzustimmen(150) widersprechen(97)
Die größte Bevormundung überhaupt ist die Abhängigkeit des Einzelnen und nicht der Schutz unbeteiligter. Rauchen ist auch kein Genuss. Ich kenne niemanden, dem die ersten Zigaretten geschmeckt hätten. Der Genuss ist lediglich das angenehme Gefühl, wenn beim konsum die schweren Entzugserscheinungen nachlassen, die man ohne Zigaretten ja gar nicht erst hätte. Das kann man aber nicht mit Genuss verwechseln.
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