Präsident Nicolas Sarkozy hat derzeit wenig Lust, Journalistenfragen zu beantworten. Warum die französische Regierung nicht früher darüber nachgedacht habe, dass sie eine Klimasteuer nur einführen kann, wenn die anderen europäischen Staaten das auch tun - diese Frage wäre sicher gestellt worden. Noch vor wenigen Monaten konnte Sarkozy die geplante Klimasteuer nicht genug anpreisen. Ihre Einführung sei etwa so bedeutend wie die Abschaffung der Todesstrafe, behauptete er. Oder auch: «Bei der Klimasteuer gibt es die, die drüber reden, und die, die handeln.»
Jetzt ist sie in Frankreich so gut wie beerdigt, denn eine Klimasteuer auf europäischer Ebene, die Sarkozy noch abwarten möchte, steht derzeit nicht mal auf der Tagesordnung. Böse Zungen behaupten, dass Sarkozy mit seiner Klimasteuer vor allem US-Präsident Barack
Obama beeindrucken wollte. Rechtzeitig vor dem
Klimagipfel in Kopenhagen wurde sie durchs Parlament gedrückt. Frankreich könne auf internationaler Ebene dann besser mitreden, hatte Sarkozy betont.
Als die Klimasteuer im vergangenen September verabschiedet wurde, war das ursprüngliche Projekt nach Ansicht von Kritikern bereits verwässert. Experten hatten eine Abgabe von 34 Euro pro Tonne
CO2 vorgeschlagen, davon blieben lediglich 17 Euro übrig. Zudem waren mehr als 1.000 Betriebe, die zu den größten Klimasündern zählen, von der Abgabe ausgenommen. Kurz vor Jahresende kippte der Verfassungsrat das Gesetz und forderte Nachbesserungen. Damit saß Sarkozy in der Klemme, schließlich hatte er betont, dass die Steuer nur eine pädagogische Maßnahme sei, die zu klimafreundlicherem Verhalten anregen sollte.
Die Kosten für die Privathaushalte - unter anderem vier Cent pro Liter Benzin - sollten über eine verringerte Einkommenssteuer oder «grüne Schecks» ausgeglichen werden. Die Unternehmen nun doch in die Steuer zu integrieren und einen finanziellen Ausgleich zu finden, schien ein höchst kompliziertes Unterfangen. Schlimmer als die technischen Schwierigkeiten war aber die Kritik in den eigenen Reihen. Das konservativ-bürgerliche Lager wollte Sarkozys grüne Wende nicht mitmachen. Die Klimasteuer war einer der Gründe für die heftige Niederlage der Rechten bei der Regionalwahl am vergangenen Sonntag - und sie wurde prompt als erste geopfert, ungeachtet des Empörungsschreis der Umweltschützer.
Aber auch innerhalb der Regierung ist die Linie nicht eindeutig. Das Umweltministerium glaubt noch daran, dass sie sich bis 2012 durchsetzen lasse. «Ich kenne den Präsidenten gut genug, um zu wissen, dass er nicht darauf verzichten wird», versichert Staatssekretärin Chantal Jouanno. Ex-Premierminister Michel Rocard, der zu den Autoren des Gesetzes zählt, war geradezu außer sich. «Die Verschiebung sei eine schlechte Nachricht. In einigen Jahren werde man denen, die für die Verzögerung verantwortlich sind, Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorwerfen», warnte er.
Für Sarkozy war die Klimasteuer von Beginn an ein Instrument, mit dem er sich auf internationaler Bühne profilieren wollte. Insofern ist es nur konsequent, dass er sich von ihr verabschiedet, wenn die Lage zu Hause politische Gesten erfordert. Er mag es bedauern, dass sein grünes Image damit kräftig bröckelt - aber angesichts der anstehenden Rentenreform dürfte ihm die Meinung der Mehrheit der Franzosen derzeit wichtiger sein. «Es bleibt das unschöne Gefühl zurück, dass der Schutz der Umwelt nur so lange von Interesse ist, so lange er aus wahltechnischen Gründen Bedeutung hat», bilanziert die Zeitung «La Croix». (dpa)