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25.06.2010 | 06:17 | Geflügelproduktion 

Nachhaltigkeit ist mehr als ein CO2-Fußabdruck

Bad Sassendorf/Bonn -   Die Perspektiven für die deutsche Geflügelproduktion sowie die Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien auf Unternehmensseite waren die diesjährigen Schwerpunkte bei der Mitgliederversammlung der DVT-Regionalgruppe West.

Geflügelproduktion
Am 22. Juni 2010 stellte der Vorsitzende Dr. Franz-Josef Messing zu Beginn die wirtschaftliche Entwicklung der Branche im Landwirtschaftszentrum Haus Düsse in Bad Sassendorf dar. Die 71 Mischfutterhersteller der Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland repräsentieren ein Fünftel der Betriebe im Bundesgebiet und stellten 2009 mit insgesamt 4,0 Mio. Tonnen 19,2 Prozent der Gesamtproduktion in Deutschland her.

Im öffentlichen Vortragsteil präsentierte Frau Margit Beck von Marktinfo Eier & Geflügel (MEG), Bonn, die Entwicklungen des deutschen Eier- und Geflügelmarktes. Nachdem 2009 aufgrund des Verbotes der Käfighaltung in erheblichem Umfang Produktionskapazität verloren ging und damit der Selbstversorgungsgrad auf 58 Prozent fiel, erholt sich die Produktion in diesem Jahr allmählich, jedoch ohne das Ausgangsniveau zu erreichen. Für den Herbst 2010 wird ein um 3 Prozent gestiegener Legehennenbestand erwartet. Die knappe Verfügbarkeit im 1. Quartal ließ die Preise für nicht kontraktgebundene Ware zeitweise rasant ansteigen, bereits vor Ostern platzte jedoch diese „Preisblase“. Beck geht davon aus, dass eine Sommerbaisse nicht ausbleibt, erwartet aber für 2011 eine Konsolidierung der deutschen Produktion und das Ende der Umstellungsphase. Innerhalb der EU besteht dagegen noch ein erheblicher Bedarf, konventionelle durch ausgestaltete Käfige oder Alternativhaltung zu ersetzen, insbesondere in Südeuropa. Hier bestehen im Markt starke Zweifel an der Einhaltung der Fristen; es wird mit einer sehr späten Umstellung gerechnet. Für 2011/2012 erwartet Beck im EU-Markt aus diesem Grund eine knappe Versorgung, was sie als Chance für die deutschen Produzenten sieht.

Im Bereich Schlachtgeflügel ist die deutsche Produktion in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Dieses Wachstum kam und kommt zukünftig aus der integrierten Produktion. Aufgrund der starken Wettbewerbsposition der deutschen Erzeugung hält die Expansionstendenz an. Ein steigender Verbrauch ist sowohl in Deutschland als auch in Europa zu erwarten. Deutsche Erzeuger und Vermarkter konzentrieren sich dabei zunehmend auf das Frischfleischsegment. Begünstigend für die heimischen Frischfleischerzeuger sind dabei die neuen Vermarktungsnormen, welche aber auch zu mehr Preisvolatilität führen können.

Nachhaltigkeit und Carbon Footprinting bewegen auch die Futtermittelindustrie als Teil der Lebensmittelkette. Herr Jörg Bartel stellte die Erfahrungen und Einschätzungen des Unternehmens Westfleisch eG, Münster, dar. Westfleisch betrachtet dabei nicht nur den Carbon Footprint, sondern hat eine umfassende Definition von Nachhaltigkeit („Qualitätspartnerschaft“) als Leitbild formuliert; der Carbon Footprint bildet nur ein Teilprojekt. Wichtig sei laut Bartel, dass die Systematik zur Berechnung von Carbon Footprints für Produkte standardisiert werde.

Derzeit existierten keine verbindlichen Normen und Vorgaben für Landwirtschaft, Tierhaltung und Fütterung. Insbesondere bei Nebenerzeugnissen, die als Futtermittel verwendet werden, bestünde Gestaltungsspielraum bei der Berechnung; so kann beispielsweise tierischem Eiweiß aus Schlachtnebenerzeugnissen ein positiver Effekt zugerechnet werden. Systemgrenzen der Rechen- und Bewertungsmodelle müssten eindeutig definiert sein, um vergleichbare und einheitliche Ergebnisse zu erzielen. Die bedeutenden Stellschrauben bildeten die Basisdaten und Zurechnungen von Klimagasemissionen. Bartel betonte, dass der Carbon Footprint kein Wettbewerbsinstrument sein dürfe - jedes Unternehmen solle die eigenen CO2-Emissionen optimieren, um damit Veränderungen aufzeigen und Verbesserungen belegen zu können. Abschließend stellte Bartel klar, dass Westfleisch keine Auflagen bzw. zusätzlichen Anforderungen in Richtung Landwirtschaft und Vorstufen plane. (DVT)
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