Vorsprung durch Wissen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
13.07.2010 | 19:32 | Energie- und Umweltpolitik  

Regierung einigt sich auf Pläne für CO2-Speicherung

Berlin - Ungeachtet des Widerstandes in der Bevölkerung hält die Bundesregierung an ihren Plänen zur unterirdischen Einlagerung des Klimakillers Kohlendioxid CO2 fest.

Emissionen
(c) proplanta

Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) verständigten sich auf letzte Details eines entsprechenden Gesetzentwurfs, wie das Umweltministerium am Dienstag mitteilte. Mit dem sogenannten CCS-Verfahren (Carbon Capture and Storage) soll Kohlendioxid gefiltert und klimaneutral im Boden gelagert werden. Das Gesetz solle einen Rahmen für die Erprobung der CCS-Technologie bieten.

Nach der Erprobungsphase wird das Gesetz dem Vernehmen nach überprüft und gegebenenfalls allgemeingültig gefasst. Letzte Details, die zwischen Umwelt- und Wirtschaftsministerium geklärt werden mussten, waren diesen Angaben zufolge unter anderem die Haftung bei einem Leck in den Lagern und die Risikoermittlung.

Der Gesetzentwurf, mit dem eine EU-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt wird, wurde auch auf Druck von CDU-Ländern überarbeitet. Bei der Lagerung des klimaschädlichen CO2, das bei Verbrennung fossiler Energieträger wie Stein- oder Braunkohle entsteht und für die globale Erwärmung mitverantwortlich gemacht wird, wurden zu hohe Risiken reklamiert. Röttgen hatte am Wochenende in der Zeitschrift «Super Illu» klar gemacht, die stark umstrittenen CO2-Lager nicht gegen den Willen der betroffenen Länder durchsetzen zu wollen. Sein Gesetzentwurf sehe vor, dass die Landesregierungen und Landtage im Zuge der Raumordnung entscheiden können, ob die sogenannte CCS-Erprobung in dem jeweiligen Bundesland generell möglich ist oder nicht.

Die FDP-Abgeordneten Klaus Breil und Horst Meierhofer betonten: «Bei der Erprobung der unterirdischen Speicherung von CO2 in den geplanten Demonstrationsprojekten muss die Sicherheit für Mensch und Umwelt oberste Priorität haben. In der Erprobung standen zunächst Projekte der Energiekonzerne RWE und Vattenfall. RWE wollte in Hürth ein Erprobungswerk errichten und das abgeschiedene CO2 über eine Pipeline in Schleswig-Holstein lagern.

Nach heftigen Protesten insbesondere in Schleswig-Holstein wird das Projekt vorerst nicht weiter verfolgt. Vattenfall nahm bereits 2008 im brandenburgischen Schwarze Pumpe die weltweit erste Pilotanlage für ein Braunkohlekraftwerk mit CO2- Abscheidung in Betrieb. Nun soll in Jänschwalde zwischen 2012 und 2015 ein Demonstrationskraftwerk gebaut werden, das mit 180 Millionen Euro von der EU-Kommission gefördert wird. 2020 solle die CCS-Technik serienreif sein. Vattenfall spricht hier selbst von einer «Brückentechnologie» auf dem Weg zu einer regenerativen Energieversorgung. Moderne Kohlekraftwerke sollen nach dieser Technik bei der Verbrennung anfallendes CO2 künftig trennen.

Das abgetrennte Gas wird unter hohem Druck verflüssigt. Auf diese Weise soll es transportiert und in unterirdischen Gesteinsschichten über Jahrtausende gespeichert werden können. Brüderle und Röttgen wollen an diesem Mittwoch über die Pläne der Bundesregierung unterrichten. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßte ausdrücklich die Einigung zwischen den beiden Kabinettskollegen über den Einsatz der CCS-Technologie. Kohle sei als Übergangstechnologie unverzichtbar. Bei der Modernisierung des Kraftwerkparks sei die Möglichkeit der Einlagerung und Speicherung von CO2 «dringend geboten und trägt somit zur Reduzierung der Treibhausgase bei».

Umweltorganisationen wie Greenpeace beklagen dagegen diese Entwicklung. Zur Zeit laufen in Ostbrandenburg die Planungen für ein erstes größeres CO2-Endlager. Dafür werden gerade zwei je 300 Quadratkilometer große Gebiete um Beeskow und Neutrebbin vorbereitet. Die Umweltschützer fordern von Brandenburg den Ausstieg aus der «dreckigen» Braunkohleverstromung und die Förderung erneuerbarer Energien. Kohlestrom sei Gift für das Klima und die CO2-Lagerung verschiebe die Risiken in die Zukunft. Vattenfall spekuliere auf «ewige Dichtheit» von geologischen Formationen. Für mögliche Lecks in den CO2-Speichern wolle Vattenfall aber nur 30 Jahre haften, kritisiert Greenpeace.


Hintergrund:

CO2-Abtrennung - unterirdische Kohlendioxid-Speicherung

Ob tausend Meter tief unter dem Meeresgrund oder in geleerten Gas- und Erdöllagerstätten - Kraftwerksbetreiber wollen den Klimakiller CO2 für immer versenken. Denn Kohlendioxid zählt zu den klimaschädlichen Treibhausgasen, die für die globale Erwärmung mitverantwortlich sind. Es entsteht unter anderem bei der Verbrennung von Braun- oder Steinkohle.

Moderne Kohlekraftwerke sollen bei der Verbrennung anfallendes CO2 künftig von anderen Abgasen trennen können. Dazu wird die Kohle nicht wie bislang üblich in normaler Luft verfeuert, die zum Großteil aus Stickstoff besteht, sondern in einem Gemisch aus reinem Sauerstoff und Rauchgas. So soll die Abtrennung des CO2 nach dem Verbrennungsprozess erleichtert werden.

Das abgetrennte Kohlendioxid wird unter hohem Druck verflüssigt und kann so abtransportiert, in unterirdische Gesteinsschichten gepresst und dort dauerhaft gespeichert werden. In der Tiefe wird das CO2 von undurchlässigen Gips- und Tonschichten eingeschlossen und kann in der Atmosphäre kein Unheil mehr anrichten.

Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Regierung will CO2-Speicherung erlauben

 Habeck sieht großes Potenzial in CO2-Einlagerung

 Leopoldina: CO2-Speicherung auch an Land angehen

 CO2 in Nordsee lagern?

 Kritik an Habecks Plänen zur CO2-Speicherung auf See

  Kommentierte Artikel

 Geld wie Heu - Geht auf den Bauernhöfen wirklich die Post ab?

 Tote Ziegen im Schwarzwald gehen auf Rechnung eines Wolfs

 Gärtner verzweifeln über Superschnecke

 Bauerndemo in Brüssel für faire Preise

 Tierschutznovelle erntet Kritik von allen Seiten

 Online-Abstimmung über Verbrenner-Verbot manipuliert?

 Wut und Wahlen 2024: Die zunehmend mächtige Gruppe der Nichtwähler

 NRW-OVG verhandelt Streit um ein paar Gramm Wurst zu wenig

 Ruf nach Unterstützung der Imker

 Kein kräftiger Aufschwung in Sicht - Wirtschaftsweise für Pkw-Maut