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25.07.2010 | 10:28 | Neue, peinliche Details zur Ölkatastrophe 

Techniker enthüllt: Alarm auf Bohrinsel war abgestellt

Washington/London - Den jüngsten Vorwurf gegen BP erhebt ein Techniker, der sich bei der Explosion auf der «Deepwater Horizon» nur durch einen Sprung ins Wasser retten konnte.

Alarmleuchte
«Sie wollten nicht, dass die Leute um drei Uhr nachts durch Fehlalarm geweckt werden», sagt Mike Williams. Deshalb sei das Sirenen-Signal in der Unglücksnacht nicht aktiviert gewesen. Elf Menschen kamen bei dem Unfall ums Leben.

Der Alarm sei schon ein Jahr vor der Explosion am 20. April abgeschaltet worden, sagte Williams vor einem Untersuchungsausschuss im Bundesstaat Louisiana. Da das Alarmsystem nicht vollständig funktionierte, sei die Evakuierung der Plattform behindert worden. Unklar sei allerdings, ob man mit voll funktionierendem Alarm die elf Todesfälle hätte verhindern können, schreibt die «New York Times». 115 der 126 Menschen auf der Bohrinsel wurden damals gerettet. Er habe seine Vorgesetzten über den abgeschalteten Alarm informiert, sagte Williams weiter - doch die hätten ihm klargemacht, dass dies Absicht sei.

Weitere Vorwürfe: Ein führender US-Wissenschaftler hält BP vor, angesehene Forscher zum Schweigen bringen zu wollen. BP habe die Wissenschaftler gezielt unter Vertrag genommen, um Informationen eine Zeit lang unter Verschluss zu halten. «Ein wahrlich gigantischer Konzern versucht, das Schweigen von Hochschullehrern in einem umfassenden Ausmaß zu erkaufen», kommentierte Cary Nelson, Vorsitzender des US-Professorenverbandes AAUP, den Vorgang im britischen Sender BBC.

Nelson kritisiert, BP wolle sich mit den Verträgen für die Forscher einen Vorteil bei bevorstehenden Gerichtsprozessen verschaffen. Anwälte des Energiekonzerns wollen die Wissenschaftler laut den Verträgen, die der britische Sender am Samstag dokumentierte, an das Unternehmen binden. Die Experten müssten demnach enge Absprachen über ihre Arbeit mit den Anwälten des Konzerns führen.

Ein besonderer Punkt der von BP angestrebten Vereinbarungen sei «strenge Vertraulichkeit». Forschungsergebnisse dürften frühestens nach drei Jahren veröffentlicht werden - oder früher, falls die US- Regierung dem Wiederaufbauplan für die gesamte Golfregion vorher zustimmen sollte. Der Londoner Ölkonzern hat nach eigenen Angaben mehr als zwölf US-Wissenschaftler engagiert, bestreitet aber, dass es für die Experten Beschränkungen gebe.

Erleichterung bringt das Wetter: Weil sich das Sturmtief «Bonnie» deutlich abschwächte, kann der Kampf gegen die Ölpest wieder aufgenommen werden: Die meisten Schiffe können innerhalb von 24 Stunden in die Unglücksregion zurückkehren. «Sturmtief "Bonnie" ist sehr viel schwächer als angenommen», sagte ein Sprecher der Einsatzzentrale. Allerdings meinte er, es könne eine Woche dauern, bis die Parallelbohrungen wieder aufgenommen werden.

Wegen des nahenden Sturms hatten am Freitag fast alle Schiffe und Plattformen die Unglücksregion verlassen. Lediglich zwei Überwachungsschiffe blieben vor Ort. Von den Plattformen werden die Entlastungsbohrungen vorangetrieben, die meisten Schiffe haben die Aufgabe, Öl von der Meeresoberfläche abzusaugen. Meteorologen hatten den Tropensturm zu einer Schlechtwetterzone herabgestuft.

Insgesamt werde der Kampf gegen die Ölpest durch das Unwetter vermutlich um 10 bis 14 Tage zurückgeworfen. Die Kappe, die das Ölleck in 1.500 Meter Tiefe seit über einer Woche erfolgreich abdichtet, habe aber gehalten.

Trotz der Katastrophe im Golf von Mexiko will BP die nächste Tiefseebohrung im Mittelmeer vor der Küste Libyens starten. «Die Bohrungen werden in wenigen Wochen beginnen», sagte BP-Sprecher David Nicholas am Samstag der Nachrichtenagentur dpa und bestätigte damit einen Bericht der «Financial Times». Die Quelle soll spätestens in einem halben Jahr erschlossen sein. In dem Feld soll es große Mengen Erdöl und bis zu 850 Millionen Kubikmeter Erdgas geben. Der Energiekonzern wies Sicherheitsbedenken wegen der neuen Tiefseebohrung zurück.

Die Bohrung erfolgt in der Mittelmeerbucht Große Syrte. Etwa 200 Kilometer westlich der Hafenstadt Bengasi liegt die Quelle in rund 1750 Metern Tiefe - rund 250 Meter tiefer als das Bohrloch vor der US-Küste. Die US-Regierung hat nach dem Unglück weitere Tiefseebohrungen in Küstengewässern für sechs Monate verboten. (dpa)
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