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20.11.2015 | 13:09 | Weihnachtsmarktsaison 2015 

Terror verdirbt Lust auf Weihnachtsmärkte

Berlin - Polizisten auf Weihnachtsmärkten jagen eigentlich kriminelle Leichtgewichte. Ins Visier nehmen sie vor allem Taschendiebe, die Weihnachtsmärkte genauso schätzen wie die Marktbesucher den Glühwein.

Weihnachtsmärkte 2015
Verdirbt der Terror Weihnachtsmarkt-Gängern die Stimmung und Händlern das Geschäft? Polizei und Betreiber wollen für erhöhte Sicherheit sorgen. Doch die Gefühle der Besucher bleiben gemischt. (c) proplanta
Doch die Terrorserie in Paris und die Gefährdungslage auch in Deutschland haben die Situation verändert: Weihnachtsmärkte stehen jetzt unter besonder Beobachtung von Polizei und Sicherheitsdiensten.

Nachdem das Fußball-Länderspiel in Hannover wegen Hinweisen auf einen möglichen Anschlag abgesagt wurde, wird in sozialen Netzwerken diskutiert, ob der Weihnachtsmarktbesuch in diesem Jahr aus Sicherheitsgründen ausfallen sollte.

Für künftige Fußballspiele, Weihnachtsmärkte und Karnevalsumzüge lägen aber keine Hinweise auf geplante Anschläge vor, sagt der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Roger Lewentz. Die Bedrohung bei dem ausgefallenen Fußballspiel sei «sehr isoliert» gewesen. Die Polizei befinde sich in höchster Bereitschaft. Lewentz appelliert an die Bevölkerung, Ruhe zu bewahren und zum Beispiel verdächtige Koffer den Sicherheitsbehörden zu melden.

Weihnachtsmärkte in Berlin, Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Thüringen sollen stärker von der Polizei geschützt und kontrolliert werden. Viele Weihnachtsmarktbetreiber wollen ebenfalls sicher gehen und haben zusätzliche Wachleute engagiert. Die meisten Mrkte eröffnen am kommenden Montag.

Und ein Besuch kann Balsam für die Seele sein: «Weihnachtsmärkte versprechen soziale Wärme, die Menschen rücken zusammen - wie gestern im Wembley-Stadion», sagt Konsumpsychologe Stephan Grünewald vom Rheingold-Institut in Köln.

«Nach einem Schreckensszenario ist der Wunsch groß, das Leben in vollen Zügen zu genießen. Wir nennen das Konsum-Karneval. Shoppen ist ein probates Mittel, um zur Normalität zurückzukehren und Handlungsfähigkeit zu demonstrieren.»

Glühwein und Eisbahnen gibt es in Berlin bereits in sogenannten Winterwelten, die aussehen wie Weihnachtsmärkte, etwa direkt am Potsdamer Platz. Doch viele der Besucher haben nach den Anschlägen von Paris gemischte Gefühle. Der 49-jährige Walter Gildersleeve sagt: «Mein neunjähriger Sohn war nach den Anschlägen etwas ängstlich. Ich habe ihm dann gesagt, ein Autounfall sei wahrscheinlicher als ein terroristischer Anschlag.»

Eine 27 Jahre alte Winterwelt-Besucherin hält Paris dagegen nur für einen «Vorgeschmack auf die nächsten Anschläge». Und Vanessa aus Barcelona sagt: «Ich denke die ganze Zeit daran. Man fühlt sich nicht sicher, aber was soll man machen?»

Die Veranstalter in ganz Deutschland und die Polizei nehmen diese Sorgen ernst. «Die Kollegen sind schon alle sensibilisiert», versichert eine Polizeisprecherin mit Blick auf den Nürnberger Christkindlesmarkt. «Vorsicht ist geboten, Angst wäre jedoch ein falscher Ratgeber», sagt der Berliner Innensenator Frank Henkel (CDU).

Neu ist das Thema nicht für die Weihnachtsmärkte. Vor drei Jahren gab es in der Adventszeit eine größere Terrorwarnung. «Damals sind wir in der Nacht vor der Eröffnung mit Sprengstoffsuchhunden über das Gelände gegangen», erinnert sich die Betreiberin des «Weihnachtszaubers Gendarmenmarkt» in Berlin, Gunda Kniep. Das Problem sei derzeit: «Wir bekommen gar nicht mehr Wachleute.» Wegen der vielen bewachten Flüchtlingsunterkünfte herrsche akuter Mangel.

Ein Schausteller in Essen sieht es pragmatisch: «Man kann ja nicht vor jeden Glühweinstand zwei Männer mit Maschinenpistolen stellen.» Tatsächlich sei Schmuddelwetter wohl die größere Gefahr für das Geschäft.
dpa
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