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22.05.2019 | 10:53 | Von Schabe bis Schimmel 
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Plattform Topf Secret offenbart Lebensmittelskandale

Berlin - Küchenschaben, altes Fett oder übelriechendes Spülwasser: Rund 15.000 Bundesbürger wollten in diesem Jahr über die Online-Plattform «Topf Secret» wissen, wie es um die Hygiene in ihrem Lieblingslokal, beim Bäcker oder an der Imbissbude steht.

Topf Secret
Über die Plattform «Topf Secret» können Bürger seit Mitte Januar die Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen beantragen. Wie viele Menschen interessiert das Thema Hygiene in Restaurants, Bäckereien oder an Imbissbuden? (c) proplanta
«Die meisten Betriebe sind sauber», resümiert Oliver Huizinga in einer ersten Bilanz für die Verbraucherorganisation foodwatch. «Es gab aber auch ekelerregende Funde bis hin zu Risiken für die Lebensmittelsicherheit.» So sei zum Beispiel in einem Hotel die Kühlung für Fisch und Fleisch defekt gewesen.

«Topf Secret» ist eine gemeinsame Plattform von foodwatch und der Transparenzinitiative «Frag den Staat». Beide Organisationen kritisieren, dass bisher nur ein Bruchteil der amtlichen Lebensmittelkontrollen aktiv durch die Behörden veröffentlicht werde.

Mit ihrem Portal wollen sie für Bürger auch weiterhin die Möglichkeit schaffen, über das Verbraucherinformationsgesetz an amtliche Kontrollergebnisse zu gelangen. Mitte Januar war das Angebot an den Start gegangen.

Manche Ergebnisse lesen sich nun wenig appetitlich. So habe es zum Beispiel schwere Mängel bei einer Fast Food-Kette in Sinsheim (Baden-Württemberg) gegeben. Der Lagerraum sei verschmutzt gewesen, ein Wechsel des Fetts überfällig und das Spülwasser habe gestunken.

In den Kühlräumen eines Hotels in Leipzig habe es schimmelähnliche Beläge gegeben und in der Küche eine defekte Kühlung. Und in Karlsruhe hätten sich in einer Fast-Food-Filiale Schaben als «massiver Schädlingsbefall» gefunden.

Ziel der beiden Initiativen ist es, ein Smiley-System wie in Dänemark zu etablieren. Dort könne jeder Bürger an der Ladentür oder im Internet ablesen, wie es in Lebensmittelbetrieben um die Hygiene bestellt sei. Seit der Einführung der mehr oder weniger lächelnden Gesichter 2002 habe sich die Quote der Betriebe, die nach Kontrollen beanstandet wurden, halbiert - von 30 auf 15 Prozent.

In Deutschland liegt die offizielle Beanstandungsquote in Sachen Hygiene bei rund 25 Prozent. Einzelergebnisse der Kontrollen erfahren Verbraucher laut foodwatch jedoch nur selten. Die Neugier scheint aber groß zu sein: Insgesamt gingen bei «Topf Secret» seit Mitte Januar rund 26 000 Anträge ein. Ein Antragsteller konnte dabei auch mehrere Anfragen stellen. Mit Abstand die meisten Anträge pro 100.000 Einwohner kamen bisher aus Berlin (64,6) und Hamburg (59,1), die wenigsten aus Sachsen-Anhalt (15,3) und Thüringen (18,5).

Im Bundesländervergleich zeigten sich nach Angaben von foodwatch auch große Unterschiede, wie Behörden mit Bürgeranfragen umgingen. So hätten sie in Hamburg, Sachsen und Nordrhein-Westfalen die Hygiene-Berichte fast immer herausgegeben. In Schleswig-Holstein und den Berliner Bezirken Spandau und Neukölln sei die Herausgabe dagegen verweigert worden.

Nach Einschätzung der Initiative «Frag den Staat» haben Bürger einen gesetzlichen Anspruch auf die Hygiene-Kontrollergebnisse. Dennoch klagten zahlreiche Lebensmittelbetriebe gegen Behörden, die solche Ergebnisse veröffentlichten. Bisher hätten Betriebe bei allen drei bereits verkündeten Urteilen verloren, sagte Arne Semsrott, Projektleiter von «Frag den Staat».
dpa
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Kommentare 
Dr. Gero Beckmann, Fachtierarzt für Mikrobiologie schrieb am 22.05.2019 15:39 Uhrzustimmen(11) widersprechen(0)
Dass die relativ häufigsten Anfragen in Berlin erfolgten, verwundert angesichts der gefühlten und praktizierten Kritikfähigkeit der Hauptstädter nicht. Auch wurden diese pikanterweise vor Jahren noch kaum mit den wirklich relevanten Fakten z.B. bei nationalen Lebensmittelrückrufen versorgt. Erst die von der damaligen Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner etablierte bundeseinheitliche, offizielle Plattform "www.lebensmittelwarnungen.de" hatte hier Abhilfe geschaffen. - Die nun von den NGOs als besonders eklatante Fälle deklarierten Verstöße sind nun angesichts der realen Gesundheitsgefährdungen z.B. durch Lebensmittelpathogene wie Campylobacter coli/jenuni zwar medial hochgejazzt, aber bei Lichte besehen eher "feuchtes Nasenwasser".
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