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03.03.2024 | 16:53 | Hörvermögen 

Hörgesundheit wichtig für gesellschaftliche Teilhabe

Dresden - HNO-Spezialist Marcus Neudert hat vor Auswirkungen von Schwerhörigkeit vor allem in der Kinderzeit und im Alter gewarnt.

Hörvermögen
Mehr Gehör für die Belange Gehörloser und Schwerhöriger: Der 3. März wird jedes Jahr als internationaler Tag des Hörens begangen. Experten weisen darauf hin, wie wichtig die Hörgesundheit ist. (c) proplanta
«Es ist wichtig, das Hörvermögen so lange wie möglich aufrechtzuerhalten und so schnell wie möglich auszugleichen, wenn es schlechter wird», sagte der Professor vom Universitätsklinikum Dresden der Deutschen Presse-Agentur. Brillen oder Kontaktlinsen würden heute in der Gesellschaft als normal empfunden, Hörgeräte dagegen eher stigmatisiert. «In Deutschland ist die Versorgung mit Hörgeräten und Hör-Technologien noch immer dem Bedarf hinterher. Das muss sich ändern.»

Neudert, Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunden und Leiter des HörCentrums am Uniklinikum, verweist auf Folgen dieser Einstellung. Ältere Menschen, bei denen der Hörverlust mit Hörgeräten ausgeglichen werde, hätten ein um das 1,3-fache geringeres Risiko, an einer fortschreitenden Demenz zu erkranken.

Schwerhörigkeit führe oft zu einem sozialen Rückzug. «Der Opa geht nicht mehr zur Familienfeier, die ältere Frau trifft sich nicht mehr mit Freundinnen, weil sie dem Gespräch in der Gruppe nicht mehr folgen kann. Man gerät schnell in die Ecke, Dinge nicht mehr zu verstehen, weil man sie nicht hört.»

Auch bei Neugeborenen und kleinen Kindern sei der Ausgleich von Hörschäden äußerst wichtig - etwa für den späteren Spracherwerb, so Neudert. Der jüngste Patient am HörCentrum ist gerade einmal zwei Monate alt. Taube Kinder werden heute zwischen dem 7. und 9. Lebensmonat mit Cochlea-Implantaten (CI) versorgt. Hier wird das Innenohr mit elektrischen Impulsen so gereizt, dass Höreindrücke entstehen.

«Die gute Nachricht ist, dass wir heute aufgrund der Entwicklung der Medizinprodukte und Gerätetechnologien in der Lage sind, fast jede Form von Schwerhörigkeit zu behandeln - sei es mit einem konventionellen Hörgerät, mit passiven Mittelohr-Prothesen, teil-implantierbaren Hörgeräten oder mit CI. Das ist eine fantastische Entwicklung.»

Laut Neudert geht es darum, für jeden Patienten das geeignete System zu finden. «Man kann die verschiedenen Geräte nicht wie im Supermarkt auswählen, sie sind nicht einfach austauschbar. Wir müssen die jeweiligen Ursachen der Schwerhörigkeit und die anatomischen Voraussetzungen beachten.» Deshalb sei es wichtig, dass ein Hörzentrum wie das am Dresdner Uniklinikum eine komplette Versorgungsstrecke anbietet.

«Wenn eine Behandlung nicht zum gewünschten Erfolg führt, kann man schauen, was sich sonst noch machen lässt. Die notwendige Diagnostik und Technik für die individuelle Beratung vorzuhalten, kann von den niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen schwer geleistet werden.» Man pflege deshalb enge Kooperation mit Hörgeräte-Akustikern und HNO-Ärzten.

Neudert zufolge ist vieles in der Forschung noch Zukunftsmusik - auch wenn man heute schon Bilder sehen könne, wo eine menschliche Ohrmuschel auf einem Mäuserücken gewachsen ist. Viel interessanter seien die Vorgänge im Innenohr. «Bei hochgradigen Schwerhörigkeiten ist oft die Hörschnecke betroffen, weil die Haarzellen im Inneren kaputt sind. Da gibt es in der Forschung Ansätze, Haarzellen wieder zu regenerieren oder aus Stammzellen zu züchten. Allerdings sind das bisher nur experimentelle Ansätze, von einer klinischen Anwendung sind wir noch weit entfernt.» Dennoch könnte der große Wunsch von Forschern und Patienten eines Tages in Erfüllung gehen.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat den 3. März zum internationalen Tag des Hörens erklärt, um auf die Belange Betroffener aufmerksam zu machen.
dpa/sn
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