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30.09.2008 | 17:16 | Menschen 

Jetzt auch noch CSU-Chef - Seehofer wollte immer schon hoch hinaus

Berlin - Insgeheim galt er längst schon als der Mann für Plan B: Horst Seehofer.

Horst Seehofer
(c) Dt. Bundestag
Nach dem CSU-Debakel bei der Landtagswahl in Bayern erreicht der Parteivize nun sein Ziel: Zusätzlich zum Amt als Bundeslandwirtschaftsminister in Berlin wird Seehofer auch noch CSU- Chef. Und das, obwohl er erst im vergangenen Jahr noch Erwin Huber bei der Wahl zum Parteivorsitzenden unterlegen war. Den Traum, irgendwann doch noch an der Spitze zu stehen, gab er nie auf.

Offiziell sagte der 59-Jährige in den vergangenen Wahlkampf-Wochen stets nur: «Es gibt keinen Plan B.» Viel mehr als üblich war Seehofer in Bayern unterwegs. In Berlin machte er sich mitunter rar. Die Hürde für die Landtagswahl hängte er höher als die anderen, indem er trotz all der schlechten Umfragen ein Ergebnis von 52 Prozent als Zielmarke ausgab. Huber und Ministerpräsident Günther Beckstein sprachen derweil von «50 plus X».

Innerhalb der CSU hat der gebürtige Ingolstädter bislang keine große Hausmacht. Er punktete damit, dass er mit der Basis gut «kann». Und im Machtkampf um die Parteispitze erwähnte er vergangenes Jahr schon stets, dass es von Vorteil sei, in Berlin zu sein. In der CSU, die sich mit einer Rolle als bayerischer Ableger der Union noch nie begnügen wollte, ist dies nach dem Wahlergebnis vom Sonntag (43,4 Prozent) ein noch wichtigeres Argument geworden.

Seehofer, der gern auch als soziales Gewissen der Union bezeichnet wird, gilt als politisches Stehaufmännchen. Seit 1980 schon sitzt er als direkt gewählter Abgeordneter für seinen Wahlkreis Ingolstadt im Bundestag. Von 1992 bis 1998 war er unter Kanzler Helmut Kohl (CSU) bereits Gesundheitsminister. 2001 machte ihm die eigene Gesundheit schwer zu schaffen. Seehofer erkrankte an einer lebensgefährlichen Herzmuskelentzündung und zog sich kurzzeitig aus der Politik zurück.

Mit Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) erlebte er dann 2003 «eine der schöneren Nächte», als beide die damalige Gesundheitsreform festzurrten. Nachdem er 2004 im Streit über die Gesundheits- Kopfpauschale seinen Posten als Unions-Fraktionsvize hinschmiss, beschrieb Seehofer sich selbst als «politisch tot».

Aber ein Jahr später brachte ihn der damalige CSU-Chef Edmund Stoiber wieder ins Bundeskabinett, diesmal unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Auf der Grünen Woche in Berlin kündigte er an, weder Öko-Bauern noch konventionelle Landwirte zu bevorzugen. Der CSU- Politiker sitzt allerdings manchmal zwischen allen Stühlen. Er sieht sich gern als Krisenmanager - ob bei Vogelgrippe oder Milchlieferstopp.

SPD und Opposition werfen ihm einen «Zick-Zack-Kurs» vor. Die harsche Kritik seiner Landsleute in Bayern an Gentechnik auf dem Acker ließ Seehofer zum Bedenkenträger werden. Seine Skepsis gegen eine farbliche Kennzeichnung von Lebensmitteln legte er praktisch ab, worüber sich die Wirtschaft wunderte. FDP-Agrarpolitiker Hans-Michael Goldmann nennt Seehofer einen «Populisten». «Bis heute hat Horst Seehofer kein Gespür und Interesse für die Sorgen der Bauern und der Verbraucher entwickelt.»

Eine Krise ganz anderer Art wurde für Seehofer ein außereheliches Verhältnis mit einer Bundestagsmitarbeiterin. Er kam in die Schlagzeilen und wurde zum vierten Mal Vater. Kurz darauf, wenige Monate vor der Entscheidung über den CSU-Vorsitz, erklärte Seehofer dann, er habe sich für seine Ehefrau entschieden. Eigentlich hatte er viel früher eine Entscheidung dazu angekündigt. Doch Seehofer - das sagen Vertraute auch heute noch - sorgt immer wieder für Überraschungen. (dpa)
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