(c) Dt. Bundestag In Kiew bekam der Bundeslandwirtschaftsminister die Ehrendoktorwürde verliehen. Der CSU-Vize war drei Tage lang in der Ukraine unterwegs, wo vor einigen Monaten auch der frühere CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber zu Gast war. «Ich bin mit Verzögerung auf Stoibers Spur», sagt Seehofer und lacht, weil er genau weiß, wie der Satz interpretiert werden kann. Im Herbst vergangenen Jahres unterlag er seinem Konkurrenten Erwin Huber bei der Wahl zum Stoiber-Nachfolger an der Parteispitze. Die Ambitionen auf den CSU-Vorsitz hat er seitdem allerdings nicht aufgegeben.
In Bayern steht Ende September die Landtagswahl an, und Huber hat wegen der Folgen der Finanzkrise auf die Bayern LB, dem Aus für den Münchner Transrapid und anderer Querelen mit Kritik zu kämpfen. Auch im Verhältnis zwischen der CSU und der Schwesterpartei steht wegen des Streits über die alte Pendlerpauschale derzeit nicht alles zum besten. Und so sagte Seehofer bei der Verleihung der Ehrendoktorwürde am Donnerstag in Kiew, er werde Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kommende Woche nahelegen, dass er ja nun mit dem Doktortitel im Hintergrund ein «unabhängiger Politiker» sei. «Unabhängige Politiker können allerdings auch sehr unangenehm werden», schob er nach.
In der Ukraine bemühte sich Seehofer, möglichst keinen Satz zum Streit mit der Schwesterpartei CDU und zur Lage der Koalition nach dem jüngsten Spitzentreffen zu sagen. Doch der Freistaat war allerorten vertreten - und damit fast ein bisschen Wahlkampfstimmung.
Der Landwirt, dem Seehofer in der Südukraine einen Besuch abstattete: ein Bayer. Der Pfarrer der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Katharinen-Gemeinde in Kiew: ein Bayer. Auf einer Agrarmesse in Kiew sagte Seehofer: «Verachtet mir die Bayern nicht!» Eigentlich meinte er die Bauern und korrigierte sich schnell, nicht ohne eifriges Klatschen der anwesenden Bayern.
Die Ehrendoktorwürde machte Seehofer fast sprachlos. Die Verleihung war für ihn der «mit Abstand bewegendste Moment» in seinem bisherigen politischen Leben, räumte er ein. Der Rektor der Nationalen Agraruniversität sagte ihm ein «lebenslanges Recht auf Aufmerksamkeit» zu, wann immer er nach Kiew komme. Und so hat Seehofer schon jetzt einige Alternativen, wenn er sich irgendwann politisch aufs Altenteil zurückziehen will. Er könne nun ruhig aufs Rentenalter blicken, denn er habe die Aussicht auf «anspruchsvolle Beschäftigungsmöglichkeit», sagte Seehofer.
In Berlin erwartet ihn aber zunächst wieder der Regierungs- und Koalitionsalltag. Die «Bild»-Zeitung hatte ihm kürzlich vorgeworfen, er sei untergetaucht, wenn es um die Interessen der Verbraucher gehe - zum Beispiel beim Milchpreis, wo er für die Milchbauern eintrete.
Seehofer gab sich in der Ukraine kämpferisch. Als ihm Wirtschaftsvertreter vorhielten, die geplante Reform der Erbschaftsteuer sei ein «Skandal» für den Mittelstand, sagte er: «Die CSU ist hier sehr standhaft. Ich hoffe, dass sie standhaft bleibt über das Jahr.» Mit dem Ehrendoktor mögen ihm die künftigen Operationen - in der CSU und in der Koalition - leichter fallen.
Die Politiker stünden in der gesellschaftlichen Anerkennung ziemlich am Ende der Tabelle, sagte Seehofer. «Die Ärzte ganz vorne.» (dpa)
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