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09.10.2008 | 15:56 | Börsengänge 

Angst vor dem Parkett - Finanzkrise durchkreuzt Börsenpläne

Frankfurt/Main - Die Unternehmen scheuen den Sprung aufs Parkett: Die Finanzkrise hat den Markt für Börsengänge weitgehend leergefegt.

Bulle & Bär
(c) Heino Pattschull - fotolia.com
Kaum ein Anleger ist angesichts des massiven Drucks auf die Aktienmärkte bereit, große Summen zu investieren, schon gar nicht in Neuemissionen. Kein Wunder, dass die meisten Kandidaten ihr Debüt auf dem Parkett verschoben haben. Jüngstes Beispiel ist die Solarfirma Schott Solar - das Unternehmen hat seine Pläne nach langem hin und her in letzter Sekunde verworfen. Ob die Bahn den Schritt aufs Parkett schafft, ist in diesem Umfeld und in Anbetracht des politischen Widerstandes ebenfalls fraglich geworden.

Schon das ganze Jahr über war das Klima für Börsengänge rau. Mit SMA Solar und GK Software starteten bisher nur zwei Firmen im stark regulierten Prime Standard der Frankfurter Wertpapierbörse. 2007 gab es noch 21 Neulinge in dem Segment. Dabei hatte sich der Markt seit dem Platzen der New-Economy-Blase gerade erst wieder aufgerappelt: 2003, als der Aktienmarkt seinen Tiefstand erreicht hatte, zählte die Deutsche Börse nur einen Neuzugang - ausgerechnet den jetzt schwer angeschlagenen Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate. Auch international ist die Zahl der Neuemissionen auf den niedrigsten Stand seit fünf Jahren gefallen, wie eine Studie der Beratungsgesellschaft Ernst & Young ergeben hat.

Wer momentan an die Börse will, muss Größe haben. «Alles was nicht in DAX, MDAX oder in einem anderen größeren Index ist, interessiert im Moment nicht», sagt Aktienhändler Thorsten Peiffer vom Wertpapierhandelshaus Lang & Schwarz. Der Markt für kleine Werte sei quasi tot. Anleger scheuen diese Aktien, da sie zu selten gehandelt werden, ein Ausstieg ist dann schwierig.

Nun geht es aber selbst den großen Börsenaspiranten an den Kragen. Schott Solar verkündete das vorläufige Aus erst am Mittwochabend, nur eine Nacht vor der anvisierten Erstnotiz am Donnerstagmorgen. Es wäre der bisher größte Börsengang in diesem Jahr gewesen. Das Umfeld sei «umwerfend schlecht», sagte ein Sprecher. «Wir werden jetzt abwarten, bis sich die Lage beruhigt hat, dann kommen wir gerne wieder an den Start.» Ob das noch in diesem Jahr sein könnte, darüber wollte er lieber nicht spekulieren.

Bleibt noch die Deutsche Bahn. Doch auch hier bestehen Zweifel, ob sie wie geplant 24,9 Prozent der Tochter DB Mobility Logistics zu einem akzeptablen Preis losschlagen kann. Offiziell gehen die Vorbereitungen trotz mahnender Stimmen aus der Politik in die entscheidende Phase. Ab Montag (13. Oktober) sollen Anleger die Aktien vorbestellen können, der eigentliche Gang aufs Parkett ist zwei Wochen später terminiert. Doch ein Branchenexperte ist sich sicher: «Im Extremfall kommt es zum Abbruch in letzter Sekunde. Auch wenn Ärger und Enttäuschung dann groß sein werden, wäre das allemal besser als ein scheiternder Börsengang.» Politiker haben bereits einen Plan B in die Runde geworfen: Sie wollen in einem ersten Schritt schlicht weniger Anteile unters Volk bringen.

Die Liste der abgesagten oder verschobenen Börsengänge ist auch ohne Schott Solar und vielleicht die Bahn schon lang genug. Im März machte die HSH Nordbank einen Rückzieher, weil Bankaktien auf breiter Front eingebrochen waren. Einen neuen Anlauf will das Institut «nach dem Ende der Finanzmarktkrise» wagen. Als Termin steht 2010 im Raum. Trübe sind die Börsenaussichten auch für MAN Roland. Der Druckmaschinenhersteller war Anfang Juni grundsätzlich bereit für den Gang aufs Parkett. Doch seitdem ging es mit der Branche rapide bergab, weil die Werbeindustrie als wichtiger Endabnehmer in die Krise rutschte.

Der Chemie- und Energiekonzern Evonik - hervorgegangen aus der Ruhrkohle AG - wählte im Sommer statt eines Börsengangs lieber den direkten Einstieg des britischen Finanzinvestors CVC. Frühestens im kommenden Jahr wollen die Essener nun darüber nachdenken, weitere Anteile über die Börse zu verkaufen. Es wäre ein wichtiges Signal, gehört das Unternehmen doch mit einem Gesamtwert von 10 Milliarden Euro zu den ganz großen in Deutschland. Doch wann es für Evonik und die anderen wieder einen guten Zeitpunkt für den Start ins Börsengeschehen gibt, das weiß im Moment niemand. «Da müssten wir in die Glaskugel schauen», sagt ein Händler. (dpa)
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