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18.01.2008 | 13:25 | Ölsaatenverarbeitung 

2006 verarbeiteten dezentrale Ölmühlen 900.000 t Rapssaat

Berlin - Die Verarbeitung von Ölsaaten in dezentralen Ölmühlen in Deutschland hat sich bemerkenswert entwickelt: Während 1999 noch 79 und 2004 bereits 219 Anlagen existent waren, waren im Jahr 2007 mindestens 585 dezentrale Ölmühlen in Betrieb.

Rapsöl
(c) proplanta
59 % der Ölmühlen wurden in den Jahren 2005 und 2006 errichtet. Im Jahr 2006 wurden rund 900.000 t Rapssaat in diesen Anlagen verarbeitet. Unter anderem wurden etwa 176.000 t als Rapsölkraftstoff und 115.000 t als Grundöl für die Biodieselherstellung vermarktet. Wichtiges Standbein ist mit 586.000 t die regional ausgerichtete Vermarktung von Rapspresskuchen als Eiweißkomponente für Tierfuttermittel. Steigende Rapssaatpreise und die zum 01. Januar 2008 eingeführte erste Stufe der Energiesteuer in Höhe von 8 Cent je Liter lassen jedoch jetzt eine Stilllegungswelle dieses jungen Betriebszweiges befürchten.

Im Auftrag der Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen e.V. führte das Technologie- und Förderzentrum (TFZ), Straubing, eine schriftliche Befragung bei Betreibern dezentraler Ölmühlen durch. Ziel war es, aktuelle Daten zur dezentralen Ölgewinnung in Deutschland zu erfassen. Eine bezogen auf die Standorte in den einzelnen Bundesländern repräsentative Gruppe aus 168 Ölmühlen konnte ausgewertet werden.

Im Jahr 2006 wurden, hochgerechnet auf 544 Ölmühlen, 889.000 t Rapssaat, dies entspricht 16,7 % der deutschen Rapsernte, in dezentralen Anlagen verarbeitet. Dabei wurden rund 303.000 t Rapsöl und 586.000 t Rapspresskuchen erzeugt. Die theoretische Saatverarbeitungskapazität (Betrieb der Ölmühlen bei Nennleistung und unterstellten 330 Presstagen in 585 Ölgewinnungsanlagen), hochgerechnet auf das Jahr 2007, liegt bei 1,7 Millionen Tonnen Rapssaat. Dies entspräche ca. 30 % der deutschen Rapsernte im Jahr 2007.

Der Produktionsschwerpunkt liegt bei 72 % der Betriebe in der Herstellung von Rapsölkraftstoff. Bezogen auf die hochgerechnete Gesamtmenge, des in dezentralen Ölmühlen im Jahr 2006 erzeugten Öls, wurden ca. 176.000 t als Rapsölkraftstoff, 115.000 t als Grundöl für die Umesterung, 10.000 t als Futteröl, 800 t als Speiseöl und 2.000 t für sonstige technische Zwecke vermarktet. Der Presskuchen wird zu nahezu 100 % als Futtermittel eingesetzt.


Regionale Wertschöpfung im Focus
Die dezentrale Ölgewinnung ist dadurch gekennzeichnet, dass Rohstoffe aus der Region verarbeitet und die erzeugten Produkte regional vermarktet werden. 8 % der Ölmühlenbetreiber verarbeiten ausschließlich Ölsaaten aus der eigenen Erzeugung und verbrauchen den anfallenden Presskuchen komplett im eigenen Betrieb. 11 % der Ölmühlen produzieren Öl ausschließlich für die Eigennutzung. 59 % der dezentralen Ölmühlen beziehen durchschnittlich die Rapssaat aus einem Umkreis von weniger als 25 km und vermarkten in diesem Gebiet auch den Presskuchen. Bei 47 % der Befragten wird das Öl bis zu einem Umkreis von durchschnittlich 25 km vermarktet. 

Gründe für den Bau einer dezentralen Ölgewinnungsanlage sind für viele Betreiber die Erhöhung der Wertschöpfung in der Landwirtschaft, außerdem eine Standort- und Arbeitsplatzsicherung sowie günstige Voraussetzungen für die Integration der Ölmühle in den vorhandenen Betrieb. Landwirte sehen auch den Vorteil, dass Koppelprodukte im landwirtschaftlichen Betrieb eingesetzt werden können. Selbst erzeugtes Speiseöl ergänzt das Sortiment im Hofladen. Als einen weiteren Vorteil wird die positive Ausstrahlung auf die Region gewertet, da regionale Wirtschaftskreisläufe gestärkt werden. Auch die Unabhängigkeit vom Mineralölmarkt, die Selbstversorgung, die Umweltfreundlichkeit des Verarbeitungsprozesses und der erzeugten Produkte sowie der Klimaschutz werden als Argumente genannt.

Die Einschätzungen der Zukunftschancen dezentraler Ölmühlen durch die Betreiber differiert sehr stark. Ansteigende Rapspreise sowie der Energiesteueraufschlag und dadurch resultierende höhere Preise für Öl im Endverkauf belasten die Wettbewerbsfähigkeit von Rapsölkraftstoff zu Dieselkraftstoff. Die Gewinnmargen werden inzwischen häufig als zu gering für einen wirtschaftlichen Betrieb einer dezentralen Ölmühle eingeschätzt.

Auf die Frage, ob Ölmühlenbetreiber, wenn sie erneut vor der Entscheidung stünden, wieder eine dezentrale Ölmühle errichten würden, antworteten nur noch 49 % mit „Ja“ (2004: 72 %) und 36 % mit „Nein“ (2004: 17 %). Dies spiegelt eine deutlich pessimistischere Einschätzung der Zukunft als bei der letzten Umfrage vor drei Jahren wider. (PD)
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