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25.11.2015 | 10:19 | Abgas-Affäre 

Audi-Chef nach VW-Skandal noch sicher?

Wolfsburg / Ingolstadt - Wie sich die Zeiten ändern können. Wann immer sich in Wolfsburg in den vergangenen Monaten das Personalkarussell drehte, fiel auch der Name von Audi-Chef Rupert Stadler.

Audi
Im gesamten VW-Konzern hängt der Haussegen schief. Mit den größeren 3-Liter-Motoren ist die Abgas-Affäre nun endgültig auch bei der Tochter Audi und deren Chef angekommen. Damit nicht genug: Die deutsche Justiz erhöht den Druck auf Volkswagen weiter. (c) proplanta
Sei es als Wunschkandidat des im Frühjahr geschassten VW-Patriarchen Ferdinand Piëch für den Posten des Konzernchefs oder dann im September unmittelbar vor der Neubesetzung des Top-Jobs.

Das ist längst passé. Denn mit dem Eingeständnis, dass auch bei der Volkswagen-Tochter Audi - also in seinem direkten Hoheitsbereich - eine zumindest in den USA verbotene Motorsoftware zum Einsatz kam, ist Stadler nun selbst in den Sog der größten Krise der Konzerngeschichte geraten. «Wenn Stadler das gewusst hat, ist er im Grund nicht in seinem Amt zu halten», heißt es aus dem Umfeld des mächtigen VW-Aufsichtsrats.

Die Wolfsburger Konzernzentrale reagiert da deutlich zurückhaltender. Offizielle Kommentare zur Rolle Stadlers waren Fehlanzeige. Zähneknirschend werden die laut US-Umweltbehörde EPA in Teilen falsch deklarierten 3,0-Liter-Aggregate von Audi, die auch in Modellen von Porsche und VW verbaut wurden, als «weiterer Rückschlag bei der Aufarbeitung der Affäre» bezeichnet.

Am Abend sagte ein Konzernsprecher mit Blick auf das Eingeständnis von Audi, der VW-Aufsichtsrat habe sich bereits am vergangenen Freitag mit der Thematik beschäftigt. «Hier wird mit gleicher Konsequenz die Aufklärung vorangetrieben wie bei den anderen Themen auch.»

Bei der Tochter Audi wurden die betroffenen Motoren gebaut. Aus Ingolstadt ist auf Nachfrage zu erfahren, dass Stadler sich nichts habe zu Schulden kommen lassen - im Gegenteil. «Herr Stadler treibt die Aufklärung mit hohem Nachdruck persönlich voran», sagt einer seiner Sprecher. Im Unternehmen sei zunächst davon ausgegangen worden, dass die Software, die in den USA als betrügerisch eingestuft wird, nicht genehmigungspflichtig gewesen sei.

Muss also Stadler auch nicht um seinen Chefsessel bangen? Rund um Wolfsburg will dies niemand so deutlich sagen. Weder von Konzernchef Matthias Müller noch anderen Mitgliedern des Vorstands waren zunächst jedoch Worte der Rückendeckung zu hören.

Im VW-Umfeld ruft die Situation Erinnerungen an den unfreiwilligen Abgang von Konzernchef Martin Winterkorn wach. Dieser hatte sich im September nach dem Bekanntwerden der millionenfachen Manipulationen bei VW-Dieseln auch zunächst als Aufklärer gesehen. Am Ende musste er aber doch den Hut nehmen. Für einen glaubhaften Neuanfang war sein Rücktritt unvermeidlich, hieß es später auch aus dem Aufsichtsrat.

Autoexperte Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler sieht nun ebenfalls ein Fragezeichen hinter der Zukunft Stadlers: «Jetzt ist der Fall auch richtig bei Audi angekommen.» Stadlers Amt sei nun «sicher eine wacklige Position». Allerdings wiege der Fall bei Audi auf den ersten Blick noch nicht so schwer wie die Software-Manipulationen bei VW. Deshalb glaube er nicht, dass Stadler am Ende gehen müsse. Entscheidend sei, dass eine hundertprozentige Aufklärung erfolge.

Passend zu den schlechten Nachrichten für den VW-Konzern meldet sich am Dienstag auch noch die Staatsanwaltschaft in Braunschweig zu Wort. Nicht nur der massenhafte Betrug bei Dieselmotoren beschäftigt nun die dortigen Ermittler. Gegen gleich fünf Beschuldigte «aus dem Bereich des VW-Konzerns» werde inzwischen zudem wegen möglicher Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit den falschen CO2-Angaben ermittelt, sagt Oberstaatsanwalt Klaus Ziehe.

Wie viele andere Juristen rund um den Erdball befasst sich auch die Behörde aus Braunschweig schon länger mit VW. Während die Ermittler bislang - und damit auch bei der Razzia Anfang Oktober - nur die Verantwortlichen des Diesel-Skandals suchten, geht es jetzt auch um fehlende Steuereinnahmen für den Fiskus.

In Wolfsburg hat man längst aufgehört, die Hiobsbotschaften zu zählen. Ob jedoch angesichts der jüngsten Entwicklungen die nächste Krisensitzung des Aufsichtsrates wie geplant noch bis zum 9. Dezember auf sich warten lassen kann, darf - wie Stadlers Posten - zumindest mit einem großen Fragezeichen versehen werden.
dpa
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