Der lange Winter macht den Bauern in Rheinland-Pfalz schwer zu schaffen. Frischen Spargel aus der Heimat wird es zum Beginn des Aprils wohl ebenso wenig wie Spinat oder Salat geben. Das ergab eine
Umfrage der Nachrichtenagentur dpa. Die Bauern befürchten Umsatzeinbußen. Außerdem hängen Getreide und Zuckerrüben dem Zeitplan hinterher.
Winzer und Obstbauern freuen sich dagegen: Weil die Pflanzen später austreiben, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass der Spätfrost Schäden anrichten kann.
«Die Landwirte sitzen auf heißen Kohlen», sagte die Sprecherin des Bauern- und Winzerverbands Rheinland-Pfalz Süd, Andrea Adams. Im Vergleich zu anderen Regionen im Norden und Osten Deutschlands, wo wegen der frostigen Böden noch nicht einmal Salate gesetzt werden konnten, kommt Rheinland-Pfalz aber aus Expertensicht noch gut weg.
In MUTTERSTADT macht sich der Pfalzmarkt, ein genossenschaftlicher Zusammenschluss von über 1.400 Obst- und Gemüsebauern, Sorgen: «Auf einen großen Teil des Ostergeschäfts werden wir wohl verzichten müssen», sagt Vertriebsleiter Karl Völcker. Die Ware sei zwar da, aber noch nicht reif. «Wir können sie nur noch nicht ernten.» Bunte Salate oder Spinat haben es zum Osterfest nicht mehr in die Läden geschafft. Nach Genossenschaftsangaben ist dies vor allem für die Spinatbauern hart: Bei dem Blattgemüse mache das Ostergeschäft mehr als die Hälfte des Jahresumsatzes aus.
Spargelbauer Andreas Zein aus ERPOLZHEIM im Kreis Bad Dürkheim hat allen Grund, mit Ertragsausfällen zu rechnen: «Letztes Jahr haben wir am 28. März mit der Ernte begonnen», sagt der Landwirt. «Jetzt werden wir erst am 10. April anfangen. Das können wir nicht mehr reinholen.»
Der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau in KOBLENZ sieht das auch so - Spargelbauern müssen mit Einbußen rechnen. Die Witterung verzögere außerdem die Aussaat des Sommergetreides. Dieser Zeitverlust könne aber bei Sonne und Wärme sehr schnell wettgemacht werden, sagte Herbert Netter, Referent für pflanzliche Produktion. «Wichtig ist nun trockenes Wetter, so dass die Böden recht flott befahrbar sein werden.» Schnee und Kälte im März seien für die Bauern allerdings nicht unbekannt. Auch 2010 sei der letzte Schnee erst in der letzten Märzwoche weggetaut. Zudem sinke bei kaltem Wetter die Zahl der
Schädlinge, so dass weniger Pflanzenschutzmittel nötig sei.
Für die
Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz in BAD KREUZNACH war der kalte März jedoch ein Phänomen: «Dass sich die extreme Kälte mit konstantem Nachtfrost so lange hält, ist schon ungewöhnlich», sagt Pressereferent Frieder Zimmermann. Auch er berichtet, dass die Bauern im Rückstand mit der Aussaat von Sommergetreide seien - vor allem im Mittelgebirge.
Der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd in MAINZ beklagt Ähnliches: «Dieses Jahr kommt alles zeitverzögert», sagt Sprecherin Adams. «Normalerweise sollten die Bauern inzwischen schon dabei sein, Zuckerrüben auszusäen. Dieses Jahr konnten sie teilweise noch nicht einmal die
Frühkartoffeln ausbringen, weil der Boden noch gefroren ist.»
Der Präsident des Verbands der Deutschen Prädikatsweingüter (VDP), Steffen Christmann, hat Mandelbäume in seinen Weinbergen in NEUSTADT AN DER WEINSTRASSE. Doch sie sind noch nicht in voller Blüte wie sonst zu dieser Jahreszeit. «Dass es so lange kalt ist, kennen wir eigentlich gar nicht mehr», sagt der Winzer. Die frühen Triebe, die dem Märzfrost zum Opfer fielen, bereiten ihm aber kein Kopfzerbrechen: Gewerblich genutzt werden die Mandeln schon seit den 1950er Jahren nicht mehr. Für sein Weingut ist Christmann trotz der Kälte aber guter Dinge: Innerhalb von 14 Tagen könnten die Reben wieder einholen, was sie bislang an Wachstum verpasst hätten.
Tim Leschinsky, Sprecher des Verbands der Deutschen Prädikatsweingüter, geht sogar noch etwas weiter: «Als Winzer freuen wir uns darüber, dass es kalt ist. Dadurch haben wir keinen verfrühten Austrieb.» Tendenziell verhindere dies die Gefahr, dass bei Spätfrost die jungen Triebe abfrieren. (dpa/lrs)