Die Demokratin Hillary Clinton wollte den von US-Präsident Barack
Obama eingeleiteten Kurs eines engagierten Kampfes gegen den
Klimawandel fortsetzen. Ihr republikanischer Konkurrent Donald Trump, der die
Erderwärmung einst als von China in die Welt gesetzte Ente bezeichnet hatte, sprach sich für das Gegenteil aus: das Pariser Klimaabkommen auflösen, genau wie die US-Umweltschutzbehörde EPA und Obamas «Clean Power Plan» für mehr erneuerbare Energien. Stattdessen: Kohle.
Mit großer Sorge beobachteten deshalb Klimaexperten weltweit die US-Wahl - und die Nachricht vom Sieg Trumps platzte mitten in den Weltklimagipfel von Marrakesch. In der marokkanischen Metropole arbeiteten die Delegierten Verfahren und Zeitpläne zur konkreten Umsetzung der Pariser
Klimaziele aus. In der französischen Hauptstadt hatte die Weltgemeinschaft im vergangenen Jahr unter anderem vereinbart, dass die gefährliche Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad, besser 1,5 Grad, begrenzt werden soll.
In der ersten Woche hatten in Marrakesch vor allem Experten verhandelt, für die bevorstehende entscheidende Phase werden Politiker wie Bundesumweltministerin Barbara Hendricks erwartet. Aus den USA reisen unter anderem Außenminister John Kerry und der Klimawandel-Sonderbeauftragte Jonathan Pershing an.
«Die USA reisen nach Marrakesch in Vorfreude darauf, den nächsten Schritt in unseren kollektiven Anstrengungen zu unternehmen, und wir sind bereit, mit unseren Partnern weltweit die Versprechen von Paris umzusetzen», ließ Pershing mitteilen. Natürlich werde er trotz der Trump-Wahl nach Marrakesch reisen, wird Außenminister Kerry in US-Medien zitiert. «Vielleicht ist es jetzt sogar noch wichtiger.»
Wie es danach ab Januar in den USA unter einem Präsidenten Trump in Sachen
Klimaschutz weitergehen wird, ist noch völlig unklar. Wird er seine Ankündigungen wahr machen - und wenn ja, wie? Oder war das doch alles nur Wahlkampfgetöse? Die Aussagen seien jedenfalls «absolut nicht hilfreich» gewesen, sagt Todd Stern, der das Abkommen für die USA mit ausgehandelt hat. Aber: «Ich habe Regierungen kommen und gehen sehen, und der Fakt, dass sie manche Klima-Sachen für den Applaus gesagt haben, muss nicht unbedingt bedeuten, dass er das Pariser Abkommen verlässt - oder vielleicht doch.»
Das wäre allerdings gar nicht so einfach. Der Pakt ist Anfang November in Kraft getreten - deutlich schneller als sonst bei internationalen Abkommen üblich, befeuert unter anderem von einer drohenden Trump-Präsidentschaft. Auf den Austrittsparagraf 28 könnte Trump sich frühestens in drei Jahren berufen und dann würde es nochmal ein Jahr dauern, bis der Austritt in Kraft tritt. Dann wären Trumps vier Jahre, für die er erstmal gewählt ist, so gut wie vorbei.
Radikaler, aber paradoxerweise einfacher wäre es, sich aus dem Dachabkommen von Paris zurückzuziehen, der 1992 verabschiedeten Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen. Das könnte Trump schon im ersten Jahr seiner Präsidentschaft erreichen. Eine weitere Option: Nichts tun. Einfach keine Anstrengungen zur Umsetzung des Klimaabkommens unternehmen.
Das wäre zwar nicht im Sinne des Abkommens, legal aber zulässig - und für das Ziel des Regelwerks wohl quasi genauso schädlich wie ein Austritt. Schließlich sind die USA für den weltweit zweitgrößten Ausstoß von Treibhausgasen verantwortlich. Ihr Mitziehen ist für den Erfolg des Abkommens unerlässlich - praktisch wie symbolisch.
Auch die US-Umweltschutzbehörde EPA und Obamas «Clean Power Plan» abzuschaffen oder zumindest weitgehend auszuhöhlen, ist legal nicht ganz einfach, aber Experten zufolge auch nicht undenkbar. Ein für Klimaschützer bedrohliches Zeichen, dass er es ernst meint, hat Trump schon gesendet: Myron Ebell, ein Energieexperte und bekennender Klimawandel-Skeptiker, soll Gerüchten zufolge die Übergabe der EPA organisieren.
Pro Klimaschutz orientierte Politiker und Experten geben sich betont kämpferisch. «Einer meiner ersten Gedanken war: Jetzt erst recht», sagte Bundesumweltministerin Hendricks, die am Montag nach Marrakesch reist. «Jetzt müssen wir Klimaschützer zeigen, dass wir Völkerrecht ernst nehmen, dass wir unsere Aufgaben zum Wohl des Planeten zu erfüllen haben.»
Die USA seien ein Vertragspartner von Paris - «und völkerrechtliche Verpflichtungen gelten fort, unabhängig davon, wer die Regierung stellt». Das sieht Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, ähnlich. «Unabhängig von der Wahl wird der Paris-Prozess weitergehen. Die wesentlichen Impulse kommen hier schon längst nicht mehr aus Amerika, sondern aus Asien und Europa.»
Ein Ausstieg aus dem Pariser Abkommen wäre «extrem beschädigend» für die USA, sagt US-Klimaverhandler Stern. Partnerländer würden stark verärgert - und das vielleicht auch in anderen Fragen durschimmern lassen. «Also warum sollte man - nur um einen politischen Punkt zu setzen - sich so selbst in den Fuß schießen?»