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27.08.2008 | 18:57 | Wasserressourcen 

Wasserkrise in Nahost - Situation wird immer dramatischer

Bet Sche'an - Schuldirektorin Ilanit Eran ist stolz. Ihr Gymnasium «Geon Hayarden» in Bet Sche'an in Nordisrael ist vom Bildungsministerium als «grüne Schule» anerkannt worden.

Wasserkrise
(c) proplanta
Vor allem aber ist Eran stolz auf ihre Schüler. Denn die haben in den letzten Jahren ein hohes Umweltbewusstsein entwickelt, haben zum Beispiel ein eigenes Abwassersystem gebaut. «Und wir haben erkannt, dass die Wasserkrise in der Region nicht nur uns betrifft, sondern auch unsere Nachbarn, die Palästinenser und die Jordanier. Deshalb arbeiten wir hier alle zusammen», sagt sie. Die Schüler aus den drei Gebieten treffen sich regelmäßig, um über Umweltthemen zu sprechen und Projekte vorzustellen.

Die Wasserkrise in Israel und der gesamten Region spitzt sich zu. So ist der See Genezareth, Israels größte Trinkwasserquelle, dieses Jahr auf den niedrigsten Stand seit fünf Jahren gesunken. Die Gründe für den akuten Wassermangel sind vielfältig. Weniger Regen und steigende Temperaturen - Folgen des Klimawandels nach Ansicht des israelischen Umweltministeriums. Nach einem Anfang August veröffentlichten Bericht rechnen die Experten bis 2020 mit einem durchschnittlichen Temperaturanstieg von 1,5 Grad Celsius. Fünf Grad sollen es dann bis zum Jahr 2100 sein. Gleichzeitig wird sich die Niederschlagsmenge bis 2020 um zehn Prozent und bis 2050 um 20 Prozent verringern.

Weitere Faktoren sind die hohe Einwanderungsquote in Israel und ein steigender Lebensstandard, die zu einem erhöhten Wasserbedarf führen. Statistiken zufolge kommen jedes Jahr mindestens 20 000 Einwanderer ins Land, bei einer Gesamtbevölkerung von derzeit 7,3 Millionen. Hinzu kommt die Verschmutzung von Flüssen wie dem Jordan, beispielsweise durch fehlende Abwassersysteme auf der jordanischen Seite des Flusses. «Wir Israelis leben nicht allein hier, wir in der Region sind alle vom Wasser abhängig», sagt Gidon Bromberg, Direktor der Umweltorganisation «Friends of the Earth Middle East» (FOEME) in Israel. «Nur durch ein erhöhtes Umweltbewusstsein auf allen Seiten der Grenzen und der Bereitschaft zusammenzuarbeiten, können wir der Krise Herr werden.»

Doch was wird konkret getan? «Wir müssen neue Bewässerungsmethoden für die Landwirtschaft entwickeln. So nutzen wir zum Beispiel schon verstärkt die sparsamere Tröpfchenbewässerung», sagt Gil Korati von der Wasserbehörde im Bet-Sche'an-Tal. «Mit zahlreichen Kampagnen versuchen wir, die Menschen zum Wassersparen aufzurufen und zu einem generell höheren Umweltbewusstsein zu erziehen», sagt Dani Tamari, Bürgermeister von Bet Sche'an. «Außerdem versuchen wir, uns gemeinsam mit den Jordaniern und Palästinensern an einen Tisch zu setzen. Es ist nicht einfach, auf allen Seiten ist Misstrauen zu spüren. Aber es ist ein Anfang. Wenn wir reden, schießen wir nicht», sagt Tamari.

Umweltorganisationen wie FOEME aber geht das noch nicht weit genug. Sie fordern mehr Einsatz, vor allem von den Behörden. «Die israelische Wasserbehörde verschwendet insbesondere Trinkwasser», sagt Bromberg. «Die Hälfte aller Wasservorräte werden für die Landwirtschaft verwendet, 30 Prozent davon sind Trinkwasser. Dabei macht die Landwirtschaft nur zwei Prozent des israelischen Bruttosozialprodukts aus. Allein ein Kilo Bananen benötigt 400 Liter Wasser! Hier fordern wir drastische Kürzungen.» Bromberg spricht sich auch für deutlich höhere Wasserpreise für die Privathaushalte aus.

Der Wassermangel im Nahen Osten hat auch politische Konsequenzen. «Wenn wir jetzt nicht handeln und uns gemeinsam für einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Wasser einsetzen, dürfte es in den kommenden Jahrzehnten zu Wasserkriegen in der Region kommen», prophezeit Bromberg.

Deshalb sind Schulprojekte wie in Bet Sche'an entscheidend. «Nur so können wir die Menschen schon früh zu Umweltbewusstsein und zum Abbau von Vorurteilen bewegen und damit ein positives Signal für die Zukunft setzen», meint Schuldirektorin Eran. Das Engagement der Schüler wird auch von der Politik belohnt. «Da wir zur «grünen Schule» gewählt wurden, erhalten wir vom israelischen Bildungsministerium eine erhöhte finanzielle Unterstützung.» (dpa)
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