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16.06.2012 | 12:49 | Nachhaltigkeits-Gipfel 

Gipfel der Völker - Gegenkurs zu Rio+20

Rio de Janeiro -  Die Stadt am Zuckerhut wird nächste Woche zwei Kraftzentren haben.

Gipfel der Völker
(c) proplanta
Während im Westen der Stadt mehr als 100 Staats- und Regierungschefs unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen über das Mammutthema nachhaltige Entwicklung debattieren, treffen sich in der Nähe von Rios Zentrum Globalisierungskritiker, Umweltschützer und Vertreter der Zivilgesellschaft zum «Gipfel der Völker». Sie fordern das, was sie den Regierungschefs nicht zutrauen: Einen wirklichen Wechsel hin zu einer umweltschonenderen Wirtschaft und soziale Gerechtigkeit.

30.000 Teilnehmer erwarten die Organisatoren des «Cupúla dos Povos» auf dem weitläufigen Parkgelände «Aterro do Flamengo». Hunderte Aktionen, Foren, Vorträge und Seminare stehen auf dem Programm. «Es soll ein Schrei werden gegen das Konzept der "Green Economy" und die Kommerzialisierung der Natur und des Lebens», formulierte Sandra Quintela, eine der Organisatorinnen, die Grundrichtung. Die Kritiker wollen vor allem Druck ausüben auf den offiziellen Gipfel, der etwa 40 Kilometer entfernt von der Gegenveranstaltung im Stadtteil Barra da Tijuca stattfindet.

Sie werten die bisherigen Zeichen vor allem aus den zurückliegenden Verhandlungsrunden über den Entwurf der Abschlussdeklaration für «Rio+20» als wenig ermutigend. Es gehe gar nicht um einen Wechsel der herrschenden Produktions- und Konsummodelle. «In den Verhandlungen wird unverändert am Glauben an eine unbegrenzt wachsende Wirtschaft festgehalten, die durch die Auslieferung der Natur an die Finanzmärkte finanziert wird», sagte Fátima Mello, die den Alternativ-Gipfel mit koordiniert.

Bei den radikalen Strömungen der Kritikern herrscht schon längst die Überzeugung, dass die Nachfolgekonferenz des legendären «Erdgipfels» von 1992, den Namen «Rio+20» nicht verdient. «Wir gehen 20 Jahre zurück. Nein, es wird ein Rio-minus-20 werden», prognostiziert der 45-jährige Gilvoneick Souza, der im roten T-Shirt mit dem Emblem der Hacker-Gruppe «Anonymous» bei einer Protestveranstaltung Flugblätter gegen «Rio+20» verteilt.

Der «Gipfel der Völker» ist bei aller Buntheit gut organisiert. Die Botschaften werden nicht nur via Internet verbreitet, sondern es gibt vom 15. bis 22. Juni ein Gipfel-Fernsehen («TV Cúpula») und ein eigenes Radioprogramm («Rádio Cúpula»), das im Internet gehört werden kann. «TV Cúpula wird zwei Stunden Programm haben, das dann im Laufe des Tages wiederholt wird. Zwei Stunden TV-Programm ist eine ganze Menge, und die Mitarbeit ist deshalb sehr wichtig», sagte Projektdirektor José Carlos Asbeg.

Die inhaltlichen Debatten konzentrieren sich auf Hauptthemen wie soziale und ökologische Gerechtigkeit, Energie, Arbeit, Ernährungssicherheit. Es gibt Parallelen zur Agenda des offiziellen Gipfels; doch dürften die Schlussfolgerungen völlig andere sein. Ob beim Stopp der Regenwaldabholzung, den Milliarden-Subventionen für fossile Brennstoffe, der Überfischung der Meere oder der Erschließung neuer Öl- und Gasfelder - der «Gipfel der Völker» wird klare Aus- und Umstiegsszenarien mit Zeiten, Zielen und Fristen fordern, um die ressourcenverschleißende Wirtschaftsweise zu beenden.

Ob es zwischen den Gipfeln zu Handreichungen kommt, bleibt abzuwarten. Doch der Wille zum Austausch ist da. Zumindest der Chef des UN-Umweltprogramms, Achim Steiner, ermunterte die Aktivisten ausdrücklich zur Kritik an der ausbleibenden Umsetzung von vielen international vereinbarten Umweltzielen: «Fragt die Politiker: Warum machen wir nicht mehr Fortschritte?» Die Antwort werden die Teilnehmer des «Gipfels der Völker» lautstark einfordern. (dpa)
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