Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
26.09.2018 | 08:51 | Honigreinigung 

Bienen arbeiten als effiziente Filteranlage

Veitshöchheim - Stefan Ammon taucht seinen kleinen Edelstahllöffel in das Honigglas und zieht ihn langsam nach oben.

Gefilterter Honig
Honig ist eines der ältesten Lebensmittel der Menschheit. Es wird von jeher auf die gleiche Weise produziert und muss vom Menschen im Grunde nur geerntet werden. Und dennoch ist Honig nicht gleich Honig. Das zeigt ein Test von mehr als 300 bayerischen Honigen. (c) proplanta
«Der Honig hat keine Verunreinigungen wie Pollenkörner oder Wachsreste und eine perfekte Konsistenz», sagt der Tester der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim (Landkreis Würzburg).

Ammon ist Obmann im Landesverband Bayerischer Imker und einer von 21 Juroren, die mehr als 300 verschiedene Honige von bayerischen Imkern prüfen. Unter strengen Vorgaben nehmen sie die süßen Bienenprodukte genau unter die Lupe.

Für die bayerische Honigprämierung werden sie sowohl sensorisch als auch analytisch geprüft. Welche Imker am Ende den «besten Honig Bayerns» haben, steht Anfang November fest. Dann sollen die Sieger in Eichstätt prämiert werden.

Honige aus den Kategorien «Frühtracht kristallisiert», «Sommertracht kristallisiert» und «Flüssiger Honig» gehen in diesem Jahr an den Start. Eingesandt wurden sie von Imkern, die im Verband organisiert sind. Nur rund 200 der 30.500 Verbandsimker sind Berufsimker, mehrere Hundert betreiben die Imkerei als Nebenerwerb, das Gros sind Freizeit- und Hobbyimker.

Genug Honig haben die Bienen trotz des heißen und trockenen Sommers eingesammelt. Vor allem in Bayern waren die Erträge allerdings unterdurchschnittlich. Nur rund 15 Kilogramm pro Volk sammelten die Imker im Freistaat während der Sommerernte im Schnitt ein, wie aus Daten des Fachzentrums Bienen und Imker beim Dienstleistungszentrum ländlicher Raum in Mayen hervorgeht. Im Jahr davor waren es noch 16 bis 18 Kilogramm gewesen. Deutschlandweit werden rund 1,2 Millionen Bienenvölker betreut. Ein Viertel davon lebt in Bayern.

Und deren Honig steht jährlich für die Prämierung auf dem Prüfstand. Anonymisiert werden dabei die äußeren, aber vor allem inneren Werte des Honigs getestet. So kontrollieren die Experten Gewicht, Aufmachung, Sauberkeit, Geschmack, Kristallisation sowie den Wasser- und Enzymgehalt.

Der Wassergehalt kann auch bei sonst als sehr gut bewerteten Honigen ein K.o.-Kriterium sein: «Nur ein Wasseranteil zwischen 13,0 und 16,7 Prozent kommt für eine Goldprämierung infrage. Bei mehr als 18,0 Prozent fällt der Honig aus der Wertung - denn dann erreicht er nicht die bei Verbandshonigen garantierte Haltbarkeit von zwei Jahren», erklärt Imker Michael Herrmann aus der Nähe von Hof.

Auch der so genannte Invertase-Gehalt, die Aktivität des Honig-Leitenzyms, ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal beim Honig. Dieser Gehalt zeigt an, wie häufig die Bienen den Nektar eingespeichelt, in ihrem Honigmagen aufgenommen und wieder ausgewürgt haben. «Je öfter dies geschieht, desto hochwertiger der Honig und seine antibakterielle Wirkung zum Beispiel in warmen Getränken bei einer Erkältung», sagt LWG-Expertin Illies.

Beim Geschmackstest wird der Honig 20 Sekunden lang auf der Zunge zerlassen und dann langsam nach unten geschluckt und dabei tief eingeatmet, um - wie beim Wein - einen langen Abgang zu schmecken.

In der Prüfkommission sitzen ausschließlich Imker, die selbst Bienen betreuen - zum Teil schon in der vierten Generation - und deren Nasen nichts entgeht. Wenn zum Beispiel die Deckel der Honiggläser beim Imker zu Hause im Wäscheraum oder in der Garage gelagert waren, «dann schmecken Sie das hinterher aus dem Honig heraus», sagt Obmann Ammon. Der Honig nehme Fremdgerüche leicht an.

Jedes Honigglas erzählt dabei seine eigene Geschichte: Blumig, fruchtig oder würzig - der «Goldfarbene» schmeckt dabei nicht einfach nur süß, sondern besitzt eine ganz eigene Geschmacksnote geprägt von der Region, in der er geerntet wurde, wie Ammon sagt.

Anders als die großen Hersteller, die weltweit Honig einkaufen und dann deren Bestandteile im Labor so vermischen, bis die festgelegte Qualität erreicht wird, schmeckten regionale Honige je nach Tracht und in jeder Saison etwas anders, sagt Imker Ammon. So schmecke beispielsweise Honig aus Lindenblütentracht nach Menthol und der flüssige Waldhonig laufe die Kehle malzig und würzig hinunter.

Tester wie Verbraucher können sich dabei auf Honig ganz ohne chemische Zusätze oder Verunreinigung verlassen. Frostschutzmittel im Wein, Antibiotika im Fleisch, Nitrat im Trinkwasser - Panschen ist dagegen beim Honig nicht möglich und auch Umweltgifte können sich im Honig nicht ablagern.

«Einen Honigskandal wird es nicht geben», ist sich Obmann Ammon sicher. «Der Honigmagen der Biene arbeitet wie ein Katalysator und filtert schädliche Substanzen, etwa Pflanzenschutzmittel, aus dem Honig heraus. Die Biene ist wie eine fliegende Filteranlage», sagt der Züchter.

Außerdem sei die deutsche Honigverordnung ähnlich wie das Reinheitsgebot beim Bier eine der strengsten der Welt. Vergeblich etwa versuchte man in den 1960er Jahren eine künstliche Honigcreme als Surrogat auf den Markt zu bringen, «Das war so eine Art Zuckerpaste, die sich aber nicht durchgesetzt hat», sagt Biologin Illies dazu.

Am Ende der Tests werden die Experten rund zehn Stunden lang die Honige getestet haben. Nach drei Stunden werden dabei die Aufgaben der Juroren gewechselt. «Dann brauchen die Geschmacksnerven eine Pause», sagt Illies augenzwinkernd.

Ob ein Honig ein Gold-, Silber- oder Bronzeprädikat des Imkerverbands erhält, entscheidet sich anhand der vergebenen Punkte. In den vergangenen Jahren konnte sich etwa ein Viertel der getesteten Honige mit einem Gold-Prädikat schmücken.

Die Prämierung hat der LWG zufolge in den vergangenen Jahren deutlich an Zulauf gewonnen. Während 2014 noch 166 Honige eingereicht wurden, waren es 2016 schon 184 Honige und heuer mehr als 300. «Immer mehr Imker nehmen am freiwilligen Wettstreit teil, um die eigene Qualität auf den Prüfstand zu stellen», freut sich Illies.
dpa/lby
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Bienenseuche auch in Rosenheim festgestellt

 Faulbrut bei Bienen - München richtet Sperrzone ein

 Bei guter Pflege überstehen Bienen wechselhaftes Wetter gut

 Frühlingserwachen lockt ins Freie - Wochenstart wird nass

  Kommentierte Artikel

 Tag des Wolfes - Bauern machen Druck für vereinfachten Abschuss

 Erleichterungen bei GAP-Anträgen und Hanfanbau

 In der Corona-Pandemie wurden zu oft Antibiotika verschrieben

 Jäger sehen dringenden Handlungsbedarf bei Umgang mit Wölfen

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte