Das haben erste Prüfungen ergeben, wie aus einem Bericht des Rechnungshofs hervorgeht. Das Papier wurde am Donnerstag im zuständigen Ausschuss des Landtags diskutiert. Demnach wurden in mindestens 267 Fällen sogenannte Derivate eingesetzt. Betroffen seien drei Landkreise, zwölf Städte und 25 Abwasserverbände. Ob es sich um verbotene spekulative Geschäfte handelt, ist aber noch unklar.
Hintergrund ist ein Fall aus Bad Dürrenberg im Saalekreis, der Anfang Mai für Aufregung sorgte. Beim dortigen Abwasserzweckverband waren durch
Spekulation mit den Derivaten große Verluste aufgelaufen. Im Bericht des Rechnungshofs wird eine Summe von etwas mehr als vier Millionen Euro genannt.
«Das ist eine ernste Geschichte», sagte der Grünen-Finanzexperte Olaf Meister. Für die Absicherung von Krediten können Derivate zulässig sein, als reines Spekulationsprodukt - wie im Fall Bad Dürrenberg - sind sie den Kommunen verboten.
Besonders brisant: Manche Kommunen hätten die Verluste ihrer Zockerei in ihre Haushalte eingerechnet, sagte Meister. Bürger könnten dadurch für die Verluste zur Kasse gebeten worden sein - etwa durch höhere Abwassergebühren. «Das darf nicht sein», sagte Meister. Es müsse jetzt sehr genau überprüft werden, wo genau das passiert sei. «Zuviel gezahltes Geld müssten die Bürger dann zurückbekommen.»
Derivate sind ein verbreitetes Instrument am Finanzmarkt, mit dem etwa Schwankungen bei Kursen oder Zinsen abgesichert werden können. Für die Absicherung von Krediten können sie auch in Kommunen zulässig sein, als reines Spekulationsprodukt hingegen nicht. Das hat das Innenministerium in mehreren Erlassen klargestellt. In den Kommunen fehle häufig die Fachkompetenz, solche komplizierten Finanzprodukte bewerten zu können, heißt es dazu im Bericht des Rechnungshofs. Ohne Beratung kauften sie häufig «die Katze im Sack».
Das Land will deshalb die Regeln verschärfen. Künftig sollen Kommunen jedes Derivatgeschäft zur Prüfung vorlegen müssen. Dann wird für jeden Einzelfall entschieden, ob es sich um eine zulässige Absicherung gegen Risiken oder um verbotene Spekulation handelt. Die Regeländerung soll in das neue Kommunalverfassungsgesetz aufgenommen werden, das derzeit im Landtag diskutiert wird.
Meister fordert zudem, dass der
Rechnungshof künftig auch bei Kommunen mit weniger als 25.000 Einwohnern prüfen darf. Sie machen einen Großteil der Städte und Gemeinden im Land aus. Weil das bisher nicht möglich ist, checkten die Experten im aktuellen Fall nur die 11 Landkreise, 18 Kommunen und 50 Zweckverbände. In der schwarz-rot-grünen Koalition gibt es bislang aber noch keine Einigkeit, dem Rechnungshof weitergehende Prüfungen zu erlauben.