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05.05.2015 | 06:00 | Agrarzahlungen 
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Christian Meyer: Direktzahlungen nach Hektaren ungerecht

Stuttgart/Hohenheim - Christian Meyer, Minister des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, bezieht im zehnten Proplanta-Interview Stellung zur anstehenden Veröffentlichung der Agrar-Direktzahlungsempfänger.

Minister Christian Meyer
Christian Meyer - Minister des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hält Direktzahlungen nach Hektaren für ungerecht. (c) Fraktion Grüne Niedersachsen
Wie stehen Sie persönlich zu den Direktzahlungen?

Ich halte die bisherige Verteilung der Direktzahlungen nach Hektaren für falsch und sie wird gesellschaftlich sicher nicht länger akzeptiert. Das langfristige Ziel sollte sein: „öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“ - also nur noch die Förderung konkreter Leistungen für Umwelt, Tierschutz und lebendige ländlicher Räume.

Als ersten Schritt für mehr Gerechtigkeit trete ich für eine stärkere Umverteilung von „Groß“ nach „Klein“ und die Kopplung der Förderung an die konkrete Schaffung von gut bezahlten Arbeitsplätzen ein. Staatliche Subventionen für Großbetriebe sollte es nicht mehr geben. Auch ist der bürokratische Aufwand in der ersten Säule der EU-Förderung - ohne nennenswerte Vorteile für Umwelt-, Klima- und Tierschutz - erheblich gestiegen.

Mit den Direktzahlungen von über 7 Milliarden Euro, die jährlich nach Deutschland gehen, könnte man gezielter gesellschaftliche Leistungen von Landwirten etwa beim Tierschutz honorieren. Ich trete daher für eine erheblich höhere Umschichtung der Direktzahlungen in die zweite Säule ein, wie es zum Beispiel auch der wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung in seinem Gutachten zur „Tierschutzwende“ vorschlägt, um wettbewerbsneutral Tierschutz finanziell auszugleichen.

Glauben Sie, dass das Konzept (Veröffentlichung) funktioniert?

Der Europäische Gerichtshof hatte in einem Urteil ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen dem angestrebten Ziel der Offenlegung der Mittel und dem Recht des Begünstigten auf Schutz seiner personenbezogenen Daten gefordert. Dem wird zukünftig Rechnung getragen, indem die Mindestanforderungen an den Inhalt der Veröffentlichung neu geregelt wurden und nur Beträge oberhalb von 1.250 Euro in das Portal der BLE eingestellt werden.

Auf dem Portal der BLE werden die Direktzahlungen der ersten Säule der europäischen Agrarpolitik veröffentlicht sowie die Zahlungen im Rahmen der ländlichen Entwicklung, also auch die Mittel der zweiten Säule. Dadurch wird die Transparenz der EU-Förderung für alle Beteiligten deutlich verbessert. Eine Selbstverständlichkeit, die in vielen Mitgliedstaaten kaum diskutiert oder hinterfragt wird; schließlich handelt es sich um Steuergelder.

Haben Sie einen Vorschlag, wie man es besser/anders machen könnte?

Die Suchfunktionen sollten verbessert werden und man sollte auch leichter statistische Daten erfassen können. Gerade bei Konzernen sind die Strukturen sehr unübersichtlich. Also: Wieviel Geld bekommen Großbetriebe, wieviel Kleinbetriebe - und wofür? Eine gezielte, gut begründete und transparente Verwendung der EU-Mittel ist Voraussetzung für gesellschaftliche Akzeptanz.

Wie groß schätzen Sie die durch die Direktzahlungen entstandenen Abhängigkeiten ein?

Die Direktzahlungen machen etwa 40 Prozent der Gewinne der Betriebe aus. Dies schwankt natürlich von Betrieb zu Betrieb und von Jahr zu Jahr, je nachdem wie gut oder schlecht die Agrarpreise sind. Die wissenschaftliche Meinung ist eindeutig: Mit klarer politischer Ankündigung und über einen längeren Zeitraum hinweg wäre ein sanfter Ausstieg aus den Direktzahlungen ohne Strukturbrüche in der Landwirtschaft möglich. Die Mittel sollten nicht wegfallen, sondern gezielt für Arbeitsplätze sowie ökologische und Tierschutz-Leistungen der Landwirtschaft verwendet werden.

Eine etwas diffizile Frage: Was glauben Sie, wie die Empfänger nach der Veröffentlichung aufeinander reagieren?

Nicht anders als beim letzten Mal. Dort hatten bäuerliche Betriebe keine Probleme, ihre (geringen) Förderungen öffentlich zu rechtfertigen. Aber große agrarferne Konzerne hatten erhebliche Rechtfertigungsprobleme, warum Großschlachthöfe, Rüstungs- oder Energieunternehmen so hohe Agrarzahlungen bekommen.

Und klar ist auch, je gezielter wir die EU-Gelder mit gesellschaftlichen Leistungen der Landwirtschaft verbinden und die Kostenvorteile größerer Betriebe berücksichtigen, desto weniger Anlass für Neid gibt es. Dann steht der Betrag hinter dem Namen eines Empfängers nicht mehr allein für die Größe seines Betriebes, sondern für den Aufwand und die Leistungen, die er für die Erbringung der öffentlich gewünschten Güter eingesetzt hat. Viele Landwirte sind stolz über Anzahl und Fläche ihrer geförderten Hecken und Blühstreifen, auch das sollte man in der Agrarförderung ablesen können.

Wie finden Sie die Umsetzung des Portals hinsichtlich Nutzerfreundlichkeit und Transparenz auch in Bezug auf die verwendeten Abkürzungen?

Die jetzige und auch zukünftige Suchfunktion ist in der Internetplattform nicht nutzergerecht platziert und sollte hinsichtlich einer höheren Transparenz optimiert werden. Hier bedarf es derzeit eines erfahrenen Nutzers, um die Suchfunktion auch zu finden. Es wäre auch besser, wenn insbesondere die Förderungen aus der zweiten Säule näher erläutert werden. Das erhöht die Akzeptanz, wenn der Nutzer weiß, wofür genau es die Fördergelder gibt. (proplanta)

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Kommentare 
Kutusow schrieb am 13.05.2015 14:24 Uhrzustimmen(89) widersprechen(108)
Gut bezahlte Arbeitsplätze will der Herr Minister schaffen! Wie das mit grünen Vorstellungen gehen soll, konnte mir noch niemand, auch trotz hartnäckiger Nachfrage, aus dieser Fraktion beantworten! Aus dem Interview geht es auch nicht hervor! Noch nicht mal Erläuterungen, wie Landwirtschaft, Wirtschaftlichkeit und Ernährungssicherheit mit grünen Vorstellungen in Einklang zu bringen sind, kann einer der grünen Agrarexperten plausibel darlegen! Die Veröffentlichung über die Direktzahlungen geht insofern an der Sache vorbei, weil damit nur die fehlende Sachlichkeit in der Diskussion um Beihilfen befördert wird! Wenn ich aus dem Fenster schaue und mir die - nun im zweiten Jahr - völlig verunkrauteten Flächen eines Ökolandwirtes ansehe, so frage ich mich natürlich, gerade auch angesichts der ministerlichen Ansichten, was denn nun sinnvoller ist: Mit dem Steuergeld eine moderne Landwirtschaft zu unterstützen, die, wie auch von den Grünen gefordert, sich am Markt orientieren soll, oder die Verunkrautung von Ackerflächen zu finanzieren! Dass die auf verunkrauteten Flächen produzierten landwirtschaftlichen Produkte nun besser und gesünder als konventionell produzierte sein sollen, übersteigt mein Vorstellungsvermögen!
bärchen 2015 schrieb am 12.05.2015 13:53 Uhrzustimmen(100) widersprechen(93)
Aber große agrarferne Konzerne hatten erhebliche Rechtfertigungsprobleme, warum Großschlachthöfe, Rüstungs- oder Energieunternehmen so hohe Agrarzahlungen bekommen. Wer hat etwas dagegen, dass sich hier etwas ändert und zwar bald.
JM68 schrieb am 11.05.2015 19:08 Uhrzustimmen(103) widersprechen(85)
Sehr geehrter Herr Meyer, sie wollen mit der Veröffentlichung politischen Druck ausüben. Aber was ist Ihr Ziel? Ein Abbau der Subventionen würde den wachstumsorientierten Famiienbetrieben nicht schaden weil bei Pachtquoten von über 60 % schon weit über die Hälfte der Subventionen an die Verpächter weitergereicht werden. Der Strukturwandel wird sich beschleunigen!!! Aber es würden Mittel aus dem ländlichen Raum abgezogen was zum verstärkten Dörfersterben führen wird! Oder wollen Sie die Mittel umleiten hin zu mehr ökologischen Lesitungen? Dann dürfen sie in Mittelgebiergsregionen nur nach großflächige extensive Mutterkuhhaltung födern und as meiste Geld muss zu den Gunststandorten, weil dort Extensivierung viel kostet aber auch ökologisch viel bringt!! Also genau anders als sie es wahrscheinlich vorhaben. Aber Politik hat ja heutzutage nichts mehr mit Vernunft zu tuen sondern verkommt immer mehr zur politischen Ökonmie: Wie kaufe ich mir Wählerstimmen...
Zacki schrieb am 09.05.2015 16:01 Uhrzustimmen(96) widersprechen(90)
Sehr geehrter Herr meyer, Das Dilemma ist, das in Tschechien bei niedrigeren Bodenpreisen die gesamte Prämie für den Erwerb von Grundstücken zur verfügung steht, während speziell in den südlichen Bundesländern die Prämie durchaus 100 % oder mehr des Betriebsgewinnes ausmacht. Zu den Prämien insgesamt: In der Veröffentlichungen wird ein andererr Punkt nicht klar: Die zweite Säule als Spielgeld für zu höherem berufene Politiker, wo mit Ausgleichszahlungen für abgebaute Marktstabilisierungen und politische und wirtschaftliche Nachteile für europäische Bauern (zumindest bei denen in den alten EU--Staaten) Geld für lokale Museen, Spielplätze und Dankmale für Politiker bezahlt werden und im Nachgang durch die anfallenden Unterhaltungskosten die betroffenen Kommunen ruinieren. Küstenschutz und Strukturmassnahmen, ein nettes Wort für zumeist verdummte Gelder wärend die, die unter den Problemen leiden kein Geld für den Schutz vor Hochwassert haben. Ehrlich gesagt, erkenn ich in ihrem Lebenslauf weder eine Kompetenz für wirtschaftliche Dinge, auch keinen Nachweis über qualifizierte Arbeit die irgendeinem etwas gebracht hat. Wie ihr bay. Kollege im Vorstand berufsmässig vom sozialen Netz in irgendwelchen Institutionen über Wasser gehalten, bis ihre rednerischen Fähigkeiten und das zuviel an Zeit neben ihrer dargestellten Beschäftigung ihnen nun ein sorgenloses Leben als Parteisoldat und nun als Minister ermöglicht hat. Solche Vitas als Handlanger einer Politikerin und ein Antreten eines Erbes ohne jemals vernünftig gearbeitet zu haben qualifiziert Sie sicherlich für jeden politischen Posten. Glückwunsch, aber bitte lassen Sie alle ihre Stellungnahme bei sich und nicht andere unter ihren Ansichten leiden. Und pflanzen Sie ein oder mehr Bäumchen... Dann hätten Sie auch einmal etwas für einen Klimawandel getan. Zacki
kurri Altbauer 85 schrieb am 05.05.2015 12:59 Uhrzustimmen(174) widersprechen(124)
Auch hier gilt dasselbe, wie schon zur Befragung von Mimister Backhaus! Herr Meyer setzt dem noch einiges aus seiner "grünen" politischen Meinung, eins drauf. Es ist einfach unwahr, wenn die auf Druck der WTO. erfolgte Absenkung der landw. Erzeugerpreise und als Entschädigung gedachten Ausgleichszahlungen, von Herrn Meyer als öffentliche Gelder bezeichnet werden. Er will eine Verknüpfung mit Leistungen die den Vorstellungen seiner Gesinnungsgenossen herbeiführen! Er verschweigt das ein Großteil der Gelder garnicht bei den Bauern ankommen. Solche Leute haben eigentlich nichts in einer Regierung zu suchen, kein Wunder wenn bei uns alles drunter und drüber geht! Fakten sind z.B. 1948 mußte der Verbraucher rund 46 % seines Einkommens für die Ernährung ausgeben. Heute sind es etwa 12-13 %. Diese ernorme Leistung gilt bei den Polikern als sebstverständlich, sie profitieren von der Arbeit unserer Bauern. Wie mit uns umgesprungen wird, konnten wir vor Jahren bei dem Lieferstreik der Milcherzeuger erleben, sofort meldete sich das Bundeskatrellamt und drohte mit saftigen Sanktionen. Was passiert den heute beim Streik der Lokführer? Wieviel Geld wandert eigentlich in andere Kanäle? Küstenschutz, Schießplatz für Panzerbauer Rheimetal, Städte und Kommunen für die Flächen die sich in deren Besitz befinden. Aus den 7 Mrd. € geht auch vieles in die sog. 2. Säule zur Entwicklung des ländl. Raumes, hiervon wollen dann auch noch viele davon Geld erhalten, wie z.B. schnelles Internett. Unsere Bauerverband setzt diesem üblen Treiben nichts entgegen. Ich bin schon lange kein Mitglied mehr, nachdem ich auf Kreisebene im Vortsand war und in die dort herrschenden Pratiken Einblick bekommen hatte! Heute jammmert man über den Mitglieder-schwund der Nachwuchs verlässt in Scharen die Höfe, in anderen Berufen kann in kürzerer Arbeitszeit, Ansruch auf Urlaub usw. leichter und viel mehr verdienen. Vor allem wird kein Berufsstand so für alles haftbar gemacht wie die Landwirtschaft, Wir haben sowas nicht verdient! Macht nur weiter so.
agricola pro agricolas schrieb am 05.05.2015 12:10 Uhrzustimmen(107) widersprechen(132)
Werter Herr Minister Meyer, ich möchte Ihnen höflich widersprechen wollen: Sie unterliegen einer fatalen Fehleinschätzung hinsichtlich der Auswirkungen bezüglich einer neuerlichen Veröffentlichung der Direktzahlungsempfänger und deren personenbezogenen Daten. Treffen wird‘s vornehmlich überwiegend Ihre „KLEINEN“ mit den selbst von Ihnen gewertmaßten „geringen Anteilen“. Sehr wohl müssen sich gerade selbige den Neiddiskussionen im kleinstrukturiert dörflichen, direkten sozialen Umfeld stellen. Selbstverständlich wird man sich geflissentlich auch über die sogenannten „Groß-Abgreifer“ erheblichst mokieren, sofern man diese in der Suchmaske überhaupt namentlich zu orten vermag; hier die von Ihnen aufgezeigten Großschlachtbetriebe, Rüstungs- und Energieunternehmen...und, und, und; man zunächst erst einmal auf die Idee kommen muss, dass solche überhaupt unter den Direktzahlungsempfängern gelistet sind. Welche gesellschaftspolitischen Konsequenzen haben letztere aber schlussendlich eigentlich zu befürchten, wenn die Welle der Entrüstung hier wieder abgeebbt ist, die wohl, wie von Ihnen gemutmaßt, kurzfristig durch unsere Gesellschaft brandet!? - Erheblichst empfindlicher mit langwierigen Nachwehen treffen wird‘s Ihre „KLEINEN“, die man omnipräsent Tag für Tag im dörflichen Umfeld wahrnimmt; so manch findiger sofamelkende Zeitgenosse gut und gerne sein Abgreifpotential wieder einmal optimieren möchte...! - Die wahren Nutznießer haben auch Sie geflissentlich vollkommen verkannt, wohl auch für Sie im alles überlagernden Tranzparenzansinnen „staatstragend“ allenfalls eine nur kleine nichtssagende Randnotiz!?*** Im übrigen kann es nicht sein, dass hier eine anderweitigen Schutzmechanismen unterliegende Untergrenze überhaupt eingezogen wird: Wenn am Internetpranger namentlich bloßgestellt wird, dann bitte ausnahmslos ALLE! - Im Namen der GLEICHHEIT aller vor dem Gesetz!!!
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