Vorsprung durch Wissen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
10.02.2023 | 14:18 | Ausbauprojekte 

Bundestag billigt raschere Gerichtsverfahren bei Infrastrukturprojekten

Berlin - Windräder, Stromleitungen, Schienen: Gerichte sollen künftig über wichtige Ausbauprojekte für erneuerbaren Energien und andere große Infrastrukturvorhaben schneller entscheiden.

Infrastrukturprojekt
Bild vergrößern
Bevor neue Windräder oder Fernstraßen gebaut werden können, hängen die Projekte oft jahrelang vor deutschen Verwaltungsgerichten fest. Das soll ein neues Gesetz ändern. Bei manchen bleiben aber Zweifel. (c) proplanta
Das hat der Bundestag am Freitag beschlossen. Ziel der Reform der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP ist, bei als besonders bedeutsam eingestuften Projekten die Verfahren vor den Verwaltungsgerichten zu verkürzen. Zu diesen Vorhaben zählen unter anderem der Ausbau des Schienennetzes sowie von Windenergie-Anlagen, Fernstraßen, größeren Gasversorgungsleitungen und Hochspannungsleitungen

Die neuen Regeln sollen dazu beitragen, dass Deutschland etwa seine ehrgeizigen Ziele beim Ausbau der erneuerbaren Energien für das Jahr 2030 erreicht. Allein die Windkraft an Land soll sich bis dahin mehr als verdoppeln. Planung, Genehmigung und Bau eines Windrads dauern im Schnitt fünf bis sieben Jahre. Bis 2030 sollen 80 Prozent des Stromverbrauchs hierzulande aus erneuerbaren Energiequellen kommen.

Das Gesetz sieht beispielsweise die Bildung spezialisierter Kammern oder Senate für Planungsrecht sowie Fristen vor, damit sich Verfahren zu solchen Großprojekten nicht mehr jahrelang hinziehen. Das Personal an den Gerichten soll zudem entlastet werden: In bestimmten Fällen können künftig einzelne Richter oder kleinere Kammern Entscheidungen in solchen Verfahren treffen. Darüber hinaus soll ein Gericht einen Mangel des angefochtenen Verwaltungsaktes außer Acht lassen können, wenn offensichtlich ist, dass dieser bald behoben sein wird.

Der Grünen-Abgeordnete Lukas Benner sagte, das neue Gesetz habe drei Säulen: «Mehr Flexibilität für Gerichte, Arbeitserleichterung und straffere Verfahren». Es sei natürlich nicht der große Wurf, der alle Probleme löse. Aber das habe auch niemand behauptet. «Wenn wir es ernst meinen, (...) dann müssen wir jeden einzelnen Stein umdrehen und die Potenziale bergen», sagte Benner. Das Gesetz wurde mit den Stimmen der Regierungsfraktionen SPD, Grüne und FDP angenommen. Die Linksfraktion stimmte ebenfalls zu. Die Abgeordneten von Union und AfD votierten dagegen.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) begrüßte die Entscheidung: «Wir dürfen beim Schnellerwerden keine Zeit verlieren», erklärte er. Das neue Gesetz sei ein erster guter Baustein auf dem Weg, Verfahren zu beschleunigen und leiste einen Beitrag zur schnelleren Modernisierung des Landes.

Scharfe Kritik kam indes von der Opposition. Die Reform sei allenfalls gut gemeint, mit Sicherheit aber schlecht gemacht, sagte der CSU-Abgeordnete Stephan Mayer. Weil manche Regelungen vollkommen vage seien, befürchte er, dass das Gesetz sogar zu Verzögerung führen könnte. Susanne Hennig-Wellsow (Linke) hielt die Zielsetzung des Gesetzes für richtig und gut - bemängelte aber, dass die Bundesregierung etwa das Bundesverwaltungsgericht bereits jetzt mit mehr Personal ausstatten könnte. Es werde nichts schneller, wenn man wichtige Stellschrauben vergesse, sagte sie.

Der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor kritisierte die Ampel-Regierung für ihr «Mini-Reförmchen». Das Etikett einer Planungsbeschleunigung habe es nicht verdient. Wie mehrere seiner Vorredner sah er mehr Potenzial für Beschleunigung im Planungsverfahren - also im Stadium vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung. «Statt den Stall voller Probleme im Planungsverfahren auszumisten, suchen sie die feine, goldene Nadel im Heuhaufen», sagte Amthor. Das sei zu wenig.

Innerhalb der Ampel-Koalition gibt es seit längerem Streit um eine mögliche Beschleunigung von Planungsverfahren generell. Erst Ende Januar hatte es ein Treffen der Spitzen der Ampel-Parteien und -Fraktionen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gegeben - ohne Ergebnis. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) will Straßen und Brücken schneller bauen lassen, die Grünen lehnen die Beschleunigungen von Autobahnneubauten jedoch strikt ab.
dpa
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Für Energie-Ziele mehr als 700 Milliarden Euro bis 2030 nötig

 G7 nehmen sich Kohleausstieg vor - deutsche Reaktionen gemischt

 Zahl der Balkonkraftwerke in Niedersachsen steigt rasant

 Habeck will um Solarindustrie in Deutschland kämpfen

 Schlechte Bedingungen: Solarwatt stellt Produktion in Dresden ein

  Kommentierte Artikel

 Tag des Wolfes - Bauern machen Druck für vereinfachten Abschuss

 Erleichterungen bei GAP-Anträgen und Hanfanbau

 In der Corona-Pandemie wurden zu oft Antibiotika verschrieben

 Jäger sehen dringenden Handlungsbedarf bei Umgang mit Wölfen

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte