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17.07.2009 | 06:47 | Wirtschaft & Staat  

„Der Staat ist kein besserer Unternehmer“

Berlin - „Das Verhältnis von Staat und Wirtschaft droht derzeit und unter dem Eindruck der Krise aus der Balance zu geraten.

Verwaltungsgebäude
(c) proplanta
Der Staat ist kein besserer Unternehmer.“ Das betonte Dr. Reinhard Göhner, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeit­geberverbände (BDA), im Aktuellen Interview mit der Deutschen Bauern Korrespondenz (dbk). Vielmehr müsse die Finanz- und Wirtschaftskrise die Gesellschaft zu einer neuen Offensive für die Soziale Marktwirtschaft bestärken. Die Rolle des Staates bestehe darin, Rahmenbedingungen zu setzen. Ausgerechnet im Finanzmarkt hat der Staat laut Göhner aber auf Regeln verzichtet.

Der BDA-Hauptgeschäftsführer wörtlich: „Jedes landwirtschaf­tliche Produkt unterliegt zahlreichen gesetzlichen Bestimmungen und häufig gesetzlichen Genehmigungen. Aber viele Bankenprodukte unterliegen bis heute keiner behördlichen Genehmigung und einer unzureichenden Kontrolle. Der Staat muss den Ordnungsrahmen vorgeben. Die Finanzkrise offenbart nicht nur individuelles Versagen, sondern vor allem krasses Staatsversagen, weil der Ordnungsrahmen für diesen Wirtschaftsbereich unzu­reichend war.“

Hinsichtlich der Nutzung von Kurzarbeit durch landwirtschaftliche Unternehmen habe sich die BDA massiv bei der Bundesagentur für Arbeit dafür eingesetzt, dass bei einem Arbeitsausfall in der Landwirtschaft das Kurzarbeitergeld nicht wegen einer vermeintlichen Branchenunüb­lichkeit pauschal verwehrt werde. Dr. Göhner in der Juliausgabe der dbk: „Der Vorstand der BA hat uns zugesagt, dass zukünftig auch in der Landwirtschaft wie bei Unternehmen aus anderen Wirtschaftszweigen Kurzarbeitergeld unter den gleichen Voraussetzungen geleistet wird.“

Eine schnelle Erholung von der Krise sieht der BDA-Hauptgeschäftsführer indes nicht. Viel­mehr sei der Arbeitsmarkt schon immer ein typischer Nachläufer der Konjunktur gewesen und „das wird auch diesmal wieder so sein“. Der Weg aufwärts werde lang und mühsam sein und die Arbeitslosenzahl werde deutlich steigen, prognostizierte Göhner, der den höchsten Wert zu Beginn des Jahres 2011 vermutet.

Allein den Verbrauchern sprach Göhner ein großes Lob aus. Sie hätten sich nicht von Panik oder Krisenfieber anstecken lassen. „Der private Konsum erweist sich bislang als eine Stütze der Wirtschaft und nach allen Umfragen ist das Konsumklima erstaunlich freundlich. Hier rechne ich allerdings mit einer Eintrübung, weil eine wachsende Arbeitslosenzahl den Kon­sum belastet“, so Göhner.

Von der nächsten Bundesregierung erwartet Göhner, dass die Stabilisierung des Banken­systems Priorität habe. Wörtlich: „Ich fürchte nämlich, dass die Finanzklemme noch weiter um sich greifen könnte und wir alle den Schaden haben, wenn die Unternehmen nicht mehr hinreichend finanziert werden. Die zweite Priorität ist bescheiden: Keine neuen Belastungen für Wirtschaft und Arbeit in Deutschland. Und an dritter Stelle sehe ich den Zwang, zur Haushaltskonsolidierung zurückzukehren. Und - die vierte Priorität - ist die Entlastung der Bürger durch Steuern und Abgaben. Aber die Reihenfolge dieser Prioritäten ist wichtig!“

Die Deutsche Bauern Korrespondenz dbk ist die Monatsschrift des Deutschen Bauernver­bandes (DBV). Die dbk analysiert aktuelle und überregionale agrarpolitische Themen für die ehren- und hauptamtlichen Mandatsträger des DBV. Die Zeitschrift erscheint monatlich und kann gegen eine Jahresgebühr von 31,50 Euro, inklusive sieben Prozent Mehrwertsteuer, bei g.reuser@bauernverband.net, Fax: 030/31904-431, abonniert werden. (DBV)
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