Verehrte Berufskolleginnen und Berufskollegen, liebe
Landjugend,
von diesem Jahr 2008 wird man wohl noch lange und noch oft reden! Eine gewaltige Finanz- und Spekulationsblase platzte. Die Politik legte sich mit einer unvergleichlichen Geschwindigkeit und dem Angebot gewaltig großer Bürgschaften ins Zeug, um einen Zusammenbruch der gesamten Bankenwirtschaft und in der Folge einen Kollaps der Realwirtschaft zu verhindern. Doch auch eine weltweite Rezession tut weh. Selbst Optimisten erwarten eine harte Zeit.
Zu 2008 gehört, dass eine überzeugende Mehrheit der Verbraucher viel Verständnis und Sympathie für die Forderungen unserer Milchbauern – und für den Milchstreik im Frühsommer – hatte. Das konkrete Kaufverhalten allerdings war völlig anders: Mit dem Anstieg der Endverbraucherpreise und einer anziehenden Inflationsrate reagierten viele Verbraucher äußerst abrupt mit einer Änderung ihrer Verzehrgewohnheiten, einem sparsameren Einkauf oder gar dem Verzicht.
Schwankende – stark schwankende – Preise kennen unsere Schweinehalter, unsere Obst- und Gemüsebauern seit langem. Mit den Agrarreformen haben sie auch Einzug im Ackerbau und zuletzt im Milchbereich gefunden. 2008 hat in schonungsloser Deutlichkeit gezeigt: Niemand, der einen landwirtschaftlichen Betrieb führt und im Berufsstand Verantwortung trägt, kann die Augen davor verschließen, dass sich in einer Marktwirtschaft Preise nicht „befehlen“ lassen. Trotzdem sind wir als Berufsstand zum Wohl der Bauernfamilien und der Zukunftssicherung der Betriebe nicht untätig gewesen! Jeder soll es am konkreten Beispiel wägen!
So war es in 2008 ein riesiger Erfolg unserer berufsständischen Arbeit, dass die Doppelbesteuerung der EU-Betriebsprämie wieder vom Tisch genommen wurde. So mancher von den 170.000 buchführungspflichtigen Berufskollegen hat sich von seinem Steuerberater bestätigen lassen, welchen Entzug an Einkommen und Investitionskraft dies für seinen Betrieb gekostet hätte – über 500 Millionen Euro Steuern konnten wir mit unserem Einsatz retten!
Ebenfalls für 2008 steht die Erbschaftsteuerreform. Oft habe ich von Berufskollegen in anderen Ländern gehört, wie drückend dort die Belastung durch die Erbschaftsteuern ist. Deshalb haben wir bei der Reform der Erbschaftsteuer für das bewährte standardisierte Ertragswertverfahren gekämpft. Wir haben vom Urteil des Verfassungsgerichts bis hin zur politischen Einigung strategisch und inhaltlich sauber gearbeitet und so Zug um Zug zuerst Gehör, dann Verständnis und schließlich breite Unterstützung in der Politik gefunden. Alle Bauernfamilien haben einen großen Nutzen: Der Erbgang in der Land- und Forstwirtschaft bleibt weitestgehend erbschaftsteuerfrei!
2008 steht auch für die Entscheidungen beim Health Check. Wir haben vom frühesten Zeitpunkt an mit der
EU-Kommission, dem Europaparlament, der Bundesregierung, den Landesregierungen und den Parteien einen intensiven Dialog geführt. Wer Realist ist, weiß auch zu gewichten, dass wir als
Bauernverband eine höhere Modulation konsequent abgelehnt haben. Damit haben wir in der politischen Auseinandersetzung gepunktet und vorgesehene schlimmere Einschnitte verhindert.
Zunächst mutterseelenallein standen wir auch mit unserer Forderung nach einem Begleitprogramm für die Milch – angefangen beim
Bauerntag in Bamberg. Doch wir haben uns mit Unterstützung der deutschen Politik gegen die EU-Kommission durchgesetzt. Auch bleiben die erhöhten Modulationsgelder wirklich den Bauern erhalten. Doch müssen wir mit der Erhöhung der Milchquoten eine bittere Pille schlucken. Die Vehemenz, mit der die Brüsseler Kommission und verschiedene Mitgliedstaaten noch sehr viel höhere Quotenzuweisungen einforderten, ist ein Beweis mehr, dass die Quotenregelung längerfristig keinen Sinn macht und dass ein einseitiger nationaler Produktionsverzicht falsch und illusorisch wäre!
Die Regelung der Saisonarbeitskräfte war für uns auch 2008 ein „dickes Brett“. Was kaum jemand zu hoffen wagte, konnte zum Jahresende mit einer deutlichen Verlängerung der Aufenthaltszeit der Saisonarbeitskräfte noch erreicht werden! Ähnlich erfolgreich waren wir als Berufsstand bei der EEG-Novelle. Dies ist Ansporn für mich und uns im Bauernverband, diesen Weg für unsere Mitglieder und Betriebe im Jahr 2009 fortzusetzen. Etwa mit dem nachdrücklichen Einsatz für die Einführung einer Risikoausgleichsrücklage, was angesichts der schwankenden, vom Weltmarkt stark beeinflussten Agrarmärkte für alle Betriebe Nutzen bringen kann! Auch bei unseren Forderungen nach der Senkung der Agrardieselsteuer auf ein niedrigeres europäisch harmonisiertes Niveau und nach einer grundlegenden Entbürokratisierung der europäischen und nationalen Gesetzgebung lassen wir nicht locker.
Ich bin dankbar für viel Unterstützung und Solidarität im abgelaufenen Jahr! Und so wünsche ich für 2009, dass wir die Interessen unserer Mitglieder und Bauernfamilien wieder mit Wahrhaftigkeit, Beharrlichkeit und menschlichem Anstand – und geeint im Berufsstand –vertreten! Bleiben wir unserer gemeinsamen guten Sache treu und möge es für Sie und ihre Familien ein gesundes erfolgreiches Neues Jahr werden!
Gerd Sonnleitner