Bundesagrarministerin Ilse
Aigner (CSU) sagte am Montag in Brüssel, sie werde dies bei einem Treffen mit ihren Länderkollegen am Donnerstag und Freitag in Magdeburg beraten. Gleichzeitig verlangte Aigner, die
Milchquote in der EU zunächst doch nicht zu erhöhen. Sie begrenzt die Menge, die produziert werden darf, um die Preise stabil zu halten.
EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel wies die Forderung zurück. «Das löst das gegenwärtige Problem nicht», sagte sie. Die
Milchproduktion bleibe im Jahr 2008/09 ohnehin um 4 bis 5 Prozent unter der Quote. Das gleiche werde für 2009/10 geschätzt. «Wir sollten diese rein politische Diskussion deshalb beenden und uns auf das wirkliche, wirtschaftliche Problem konzentrieren.»
Nach Angaben der
EU-Kommission erhalten Bauern überall in Europa derzeit Preise von teilweise weniger als 20 Cent je Liter. Angesichts der Finanz- und
Wirtschaftskrise ist die weltweite Nachfrage gesunken. Gleichzeitig sind die Bauern von der Kreditklemme betroffen, etwa bei Kreditgarantien für Exporte. Darüber hinaus gibt es starke Konkurrenz aus den USA, Australien oder Brasilien.
Die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Länder hatten sich bei ihrem Treffen vergangene Woche auf ein 5 Milliarden Euro schweres EU- Konjunkturprogramm geeinigt. Ein Fünftel davon soll in den Ausbau des Breitbandnetzes sowie Umwelt- oder Klimaschutzmaßnahmen - im EU- Jargon «neue Herausforderungen» - fließen. Deutschland setzte sich während der Verhandlungen dafür ein, dass darunter auch Hilfsmaßnahmen für die Milchbauern wie etwa Fördergelder bei Stallneubauten fallen können. Auf die Bundesrepublik entfallen insgesamt etwa 90 Millionen Euro. Wieviel davon in den Milchsektor fließt, muss aber gemeinsam mit den Bundesländern entschieden werden.
«Wir meinen, dass im Breitband eher die Deregulierung das wichtigere ist», sagte Aigner. Der Preissturz bei Milch sei «dramatisch». «Es geht auch an die großen Betriebe mittlerweile, die mit diesen Preisen nicht mehr leben können.» Die deutschen Milchbauern haben mit verhältnismäßig hohen Produktionskosten sowie einer starken Verhandlungsposition der großen Supermarktketten zu kämpfen. Die Strukturen im Sektor kritisieren Experten als zu kleinteilig. Im Mai und Juni 2008 lieferte ein Teil der Landwirte aus Protest gegen die Preise keine Milch mehr an die Molkereien. Die daraufhin nachgebesserten Verträge der Molkereien mit den Handelsriesen liefen aber schon nach wenigen Monaten wieder aus.
Seit Januar hat die Kommission 30.000 Tonnen Butter zur Lagerung aufgekauft, um das Angebot zu verknappen («Intervention»). Die Maßnahme werde bis Ende August fortgeführt, sagte Fischer Boel. Die Abwärtsspirale sei somit gestoppt worden. Langfristig könne aber nur die Branche selbst ein nachhaltiges Marktumfeld schaffen, indem Angebot und Nachfrage ausbalanciert würden. «Ich weigere mich, zu akzeptieren, dass die Milchbranche so grundlegend anders sein soll als jeder andere Agrarsektor, dass ihm eine Sonderbehandlung gewährt werden müsste.»
Gleichzeitig warnte Fischer Boel mit Blick auf die Milchquote vor Rückschritten im Reformkurs der EU-Agrarpolitik. Die EU-Agrarminister hatten im vergangenen November im Rahmen einer Mini-Reform der EU-Agrarpolitik («Gesundheitscheck») beschlossen, die Quote schrittweise anzuheben und 2015 ganz auslaufen zu lassen. «Es gibt nicht die geringste Aussicht darauf, dass die Länder einem Wiederaufschnüren des Gesundheitschecks zustimmen würden, die Quote eingeschlossen», warnte der amtierende EU-Ratsvorsitzende und tschechische Agrarminister Petr Gandalovic. Dagegen betonte Aigner, es gehe nur um eine Verschiebung der Quotenerhöhung. (dpa)