Vorsprung durch Wissen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
26.05.2008 | 14:13 | Wirkstoffzulassung 

Pflanzenschutzpolitik muss Realitäten in der Landwirtschaft beachten

Papenburg - Die Gemüseerzeuger in Deutschland brauchen eine ausreichende Zahl von Pflanzenschutzmitteln, und sie brauchen die gleichen Behandlungsmöglichkeiten wie ihre Berufskollegen in anderen EU-Ländern.

Pflanzenschutzpolitik
(c) proplanta
Nur dann bleiben sie konkurrenzfähig und können auch zukünftig die Verbraucher mit regionalen Produkten versorgen. Das teilte Gerhard Schulz, der Vorsitzende des Bundesausschusses Obst und Gemüse (BOG), gegenüber dem Europaparlamentarier Hans-Peter Mayer und dem Bundestagsabgeordneten Hans-Michael Goldmann mit. Die beiden Politiker trafen bei einem Branchengespräch zur EU-Pflanzenschutzpolitik im Betrieb Schulz in Papenburg mit Vertretern von Wirtschaft und Verwaltung zusammen. Der BOG und der Industrieverband Agrar e.V. (IVA) hatten gemeinsam zu der Veranstaltung eingeladen. Zentrales Thema war die Neuordnung der Pflanzenschutzmittel-Zulassung in Europa.  

Danach sollen künftig für die Zulassung von Wirkstoffen so genannte K. o.-Kriterien eingeführt werden. Sie betrachten lediglich die Stoffeigenschaften und nicht wie bisher das Anwendungsrisiko eines Pflanzenschutzmittels in der Praxis. „Vor allem durch die weit über die Vorschläge der Kommission hinaus gehenden Forderungen des Europaparlaments könnte ein Großteil der heute verfügbaren Wirkstoffe verloren gehen“, erklärte dazu der Hauptgeschäftsführer des IVA, Volker Koch-Achelpöhler.  

Bei Insektiziden zum Beispiel wäre das Aus für 85 Prozent der Wirkstoffe vorprogrammiert. „Dann könnten viele Schädlinge nicht mehr bekämpft werden, und gegen die wenigen verbliebenen Wirkstoffe würden die Insekten schnell resistent“, sagte der Verbandschef. Besonders hart getroffen würden Kulturen mit hohem Schädlingsdruck wie Obst und Gemüse. Das könnte bis zur Existenzgefährdung der Betriebe führen. Bei Mitteln zur Bekämpfung von Pilzkrankheiten wären die Wirkstoffverluste ebenfalls erheblich.  

„Selbst bei Großkulturen wie Getreide oder Kartoffeln müsste man mit Ertragseinbußen bis zu 30 Prozent rechnen, wenn die extremen Vorstellungen der Parlaments Realität würden“, so Koch-Achelpöhler. Europa würde damit bei diesen wichtigen Grundnahrungsmitteln zum Importland.  

Auch Schulz appellierte an die Parlamentarier, die Bewertungskriterien für die Pflanzenschutzmittel stärker an die Realitäten anzupassen und die bisherige risikoorientierte Betrachtung beizubehalten. Sonst sei ein nachhaltiger Pflanzenschutz nicht mehr möglich, und der sei unverzichtbarer Garant für die Sicherung der Ernten und der Qualität. In einer Zeit steigender Preise für Lebensmittel sowie angesichts der Diskussion um die Ernährung der Weltbevölkerung gewinne diese Betrachtung besonderes Gewicht.  

Schulz setzte sich in dem Branchengespräch für die vom Ministerrat und der Europäischen Kommission vorgeschlagene zonale Zulassung von Pflanzenschutzmitteln ein. Das sei ein erster wichtiger Schritt dazu, gleiche Bedingungen für die Erzeuger in den EU-Mitgliedstaaten herzustellen. (PD)
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Kommentierte Artikel

 Wundermittel und Jahrhundertgift PFAS: Derselbe Circus - andere Clowns

 Deutsche Verbraucher offen für abgelaufene Lebensmittel

 Brandenburger Dackel wohl von Wolf angegriffen

 Tag des Wolfes - Bauern machen Druck für vereinfachten Abschuss

 Erleichterungen bei GAP-Anträgen und Hanfanbau

 In der Corona-Pandemie wurden zu oft Antibiotika verschrieben

 Jäger sehen dringenden Handlungsbedarf bei Umgang mit Wölfen

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein