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26.12.2016 | 13:00 | GAP 

EWSA sieht Direktzahlungen als Notwendigkeit

Brüssel - Ein Plädoyer für die Beibehaltung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen auch in der nächsten Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) hat der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) in seiner Stellungnahme „Maßgebliche Einflussfaktoren für die Gemeinsame Agrarpolitik nach 2020“ abgegeben, die jetzt vom EWSA-Plenum beschlossen worden ist.

EWSA Direktzahlungen
(c) proplanta
„Die Stützung des Einkommens landwirtschaftlicher Betriebe mit Direktzahlungen ist in der derzeitigen Situation eine Notwendigkeit“, heißt es in dem Papier (Sonderbeilage). Der Agrarsektor habe einen erheblichen Investitionsbedarf, der sich nur decken lasse, wenn die erwartbaren Einkommen ausreichend hoch und die wirtschaftlichen Risiken tragbar seien. Grundlegende Priorität bei der nächsten Reform hat nach Einschätzung des Ausschusses zudem die Vereinfachung der GAP.

Die Umsetzung der Politikmaßnahmen - allen voran die fristgerechte Überweisung der Direktzahlungen - müsse reibungsloser erfolgen. Ebenso müssten insbesondere die umweltpolitischen Maßnahmen für die Landwirte leichter verständlich sein. Überarbeitungsbedürftig seien auch die Kontroll- und Sanktionssysteme. Gegenwärtig könnten Zahlungskürzungen für die Ökologisierung und Cross-Compliance-Maßnahmen „unangemessen und unverhältnismäßig“ sein. Der Forderungskatalog des Ausschusses umfasst eine breite Themenpalette, von der Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft in offenen Märkten über das Risikomanagement bis hin zur Fairness in der Lebensmittelkette.

Der Stellvertretende Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Udo Hemmerling, der Mitglied der Studiengruppe zur Erstellung der Stellungnahme war, hob hervor, dass sich der EWSA in dem Papier „für eine umfassende Sicht auf die Agrarpolitik ausgesprochen“ habe.

Importe müssen EU-Normen genügen

Der Ausschuss tritt dafür ein, die Zwei-Säulen-Struktur in der GAP zu erhalten. Die Vielfalt der Mitgliedstaaten und Regionen und ihre unterschiedlichen Belange erforderten sowohl eine voll EU-finanzierte Erste als auch eine kofinanzierte Zweite Säule. Um den Herausforderungen der Zukunft gewachsen zu sein, müsse ferner der EU-Agrarhaushalt aufgestockt werden. Derzeit sei dieser niedriger als die Agrarhaushalte der USA oder Chinas. Außerdem sei der Etat trotz der EU-Erweiterung seit mehreren Jahren stabil beziehungsweise rückläufig.

Zu den weiteren Forderungen des EWSA gehört die Bekräftigung der finanziellen Solidarität innerhalb der EU sowie der Gemeinschaftspräferenz. Als Beispiel könne dabei der sogenannte „Buy American Act“ der USA dienen. Dieser verpflichte die Regierung in Washington, in den USA hergestellte Produkte bei ihren Käufen zu bevorzugen. Nach Einschätzung des EWSA ist es darüber hinaus wichtig, dass von Drittstaaten in den Binnenmarkt gelieferte Produkte dieselben Normen erfüllen wie in der EU erzeugte.

Innovationen fördern

Handlungsbedarf sieht der Ausschuss auch hinsichtlich des Risikomanagements in der Landwirtschaft. Bestehende Instrumente wie die Interventionspreise, die private Lagerhaltung, die Absatzförderung sowie die Terminmärkte und die Instrumente der Gemeinsamen Marktorganisation (GMO) müssten beibehalten beziehungsweise entwickelt werden. Zudem gebe es Bedarf an neuen Risikomanagementmaßnahmen. So sollte mit Systemen für Fonds auf Gegenseitigkeit oder Versicherungsmodellen „experimentiert“ werden, um zu untersuchen, ob Versicherungsunternehmen oder andere Einrichtungen effiziente Optionen anbieten könnten. Daneben seien die Marktbeobachtungsmechanismen weiterzuentwickeln. Eine bessere Markttransparenz sei von grundlegender Bedeutung für ein reibungsloses Funktionieren der Versorgungskette. Ferner betont der EWSA die Wichtigkeit von technologischen Innovationen in der Landwirtschaft. Sie könnten zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, Produktivität und Nachhaltigkeit beitragen.

Junglandwirte unterstützen

Als Herausforderung nennt der Ausschuss die aktuell schwache Verhandlungsmacht der Landwirtschaft innerhalb der Lebensmittelversorgungskette. In fast jedem Mitgliedstaat gebe es eindeutige Hinweise auf Störungen in der Kette aufgrund der hohen Konzentration auf dem nachgelagerten Markt. Die Verteilung des Wertzuwachses unter den Akteuren sei unausgewogen. Vor diesem Hintergrund sollte die EU-Kommission europäische Regulierungsrahmen für die Gestaltung der Vertragsbeziehungen innerhalb der Kette und rechtliche Möglichkeiten für die Organisation kollektiver Maßnahmen der Landwirte vorschlagen. Erzeugerorganisationen seien nämlich wichtige Akteure in der Lebensmittelversorgungskette und trügen zur Stärkung der Position der Landwirte bei. Eine entscheidende Frage ist für den EWSA darüber hinaus der Generationenwechsel in der Landwirtschaft. Um diesen zu erleichtern, sollte der Berufseinstieg von Junglandwirten und Seiteneinsteigern unterstützt werden.

Übergansphase erforderlich

Zentrale Bedeutung haben für den Ausschuss auch gekoppelte Zahlungen für diejenigen Sektoren und Regionen, in denen besondere Formen der landwirtschaftlichen Tätigkeit beziehungsweise Agrarbranchen aus wirtschaftlichen, sozialen oder ökologischen Gründen besonders wichtig sind. Außerdem sollte ein eindeutiger Schwerpunkt auf die Förderung aktiver Landwirte und einer aktiven Produktion gelegt werden. Schließlich geht der EWSA davon aus, dass in der jetzt laufenden Mandatsperiode der EU-Kommission und des Europaparlaments keine Zeit sein wird, die nächste GAP-Reform für eine mögliche Umsetzung im Jahr 2021 zum Abschluss zu bringen. Daher bedürfe es einer mindestens zweijährigen Übergangsphase, um die aktuelle GAP noch für einen ausreichend langen Zeitraum nach 2020 fortsetzen zu können.
AgE
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