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16.10.2010 | 20:01 | Öko-Wende kostet 

Fragen und Antworten zur Ökostrom-Umlage

Berlin - Die Verbraucher werden 2011 die gestiegenen Kosten für die Ökostrom-Förderung im Geldbeutel spüren.

Ökostrom-Umlage
Aber der Geschäftsführer des Bundesverbands Erneuerbare Energien, Björn Klusmann betont: «Jeder Euro, der in die Erneuerbaren investiert wird, hat einen hohen volkswirtschaftlichen Nutzen». Nach Angaben der vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber steigt die Ökostrom-Umlage 2011 auf das Rekordhoch von 3,530 Cent je Kilowattstunde. Ein Plus von 70 Prozent im Vergleich zu den 2,047 Cent in diesem Jahr. Der Grund: Es gibt immer mehr Strom aus Wind, Sonne und Biomasse.


Was genau ist die Ökostrom-Umlage?

Die Betreiber von Photovoltaikanlagen oder Windparks bekommen Vergütungen, die deutlich über dem Marktpreis liegen. Die Differenz zu den Marktpreisen zahlen alle Stromkunden über eine Umlage. Sie steigt unter anderem dadurch, wenn mehr Ökostrom produziert wird. Die EEG-Umlage war im Jahr 2000 im Erneuerbare-Energien-Gesetz festgelegt worden, um den Ausbau der Ökoenergien anzuschieben. Für 2011 wurde eine Einspeisevergütung in Höhe von 16,7 Milliarden Euro ermittelt, die über die Umlage von den Verbrauchern zu tragen ist. Bis 2050 strebt die Regierung einen Ökostrom-Anteil von 80 Prozent an.


Was kostet das die Verbraucher im kommenden Jahr?

Der bisherige Anteil der Umlage an der monatlichen Stromrechnung steigt für einen Drei-Personen-Musterhaushalt von knapp sechs auf rund 10 Euro. Doch zugleich gibt es durch immer mehr Ökostrom im Netz auch Dämpfungseffekte von bis zu vier Milliarden Euro pro Jahr. Doch bestimmte Entlastungen werden oft nicht an die Kunden weitergegeben. Berücksichtigt man alle Faktoren, könnten die EEG-Mehrkosten für eine vierköpfige Familie auf rund 70 Euro pro Jahr begrenzt werden. Aber: Eine Alternative gibt es wohl nicht, wenn das Klima geschützt und der Ausstieg aus der Atomenergie vollzogen werden soll.


Was können Verbraucher gegen höhere Preise tun?

Eine simple, aber wirksame Maßnahme gegen steigende Strompreise nennt der Geschäftsführer des Bundesverbandes Neuer Energieanbieter (bne), Robert Busch: «Wem seine Stromrechnung zu hoch ist, der kann inzwischen einfach und problemlos zu einem neuen, günstigeren Stromanbieter wechseln.» Auch die Bundesnetzagentur empfiehlt dies. In Berlin zum Beispiel sind manche Ökostrom-Anbieter laut des Verbraucherportals Verivox billiger als Platzhirsch Vattenfall.


Warum steigt die Umlage so stark?

Erstens, weil sich wegen Kürzungen bei der Solarförderung viele Bürger noch rasch eine Solaranlage zugelegt haben. Bis Ende August ging eine Leistung von 4,88 Gigawatt ans Netz und damit ein Gigawatt mehr als im gesamten Jahr 2009. Durch gesunkene Preise für Solaranlagen um bis zu 40 Prozent ist diese Förderung besonders lukrativ, da hier auch Otto Normalverbraucher einsteigen kann.

Zweitens muss die Differenz zwischen dem an der Börse erzielten Strompreis und der Vergütung an die Ökostromerzeuger ausgeglichen werden. Aufgrund des durch die Krise gefallenen Strompreises steigt diese Differenz. Drittens gibt es einen Nachholeffekt, da die Umlage 2010 um rund eine Milliarde Euro zu niedrig angesetzt war.


Ist die Ökostrom-Förderung überhaupt sinnvoll?

Ja. In Spanien wurde durch eine Begrenzung der Ökoenergie-Ausbau abgebremst. Das deutsche EEG-Gesetz gilt hingegen parteiübergreifend als Erfolg. Weil die Branche boomt, könnte es bis 2020 bereits einen Ökostrom-Anteil von 40 Prozent geben. 2009 arbeiteten bereits 340 000 Menschen in der Branche, zudem gibt es in den Kommunen durch viele kleine dezentrale Ökostromversorger eine hohe Wertschöpfung und mehr Steuergeld für den Staat.

Anders als bei Kohle- und Atomstrom, die auch riesige Milliardensubventionen bekommen haben und zum Teil noch bekommen, fallen auch nicht hohe Folgekosten durch Umweltschäden und Atommüll an. Vorwürfe, dass die EEG-Umlage bei armen Menschen nun die Hartz-IV-Erhöhung um 5 Euro aufzehre, bezeichnet der Präsident des Umweltbundesamtes, Jochen Flasbarth als populistisch. «Dass EEG ist für die Volkswirtschaft eine Erfolgsgeschichte.» 2009 seien durch die Ökoenergie Umweltschäden von 4,7 Milliarden Euro vermieden worden.


Ist eine weitere Explosion durch die Förderkosten zu erwarten?

Im EEG ist eine Art Kostenbremse installiert. Gibt es immer mehr Ökoenergie, sinkt automatisch die Förderung pro Anlage. Beispiel Solarenergie: Die Regierung kürzte die Förderung zum 1. Juli bereits um bis zu 13 Prozent, ab Oktober sind es bis zu minus 16 Prozent. Im Januar wird die Einspeisevergütung für kleine Dachanlagen um weitere 13 Prozent sinken. Bis 2030 soll die Förderung ganz auslaufen.


Was sagt die Politik?

Besonders einige Energiepolitiker von Union und FDP dringen auf Kürzungen. Ein ungelöstes Problem ist aber, dass es durch längere Atomlaufzeiten zu einem Systemkonflikt zwischen Öko- und Atomstrom kommen könnte - bisher gibt es einen Einspeisevorrang für Ökostrom.

Zuletzt wurde auch deshalb deutlich weniger Atomstrom produziert, dennoch gab es einen Stromüberschuss im ersten Halbjahr 2010. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) steht uneingeschränkt zur Förderung der Öko-Energien. Ziel sei eine Anschubfinanzierung bis zur Erlangung der Marktreife. Aber er betont: «Je stärker ihr Marktanteil wächst, desto mehr muss die Förderung sinken. Denn es geht um die Einführung einer ressourcenschonenden, wachstumsfördernden, sicheren Energieversorgung zu bezahlbaren Preisen.» (dpa)
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