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06.05.2009 | 04:12 | Wasserressourcen 

Verbesserte Wassernutzung kann Ernährungskrisen eindämmen

Stockholm/Potsdam - Wenn die gesamten Süßwasserressourcen in Flussgebieten besser bewirtschaftet würden, könnte das künftige Ernährungskrisen eindämmen.

Süßwasserresourcen
(c) proplanta
Dies berichten Forscher vom Stockholm Resilience Centre an der schwedischen Universität Stockholm, vom Stockholm Environment Institute und vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK).

Die Herausforderung, unter den Auswirkungen des Klimawandels den Wasserbedarf der schnell wachsenden Weltbevölkerung zu decken, könnte leichter zu bewältigen sein, als vielfach berichtet wird. Die Analyse eines schwedisch-deutschen Forscherteams zeigt erstmals auf, welche Möglichkeiten bestehen, sowohl so genanntes grünes als auch so genanntes blaues Wasser effektiv zu nutzen, um sich an den Klimawandel anpassen und die künftige Weltbevölkerung ernähren zu können. Die Studie wurde kürzlich in der Fachzeitschrift „Water Resources Research“ veröffentlicht.

Im gegenwärtigen Wassermanagement wird nur blaues Wasser berücksichtigt,  also in Flüssen und Seen vorhandenes Wasser und Grundwasser. Laut der Forscher begrenze das die Handlungsmöglichkeiten, zunehmender Wasserknappheit bzw. den Wasserrisiken zu begegnen, die mit dem Klimawandel einhergehen. Nach gegenwärtigen Schätzungen sind weltweit drei Milliarden Menschen von Wasserknappheit betroffen. Die neue Analyse der Forscher berücksichtigt indes auch grünes Wasser –  im Boden gespeichertes Regenwasser. Nach dieser Betrachtung sind nur eine Milliarde Menschen von Wasserknappheit betroffen. Darüber hinaus zeigt die Analyse, dass kluges Wassermanagement Milliarden Menschen vor Wasserarmut bewahren kann.

„Das eröffnet neue Perspektiven für Investitionen zur  Anpassung an den Klimawandel und auch Möglichkeiten für eine dringend benötigte grüne Revolution in den armen Ländern der Welt“, berichten die Forscher. Ihre Analyse zeige, dass viele wasserarme Länder genügend Lebensmittel für ihre Bevölkerungen produzieren können, wenn grünes Wasser berücksichtigt und entsprechend bewirtschaftet würde. Der Artikel mit dem Titel „Future water availability for global food production: The potential of green water for increasing resilience to global change“ verändert grundsätzlich die Abschätzungen zukünftiger weltweiter Wasserknappheiten.

„Die Diskussion um Wasserarmut in verschiedenen Regionen beschränkt sich weitgehend auf die Abwesenheit von Wasser, anstatt die Nutzungsmöglichkeiten allen vorhandenen Wassers zu berücksichtigen“, sagt der Leitautor der Studie, Johan Rockström vom Stockholm Environment Institute und dem Stockholm Resilience Centre. „Wir haben neueste Methoden der hydrologischen Modellierung und aktuelle Klimaszenarien angewendet, um bis zum lokalen Maßstab hinab abschätzen zu können, wie viel Wasser den Bauern zur Landwirtschaft zur Verfügung steht. Das führt normalerweise zu sehr düsteren Prognosen, da lediglich für die Bewässerung nutzbares blaues Wasser berücksichtigt wird. Wir haben nun Niederschlagswasser mitberücksichtigt, das vom Boden aufgenommen wird und das die Grundlage für die gesamte unbewässerte Landwirtschaft ist. Wir zeigen auch auf, wo enorme Reserven blauen und grünen Wassers unproduktiv verloren gehen.“


Aufgedeckte Reserven stärken Anpassungsfähigkeit

Die Studie belegt, dass verbessertes Management grünen Wassers der Ausgangspunkt für eine neue grüne Revolution sein könnte. Es könnte zudem die Verwundbarkeit gegenüber Überschwemmungen, Dürren und Trockenperioden durch den menschgemachten Klimawandel mindern.

„Wir zeigen, wie Investitionen in vorhandene Technologien und ein verbessertes Management grünen Wassers klimafestere Anbaupraktiken voranbringen kann, die eine stabilere Nahrungsversorgung ermöglichen“, sagt Holger Hoff, Forscher am PIK. Viele Länder, die bislang als chronisch wasserarm eingestuft werden, hätten genug blaues und grünes Wasser, um die Grundernährung ihrer Bevölkerungen zu sichern. In Kenia zum Beispiel gebe es große Reserven bislang ineffizient oder gar nicht genutzten grünen Wassers. „Wenn die Nutzung blauen und grünen Wassers gut geregelt wird, könnte das Land bis zum Jahr 2050 und trotz Klimawandels Wasserknappheit vermeiden“, sagt Hoff.


Handlungsmöglichkeiten bestehen, haben aber ihre Grenzen

Ziel der Forschungsarbeit war festzustellen, inwieweit verschiedene Länder ihren jetzigen und ihren zukünftigen Wasserbedarf für die Nahrungsmittelproduktion decken können, indem sie alles verfügbare blaue und grüne Wasser effizienter nutzen. Mit dem dynamischen globalen Vegetations- und Wasserhaushaltsmodell „LPJmL“, das Verbreitung, Wachstum, Produktivität und Wasserbedarf natürlicher und landwirtschaftlicher Vegetation abbilden kann, haben die Forscher die gegenwärtige (Jahre 1996 bis 2005) und die künftige (Jahre 2045 bis 2055) Wasserverfügbarkeit weltweit simuliert.

Das Modell zeigt, dass um 2050 59 Prozent der Weltbevölkerung über zu wenig blaues Wasser und 36 Prozent über zu wenig blaues plus grünes Wasser verfügen. Das heißt, 36 Prozent der Weltbevölkerung werden in Ländern leben, die zu wenig Wasser haben werden, um ihre eigene Nahrungsmittelversorgung zu sichern. „Leider wird trotz der neuen Möglichkeiten, die unsere Analyse aufzeigt, die Menschheit in bestimmten Regionen der Welt mit gewaltigen Herausforderungen konfrontiert“, sagt Rockström.

Louise Karlberg aus dem Forscherteam fordert daher, den gegenwärtigen Ansatz im Wassermanagement auf blaues und grünes Wasser zu erweitern. Auf diese Weise könnten Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt werden, mit Wasserknappheit besser umzugehen. „Wenn grünes Wasser effektiver genutzt würde, zum Beispiel indem man die Transpiration durch Pflanzen auf Kosten der unproduktiven Bodenverdunstung fördert, bestehen selbst unter den Auswirkungen des Klimawandels Möglichkeiten dazu, ohne die Anbaugebiete vergrößern zu müssen.“

In weiteren Studien will das Forscherteam nun das Potenzial bestimmter Wassermanagement-Strategien, speziell für grünes Wasser, untersuchen, die künftige Nahrungsmittelproduktion zu steigern. (pik)
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