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09.06.2011 | 21:27 | EHEC-Krise 

"Mörder-Gurken" belasten EU-Russland-Gipfel

Moskau - Gemüse aus der Europäischen Union kommt auch beim EU-Russland-Gipfel in der Wolga-Metropole Nischni Nowgorod nicht auf den Tisch. Weil die Herkunft des Darmkeims EHEC bei den Russen weiter Fragen aufwirft, bleibt die Regierung in Moskau eisern.

Gemüseexport
Vor dem Treffen von Kremlchef Dmitri Medwedew mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und anderen Spitzen an diesem Donnerstag (9. Juni) ist ein Ende der Blockade nicht in Sicht. Die EU schimpft, das Einfuhrverbot für Gemüse aus allen 27 Staaten sei «überzogen».

Russlands Regierungschef Wladimir Putin donnerte, er werde nicht zulassen, dass sein Volk mit den «stinkenden Mörder-Gurken» aus der EU «vergiftet» werde. Damit gab Putin seinem obersten Amtsarzt Gennadi Onischtschenko Deckung, der aus heiterem Himmel das Importverbot angeordnet hatte. Er schimpfte sogar in ungewohnt hartem Ton, dass das Rätsel um EHEC ein Beweis sei dafür, wie schlecht die europäische Hygieneordnung funktioniere. Und ausgerechnet die EU wolle Russland zu ihren Standards bewegen.

Nach Einschätzung kremlkritischer Medien hat wohl Putin selbst Onischtschenko, der als «heimlicher Außenminister» des Riesenreichs gilt, grünes Licht für die folgenreiche Entscheidung gegeben. Der Rang eines Arztes lasse sonst solche antieuropäischen Tiraden kaum zu, kommentierte die Zeitung «Nowaja Gaseta». Schon in der Vergangenheit habe Russland etwa mit dem Verbot für polnisches Fleisch versucht, politische Dividenden herauszuschlagen.

Damals ging es darum, die Hürden für Verhandlungen zu einem neuen Partnerschaftsabkommen der EU mit Russland zu beseitigen. Der Weg ist seit Jahren frei, aber die Verhandlungen kommen nicht voran.

Beinahe schon drohte der 27. EU-Russland-Gipfel zu einer langweiligen Protokollveranstaltung zu werden. Doch auch wenn Diplomaten in Moskau und Brüssel meinen, dass andere interessante Themen am 9. und 10. Juni auf der Tagesordnung stehen - nichts lässt derzeit die Wogen so hoch schlagen wie der «Gurken-Krieg». Der sonst eher leise EU-Botschafter in Moskau, Fernando M. Valenzuela, schimpfte, dass sich ein solches Embargo nicht gehöre für ein Land, das der Welthandelsorganisation WTO beitreten wolle.

Dabei hatten zuletzt EU und Russland noch gefeiert, dass zumindest zwischen ihnen alle Hindernisse beseitigt seien. Deutsche Politiker und Spitzenmanager, die unlängst mit hohen Moskauer Funktionären sprachen, dämpften aber ebenfalls die Erwartungen. Sie hoffen auf mehr Investitionssicherheit bei einem WTO-Mitglied Russland.

Das Land sei aber weiter gar nicht bereit für einen solchen Schritt, meint der Moskauer Politologe Michail Deljagin. Die Rohstoffmacht sei zudem nicht in der Lage, ihren Markt mit zivilen Mitteln zu schützen. Das Risiko für die Machthaber in Moskau sei im Moment zu hoch, weil durch einschneidende politische Entscheidungen etwa der Rubel abgewertet werden könne, erklärt Deljagin. Der Wirtschaftsexperte sieht eine Gefahr, dass Kremlchef Medwedew mit seiner geplanten Modernisierungspolitik scheitern könnte.

Es ist der vom Westen als liberal eingeschätzte Medwedew, der in Nischni Nowgorod am Donnerstag bei einem Abendessen erste Gespräche mit der EU-Spitze führen wird. Wenn er nach den Verhandlungen an diesem Freitag mit Barroso vor die Presse tritt, erwartet kaum jemand Ergebnisse. Vor allem in der für Russland wichtigen Frage einer Aufhebung der Visapflicht kehrt Medwedew wohl wieder mit leeren Händen in den Kreml zurück. (dpa)
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