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09.12.2008 | 20:10

Dioxin-Skandal weitet sich aus - Bund sieht weiter keine Gefahr

Berlin/London - Nach Schweinefleisch nun auch Rindfleisch.

Dioxin-Skandal weitet sich aus - Bund sieht weiter keine Gefahr
Der Skandal um Dioxinbelastung in irischem Fleisch hat sich ausgeweitet. Die irischen Behörden teilten am Dienstag in Dublin mit, nach dem Fund des Gifts in Schweinefleisch sei auch Dioxin in Rindfleisch entdeckt worden. Für die Verbraucher in Deutschland sieht die Bundesregierung jedoch weiter keine akute Gefahr. Bisher ist offen, ob irisches Fleisch mit Dioxin auch nach Deutschland gelangt ist. In mindestens fünf Bundesländern wird inzwischen Schweinefleisch auf Dioxin oder das Dioxin-ähnliche Gemisch PCB geprüft, hunderte Tonnen wurden bundesweit aufgespürt. Die Verbraucherorganisation Foodwatch forderte schärfere Dioxin-Kontrollen.

Das Risiko nach dem Dioxin-Fund in Rindfleisch sei äußerst gering, es bestehe keine gesundheitliche Gefährdung, sagte Irlands Landwirtschaftsminister Brendan Smith. Die betroffenen Herden würden geschlachtet. Dort erzeugtes Fleisch komme nicht in den Handel. Die bisherige Risikoeinschätzung gelte weiter, hieß es aus dem Bundesverbraucherministerium in Berlin. Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung blieb bei seiner Einschätzung. Für Verbraucher gebe es bis zu einem Zeitraum von einem Monat keine unmittelbare Gefahr. Gesundheitliche Beeinträchtigungen seien aber bei längerer Aufnahme von Fleisch und Wurst, die Dioxin oder PCB (Polychlorierte Biphenyle) enthalten, nicht ausgeschlossen.

In Schleswig-Holstein wurden rund 300 Tonnen möglicherweise belastetes Fleisch aus dem Verkehr gezogen. Ein Unternehmen hatte insgesamt 900 Tonnen Schweinefleisch aus Irland erhalten. Eine Rückrufaktion der gelieferten Ware - unter anderem nach Hessen - sei im Gange. In Hessen nahmen Händler rund 40 Tonnen Schweinefleisch aus Irland vorsorglich vom Markt. Die Tests sollen nach Angaben des hessischen Umweltministeriums zwei Wochen dauern. In Niedersachsen wurde bekannt, dass rund 1,5 Tonnen Schweinezunge aus Irland vor rund fünf Wochen an einen Fleischverarbeiter geliefert wurden.

In Rheinland-Pfalz werden mehr als 1.800 Tonnen irisches Fleisch geprüft, das aus Nordrhein-Westfalen (NRW) und Hessen geliefert worden war. NRW-Agrarminister Eckhard Uhlenberg (CDU) forderte von der Fleischbranche Auskunft über die Vertriebswege für möglicherweise belastetes Fleisch. Mehr als 1.000 Tonnen sollen an vier Betriebe in NRW gegangen sein. Die Verbraucher greifen offensichtlich trotzdem zu. Die Fleischer-Innung Münster verzeichnete keine Absatzeinbrüche.

Bayern und das Saarland erklärten, irisches Schweinefleisch sei nicht dorthin gekommen. Rund 2.000 Tonnen Schweinefleisch waren laut Bundesministerium im fraglichen Zeitraum seit 1. September von Irland nach Deutschland geliefert worden. Der FDP-Agrarpolitiker Hans-Michael Goldmann forderte Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) auf, beim nächsten Treffen der EU-Agrarminister für ein europaweites Qualitätssystem für Lebensmittel zu werben. Foodwatch forderte bessere europaweite Kontrollen von Futtermitteln.

«In Fischmehl sind häufig Dioxine enthalten, und auch Futteröle, die man Futtermitteln beimischt, können relativ hoch mit Dioxinen belastet sein», sagte Vize- Geschäftsführer Matthias Wolfschmidt der Deutschen Presse-Agentur dpa. Das werde wegen der Kosten für Dioxin-Nachweise billigend in Kauf genommen. Als mögliche Ursache der Verunreinigung in Irland gilt ein Tierfutter-Hersteller, der falsches Öl zum Trocknen des Futters benutzt haben soll.

In Irland war bei drei von elf getesteten Rinder-Herden eine überhöhte PCB-Konzentration gefunden worden. Die Tiere hatten verunreinigtes Futter gefressen. Allerdings wurde bei den Rindern der Grenzwert nur um das Zwei- bis Dreifache überschritten, während der Wert bei den Schweinen zwischen 80 und 200 Mal höher war. Die Landwirte, die vom Dioxin-Skandal betroffen sind, können nicht mit Geld der Europäischen Union (EU) rechnen. Es sei aber möglich, dass die irische Regierung trotz der EU-Regeln für Staatsbeihilfen Entschädigung zahle, teilte die EU-Kommission in Brüssel mit. Der Verlust für die Industrie wird auf 100 Millionen Euro geschätzt. (dpa)
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