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16.04.2016 | 09:33 | Konjunkturflaute und Steueroasen 

Krisenmanagement des IWF und der G20

Washington / Berlin - Von diesem Donnerstag an trifft sich in Washington die Finanzelite - nicht nur zur Frühjahrstagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank, sondern auch in kleinerem Kreis der Top-Wirtschaftsmächte G20 und G7.

Finanzwelt trifft sich in Washington
Über mangelnden Gesprächsstoff können die G20 und der IWF nicht klagen: Konjunkturflaute, Niedrigzinsen und Steueroasen sind beherrschende Themen in der US-Hauptstadt. Und am Rande geht der Schuldenstreit mit Griechenland mal wieder in eine neue Runde. (c) Irochka - fotolia.com
Politiker, Notenbanker und Ökonomen werden nicht nur über Risiken für die schwächelnde Weltkonjunktur und mögliche Gegenmaßnahmen debattieren.

Es geht einmal mehr auch um Niedrigzinsen und die Politik des ultralockeren Geldes, geopolitische Krisen - und nach der Enthüllung der «Panama Papers» um weitere Schritte gegen Geldwäsche und Steueroasen. Offiziell kein Tagesordnungspunkt aber Thema am Rande: Der anhaltende Schuldenstreit mit Griechenland.

Wie sehen die Wachstumsaussichten für die Weltwirtschaft aus?

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat zum zweiten Mal seit Januar seine Prognosen nach unten korrigiert. Die globale Wirtschaft dürfte in diesem Jahr statt um 3,4 nur noch um 3,2 Prozent zulegen, 2017 um 3,5 Prozent. Das klingt nicht alarmierend. Aber der Fonds sieht etliche Risiken: Die Schwäche Chinas, ein drohender Austritt Großbritannien aus der EU («Brexit»), Terror, die Flüchtlingskrise und geopolitische Konflikte.

Auch an den Finanzmärkten könnte es zu Turbulenzen kommen, weil Anleger um einst boomende Schwellenländer einen Bogen machen und massiv Kapital abziehen. Unsicherheiten gingen auch von den Öl- und anderen Rohstoffpreisen aus.

Und wie könnte die Staatengemeinschaft darauf reagieren?

IWF-Chefin Christine Lagarde tritt schon seit längerem für einen Dreiklang ein aus geldpolitischen Maßnahmen der Notenbanken, wachstumsfördernder Haushaltskonsolidierung sowie Strukturreformen. Forderungen nach Konjunkturspritzen auf Pump dürften wieder lauter werden.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hält nichts von Aktionismus angesichts Rekordschulden - noch weniger von weiteren geld- sowie finanzpolitischen Stützungsmaßnahmen. Es gebe keine Krisensituation - trotz der Abwärtsrisiken, heißt es in Berlin. Die Wachstumsraten seien nicht so schlecht, wie einige weismachen wollten. Sie lägen weit über dem langfristigen Durchschnitt.

Werden die «Panama Papers» eine Rolle spielen?

Die Enthüllungen über Hunderttausende anonyme Briefkastenfirmen in Panama werden im Kreis der führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) zur Sprache kommen, die sich am Rande der IWF-Tagung treffen.

Schäuble will seinen 10-Punkte-Plan für den Kampf gegen Geldwäsche und zum Austrocknen von Steueroasen vorlegen. Er schlägt unter anderem vor, dass mehr Länder als die bisher rund 100 Staaten am automatischen Informationsaustausch für Steuer- und Finanzdaten teilnehmen und Firmenregister für mehr Transparenz global vernetzt werden. Schäuble wollte sich davor mit Frankreich und Großbritannien sowie der Industrieländer-Organisation OECD abstimmen.

Wird es in Washington ein neues Paket gegen Steueroasen geben?

Das wird noch nicht erwartet. Die Bundesregierung hofft auf «immense Fortschritte», um Panama und andere «Offshore»-Länder transparenter zu machen. Es werde aber noch keine konkreten Beschlüsse und «ausgefeilten» neuen Programme geben.

Sind die Steueroasen das einzige G20-Thema?

Nein. Die G20-Finanzminister und -Notenbankchefs reden natürlich über die anhaltend lockere Geldpolitik. Schäuble tritt schon länger für ein Ende der Niedrigzinsen und einen schrittweisen Ausstieg aus der Politik des billigen Notenbankgeldes ein. Das Übermaß an Liquidität sei inzwischen mehr Ursache als Lösung des Problems. In Deutschland wächst die Kritik an der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Schäuble will mit EZB-Präsident Mario Draghi reden, betont aber natürlich dessen Unabhängigkeit.

Was ist zum Thema Griechenland zu erwarten?

Die Vertreter der Geldgeber-Institutionen von EU-Kommission, EZB, IWF und Euro-Rettungsfonds ESM sind auch in Washington. Der Streit der Euro-Länder und vor allem Deutschlands mit dem IWF über eine zusätzliche Schuldenentlastung Athens wird zur Sprache kommen.

Aktuell prüfen die Geldgeber, ob Athen die Reform- und Sparauflagen erfüllt. Erst dann sollen Hilfsgelder freigegeben und über mögliche Schuldenerleichterungen gesprochen werden. Der IWF beteiligt sich bisher nicht finanziell am dritten Rettungspaket. Eine weitere IWF-Beteiligung ist aber vor allem für Deutschland wichtig.

Ist die Banken-Regulierung kein Thema mehr?

Hier gehen die Arbeiten freilich weiter. Es gibt noch offene Fragen - etwa zu zusätzlichen Auflagen für große Banken und auch weiteren Kapitalanforderungen für global agierende Versicherer.

Werden auch die westlichen G7-Mächte zu Beratungen zusammenkommen?

In Washington ist ein vertrauliches Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs der USA, Japans, Deutschlands, Großbritanniens, Frankreichs, Kanadas und Italiens geplant. Dabei dürfte es auch um weitere Hilfen für die Ukraine gehen. Angesichts der politischen Unsicherheiten in der Ukraine ist die Sorge groß, dass das 17-Milliarden-Hilfsprogramms des IWF auf Eis gelegt wird.
dpa
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