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19.03.2011 | 13:56 | Gemeinsame Agrarpolitik 

EU-Agrarminister mehrheitlich für Positionspapier zur GAP

Wien - Der EU-Agrarrat konnte am Donnerstag in Brüssel eine gemeinsame Position zur Gestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik GAP nach 2013 nicht einstimmig als Schlussfolgerungen des Rates, sondern nur mit qualifizierter Mehrheit als Schlussfolgerungen des Vorsitzes verabschieden.

EU
(c) proplanta
Die Position war vom ungarischen Vorsitz unter Landwirtschaftsminister Sándor Fazekas vorbereitet worden. Sieben EU-Mitgliedstaaten lehnten das GAP-Papier ab. Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich sieht in den Schlussfolgerungen dennoch ein "wichtiges Signal der EU-Landwirtschaftsminister, den  Kampf aber noch nicht gewonnen".

Damit habe der Agrarrat gemeinsame Grundsätze für die Zukunft der EU-Agrarpolitik festgelegt. "Das halte ich für einen wichtigen Eckpfeiler für eine starke europäische Landwirtschaft, insbesondere im Hinblick auf die künftige Aufteilung des EU-Budgets. Diese Grundsätze sind ein wichtiges Signal gegenüber der EU-Kommission und dem EU-Parlament und für die österreichischen Bäuerinnen und Bauern", so Berlakovich.
 
Die ungarische EU-Ratspräsidentschaft bemühte sich vergeblich um Einstimmigkeit. Die unterschiedlichen Positionen der EU-Mitgliedstaaten zur Zukunft der GAP ließen sich nicht überbrücken. Am Schluss verweigerten sieben EU-Mitgliedstaaten ihre Zustimmung.

 
Streitpunkte: Fortsetzung und Verteilung von Direktzahlungen

Streitpunkt war vor allem die Verteilung der Direktzahlungen nach 2013. Der polnische Agrarminister Marek Sawicki setzte sich für deutlichere Worte im Sinne eines Ausgleichs zwischen Ost- und Westeuropa ein. Ungarn ergänzte daraufhin den Text um die Forderung nach einer schrittweisen Abkehr von den historischen Bezügen der Direktzahlungen. Danach stimmte Polen den Schlussfolgerungen zwar zu, aber die drei baltischen Länder blieben bei ihrer Ablehnung. In Estland, Lettland und Litauen werden den Landwirten die niedrigsten Flächenprämien von zum Teil unter EUR 100,- pro ha bezahlt. 
 
Auch die "Liberalisierer" unter den Agrarministern hielten an ihren Vorbehalten fest. In den Schlussfolgerungen wird von einer starken GAP gesprochen, für die ein angemessener Haushalt bereitgestellt werden müsse. Dem Vereinigten Königreich, Dänemark, Malta und Schweden geht dies zu weit. Auch eine Passage, nach der sich die Direktzahlungen bewährt haben und fortgesetzt werden sollten, schmeckte den Ländern nicht, die sich für eine entschiedene Agrarreform einsetzten. 
 
Nach den vergeblichen Bemühungen um Einigung trat der ungarische Ratspräsident Fazekas vor die Presse und erklärte, eine qualifizierte Mehrheit der Minister habe sich auf Schlussfolgerungen zur GAP einigen können. Das wichtigste Anliegen der Ungarn im Agrarrat sei damit erledigt. EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos lobte die Bemühungen Fazekas' und bezeichnete die Schlussfolgerungen ebenso wie Berlakovich als gute Grundlage für weitere Diskussionen. Über wichtige Prinzipien für die Zukunft der GAP sei man sich einig. Die EU-Mitgliedstaaten schließen sich immerhin den beiden grundlegenden Reformelementen der Kommission an. Die GAP soll grüner werden und die Höhe der Direktzahlungen soll zwischen den EU-Mitgliedstaaten angeglichen werden. Die Kürzung der Direktzahlungen lehne eine Reihe von Mitgliedstaaten ab, wird in den Schlussfolgerungen festgehalten. Das sei für ihn aber kein Grund, von seiner Forderung Abstand zu nehmen, betonte Ciolos. Er halte an einer Obergrenze fest. Die Direktzahlungen hätten auch eine Einkommenskomponente, führte der Kommissar aus. Deshalb müssten zu hohe Zahlungen an einzelne Empfänger begrenzt werden, damit die GAP weiterhin akzeptiert werde. 

 
Berlakovich zufriednen mit Verankerung österreichischer Positionen 
 
"Österreich hat seine Positionen durchgebracht", begrüßte auch Berlakovich, dass es demnach auch in Zukunft eine starke GAP mit zwei Säulen geben solle. Es seien weitere Vereinfachungs- und Ökologisierungsschritte sowie nationale und regionale Flexibilität bei der Prämiengestaltung vorgesehen. Bergbauern, Klein- und Junglandwirte sollten speziell gefördert werden. Außerdem seien weiterhin Marktmaßnahmen als Sicherheitsnetze und gekoppelte Beihilfen in wichtigen Bereichen eingeplant. "Auch das von mir infolge des deutschen Dioxin-Skandals vorgeschlagene EU-Lebensmittelmodell ist aufgegriffen und in diesem Grundsatzdokument verankert worden", betonte der Minister. 

 
Eigentlicher Kampf beginnt bei Mittelzuweisung und -aufteilung 
 
"Die Verhandlungen waren ein zähes Ringen mit mehreren Sitzungsunterbrechungen, denn bekanntermaßen gibt es die unterschiedlichsten Strömungen in der EU-Agrarpolitik. Während die einen auf Teufel komm raus liberalisieren oder die Direktzahlungen gar abschaffen wollen, fordern die anderen und dabei insbesondere die neuen EU-Mitgliedstaaten umfangreiche Umverteilungen zu ihren Gunsten", beschrieb Berlakovich die Verhandlungen. "Umso mehr ist begrüßenswert, dass schlussendlich 19 Länder - unter ihnen auch Österreich - für das von der ungarischen Ratspräsidentschaft ausgearbeitete Papier gestimmt haben. Dieser Beschluss verleiht der europäischen Landwirtschaft Schlagkraft gegenüber anderen Sektoren." Berlakovich sieht darin eine weitere wichtige Stufe auf dem Weg in die zukünftige Gemeinsame Agrarpolitik. "Der eigentliche Kampf beginnt jedoch erst, wenn die Mittelzuweisung und -aufteilung startet. Dann geht es ans Eingemachte." So teile er nicht die Ansicht von EU-Haushaltskommissar Janusz Lewandowski, der den Anteil der Landwirtschaftsförderungen am EU-Haushalt von 40 auf 30%  kürzen will. 

 
Mercosur: Berlakovich fordert Folgenanalyse vor konkretem EU-Angebot 
 
Als "sehr wichtiges Thema" bezeichnete Berlakovich die von den Niederlanden auf die Tagesordnung des Rates gebrachten, gleichzeitig mit dem Rat in Brüssel laufenden Assoziierungsverhandlungen der EU mit dem südamerikanischen Handelsblock Mercosur (Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay). Dabei sprach er sich dafür aus, dass wirtschaftliche, umweltbezogene und soziale Zusammenhänge und Auswirkungen geklärt sein müssten, bevor die EU konkrete Angebote an den Mercosur übergibt. "Deswegen fordere ich die von der EU-Kommission in Aussicht gestellte Detailanalyse." Wichtig sei es, in den Verhandlungen die hohen Umwelt- und Sozialstandards in der EU zu wahren und zu verankern, um Wettbewerbsnachteile für die österreichische und europäische Landwirtschaft zu verhindern. "Außerdem ist eine ausreichende Berücksichtigung der WTO-Verhandlungen und unserer Zugeständnisse darin wichtig, denn ein doppeltes Bezahlen kommt für mich nicht in Frage", bekräftigte der Minister. Insbesondere gelte es, die sensiblen Bereiche Zucker, Qualitätsrindfleisch, Getreide und Ethanol zu schützen. 

 
GVO-Mais und Baumwolle verfehlen Mehrheit für Inverkehrsetzung 
 
Zwei GV-Maissorten und eine GV-Baumwollsorte bekamen von den Agrarministern der EU nicht die notwendige qualifizierte Mehrheit. Auch Österreich stimmte dagegen. Die EU-Kommission wird die Einfuhr der GV-Sorten nun ohne die Zustimmung der EU-Mitgliedstaaten zulassen. Der Anbau steht nicht zur Debatte. Im Einzelnen geht es um den Mais MON 89034xMON 88017 von Monsanto, die Baumwolle GH 614 von Bayer und die Wiederzulassung von der Maislinie 1507 von Pionier und Dow Agro Science. 

 
Verbraucherkommissar Dalli mahnt Kontrollen von Japan-Importen ein 
 
Von der Strahlung aus japanischen Atomkraftwerken gehe bisher keine Gefahr für den europäischen Verbraucher aus. Die Importe von Lebens- und Futtermitteln aus Japan in die EU seien äußerst gering, begegnete EU-Verbraucherkommissar John Dalli möglichen Sorgen. Dennoch mahnte er die EU-Mitgliedstaaten, Importe aus Japan auf Radioaktivität hin zu untersuchen. Die Zulassung für die Einfuhr in die EU hätten vor allem Fischprodukte und Muscheln. In der Region um die beschädigten Reaktoren werde Gemüse angebaut. Allerdings habe die Saison in Japan noch nicht begonnen. 

 
EU-Kommission geht von stabilem Milchmarkt aus 
 
In der EU werden in diesem Jahr 1 bis 1,3 % mehr Milch als im Vorjahr erzeugt. Nach einem erfolgreichen Jahr 2010 rechnet die EU-Kommission auch weiterhin mit leichtem Wachstum, berichtete sie den Landwirtschaftsministern in ihrem vierteljährlichen Report zum Milchmarkt. Die steigende Nachfrage auf dem Weltmarkt nach Molkereiprodukten bedienten zurzeit die USA und die EU, erklärte Ciolos. Die Veränderungen in Nordafrika, im Nahen und Mittleren Osten sowie die Katastrophen in Japan könnten die steigende Nachfrage allerdings beeinträchtigen. Zudem behindere der starke Euro die Ausfuhren aus der EU. Die Milchanlieferungen in der EU-27 lägen im ablaufenden Wirtschaftsjahr um 6 % unter der Quotenmenge, informierte der Kommissar weiter. Ab dem 01.04. hätten die EU-Mitgliedstaaten die Möglichkeit, ihre Quote um 1 % aufzustocken. Die Butterbestände der Intervention seinen weitgehend verkauft und die Mengen an Magermilchpulver von 250.000 t auf 50.000 t vermindert. 

 
Minister diskutierten beim Mittagessen Besetzung des FAO-Generaldirektors

Beim Mittagessen besprachen die Agrarminister "institutionelle Fragen in der FAO". Berlakovich plädierte dabei für die Kandidatur von Ex-EU-Agrarkommissar Franz Fischler für das Amt des Generaldirektors der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen. Fischler habe als ehemaliger Agrarminister und EU-Kommissar "enorme Kompetenz", er sei zudem "eine starke Persönlichkeit". (BMLFUW/AIZ)
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