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22.04.2015 | 14:18 | Gentechnik-Zulassungsverfahren 

EU-Kommission will Staaten Genpflanzen-Futterverbote erleichtern

Brüssel - Bei der Genehmigung von Genpflanzen als Lebens- und Futtermittel sollen die EU-Staaten mehr Entscheidungsfreiheit bekommen.

EU Gentechnik-Zulassungsverfahren
Europas Bürger haben wenig Appetit auf Genpflanzen. In der Landwirtschaft jedoch wird viel genverändertes Soja verfüttert. Es kommt aus dem nicht-europäischen Ausland. Die EU-Kommission will nationale Importverbote erleichtern - und stößt auf Gegenwind. (c) proplanta
Die Brüsseler EU-Kommission stellte am Mittwoch heftig umstrittene Pläne vor, wonach die Regierungen nationale Verbote leichter aussprechen können sollen. Sowohl die Gentechnik-Branche als auch Umweltschützer bemängelten fehlende Rechtssicherheit.

Bislang werden genmanipulierte Organismen oft gegen den Willen der EU-Staaten als Lebens- oder Futtermittel zugelassen, weil keine ausreichende Mehrheit dagegen zustande kommt. Nachträgliche nationale Verbote einer in der EU zugelassenen Genpflanze sind dabei nur in Ausnahmefällen vorgesehen. Dazu müssten Staaten neue Erkenntnisse vorlegen. Das gilt als schwierig, weil die europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit (Efsa) bereits eine wissenschaftliche Bewertung vornimmt.

Künftig sollen sich die Staaten laut Vorschlag bei nationalen Verboten auf Gründe berufen, die mit dem öffentlichen Interesse zu tun haben. «Die Kommission hat die Bedenken vieler EU-Bürgerinnen und -Bürger zur Kenntnis genommen», teilte der für Lebensmittelsicherheit zuständige Kommissar Vytenis Andriukaitis mit. Der Vorsitzende der EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber (CSU) lobte die Pläne: «Die EU-Kommission macht klar, dass Europa nicht über alles entscheiden muss, sondern vieles auch national geregelt werden kann.

»Ansonsten schlug dem Vorschlag allerdings ungewöhnlich breite Kritik entgegen. «Er wird uns allen viel Ärger bringen und am Ende keine Verbesserung zur heutigen Situation schaffen», kommentierte der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Harald Ebner bemängelte «juristische Risiken» und erklärte: «Jeder kann überall innerhalb der EU kaufen und verkaufen, was er will. Grenzkontrollen gibt es auch nicht. Will [EU-Kommissionschef Jean-Claude] Juncker die wieder einführen?»

Der Deutsche Bauernverband bezeichnete die Idee nationaler Verbote «angesichts der engen europäischen Integration der Agrar- und Lebensmittelwirtschaft» als «weltfremd». Auch der europäische Dachverband Copa Cogeca hält die Regeln für nicht praktikabel. Der Biotechnik-Branchenverband EuropaBio kommentierte, die Kommission «opfert das Grundprinzip des Binnenmarktes».

Die Pläne bedürfen der Zustimmung der EU-Staaten und des Europaparlaments. Ähnliche Regeln sind jüngst bereits für den Anbau genmanipulierter Pflanzen in Kraft getreten.

Derzeit sind in der EU 58 gentechnisch veränderte Organismen als Lebens- oder Futtermittel zugelassen. Bei den neuen Regeln geht es in erster Linie um Genpflanzen als Tierfutter. Nach Angaben der EU-Kommission importierten die EU-Staaten 2013 mehr als 60 Prozent des Bedarfs an pflanzlichem Eiweiß. Die Einfuhren kommen zum Großteil aus Ländern, die viel Gensoja anbauen. Genveränderte Lebensmittel gibt es hingegen kaum in Europa - solche Inhaltsstoffe müssen grundsätzlich gekennzeichnet werden.

Aus der EU-Kommission hieß es am Mittwoch auch, sie wolle demnächst für 17 weitere genmanipulierte Lebens- und Futtermittelpflanzen grünes Licht geben sowie für zwei Nelkenarten. (dpa)
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