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30.06.2010 | 10:33 | Länderreport Brasilien 

Agrarboom in Südamerika

Monheim - Brasilien befindet sich im Aufschwung: Das Land leidet weit weniger unter der Wirtschaftskrise als andere Länder - und auch die Inlandsnachfrage steigt.

Brasilien - Zuckerhut
(c) Bayer CropScience AG
 Am Welthandel hat sich das südamerikanische Land vor allem durch Agrarprodukte und den Export von Rohstoffen etabliert.

Brasilien bietet eine Fülle an natürlichen Ressourcen, mit deren Erträgen Brasilien auf dem Weltmarkt punktet. Bezogen auf Fläche und Bevölkerung ist Brasilien der fünftgrößte Staat der Erde. Der Aufschwung des wirtschaftlich bedeutendsten Landes Lateinamerikas begründet sich vor allem in der Exportwirtschaft: Die günstigen Weltmarktpreise und die hohe Nachfrage aus China kurbeln die Ausfuhren weiter an. Aber auch der Binnenmarkt boomt, denn die Brasilianer werden immer mehr zu kaufkräftigen Konsumenten.


Solides und ausbaufähiges Agrobusiness

Brasiliens fruchtbare Böden, günstige Klimabedingungen und die Verfügbarkeit von Wasser bieten optimale Anbaubedingungen. Kombiniert mit moderner Technologie und einer starken Industrialisierung der Landwirtschaft hat sich Brasilien zu einem der wichtigsten Global Player im Agrobusiness entwickelt. „Nach einer Rekordernte 2007/08 bekam die Branche zwar durch die Finanzkrise Probleme, ihren Aufstieg zur globalen Nummer eins stoppt das nicht“, erklärt Oliver Döhne, Mitarbeiter von Germany Trade & Invest in Sao Paulo (Wirtschaftsföderungsgesellschaft der Bundesrepublik Deutschland). „Gemessen am eigenen Potenzial und dem seiner Hauptkonkurrenten ist das brasilianische Agrobusiness noch klein“, so Döhne weiter. Laut der UN-Ernährungsbehörde FAO liegt die landwirtschaftlich genutzte Fläche lediglich bei 59,5 Millionen Hektar. Döhne: „Während viele Länder ihre wachsende Bevölkerung kaum noch ernähren können, hat Brasilien eine große Reserve an landwirtschaftlich nutzbaren Flächen. Die Rede ist von zusätzlichen 70 bis 100 Millionen Hektar, außerhalb der geschützten Wälder.“ Selbst die Umweltorganisation WWF spreche davon, dass Brasilien seine Agrarfläche problemlos verdoppeln könne, ohne einen Fuß in das Amazonasgebiet zu setzen.


Vielfalt vom Acker

Bereits heute ist Brasilien weltweit der größte Lieferant von Zucker, Kaffee, Rindfleisch, Geflügel, Ethanol, Orangensaft und Tabak. Besonders der Kaffeeanbau hat in Brasilien eine lange Tradition. Das spiegelt sich auch im Ertrag wider: Das Land ist heute mit 24,3 Millionen Sack à 60 Kilogramm der weltweit größte Kaffeeproduzent, so der Jahresbericht 2009 des Deutschen Kaffeeverbandes. 30 Prozent des international gehandelten Kaffees werden in Brasilien produziert. Die Kaffeeanbaugebiete liegen in den tropischen und subtropischen Bundesstaaten Minas Gerais, São Paulo, Paraná und Espírito Santo.

Die Zuckerrohrfelder ziehen sich vom Nordosten des Landes bis in den Süden. Im hügeligen Nordosten wird das bambusartige Süßgras noch von Hand geerntet, wohingegen die Ernte im flachen Süden meist voll mechanisiert abläuft. Die brasilianischen Zuckerrohrplantagen umfassen eine Fläche von mehr als acht Millionen Hektar. Im Jahr 2008 betrug die Gesamtproduktion an Zuckerrohr laut dem IGBE (Instituto Brasileiro de Geografia e Estatistika) knapp 650 Millionen Tonnen. Für das Jahr 2009 rechnet das Institut mit einer Steigerung von 6,4 Prozent auf mehr als 690 Millionen Tonnen. Verarbeitet wird Zuckerrohr hauptsächlich zu Rohrzucker, Ethanol und Cachaça, dem brasilianischen Zuckerrohr-Schnaps.

Vor diesem Hintergrund baut auch Bayer CropCropScience seine Zuckerrohrforschung weiter aus. Zusammen mit dem Zentrum für Zuckerrohrtechnologie (CTC, Centro de Tecnologia Canavieira) im brasilianischen Bundesstaat São Paulo plant das Unternehmen eine umfassende Kooperation zur Erforschung und Entwicklung von biotechnologisch optimierten Zuckerrohr-Sorten. Hauptziel ist es, Sorten mit einem höheren Zuckergehalt zu entwickeln – frühe Forschungsergebnisse deuten auf einen Anstieg um 30 bis 40 Prozent hin. Zuckerrohr gilt als die produktivste Kulturpflanze für wirtschaftlich rentable erneuerbare Energie mit der besten CO2-Bilanz.

Das südamerikanische Land ist zudem Exporteur von Soja und Sojaderivaten sowie Mais und Schweinefleisch: Nach den USA ist Brasilien der zweitgrößte Sojaproduzent. Hauptanbaugebiete sind der Mittelwesten, Südosten und Süden. Laut IGBE betrug die Soja-Ernte 2008 fast 60 Millionen Tonnen. Im Vergleich: 2005 waren es 50,2 Millionen Tonnen. Hauptexportländer sind die Europäische Union, China und Japan. In manchen Gebieten wie im Bundesstaat Mato Grosso erlauben hoch entwickelte, nachhaltige Methoden und Technologien Erträge von über 4,5 Tonnen pro Hektar.

Zudem ist Brasilien der drittgrößte Exporteur von Mais, der auf einer Fläche von 14,4 Millionen Hektar angebaut wird - überwiegend in den Bundesstaaten Rio Grande do Sul, Minas Gerais, Mato Grosso und Paraná im Süden des Landes. Die durchschnittliche Flächenproduktivität betrug 2008 etwa 4.000 Kilogramm pro Hektar, mit guten Möglichkeiten zu weiteren Ertragssteigerungen. Auf den klimatisch günstigen und fruchtbaren Böden sind zwei Ernten pro Jahr möglich, so dass die Gesamtproduktion in 2008 knapp 60 Millionen Tonnen erreichte, so das IGBE.


Wachstum dank neuer Technologien

„Zur Steigerung der Ernten sind die Brasilianer neuen Technologien gegenüber sehr aufgeschlossen“, sagt Arturo Peyloubet, Marketing Director bei Bayer CropScience in Brasilien. „Das zeigt sich auch darin, wie schnell beispielsweise neues Saatgut und optimierte Hybridsorten bei Getreide von den Farmern angenommen wurden“, so Peyloubet. Der lokale Markt für Pflanzenschutzmittel hat sich von 1992 bis 2006 mehr als vervierfacht. Und der langfristige Wachstumstrend des brasilianischen Agrarmarktes ist weiterhin ungebrochen. Vor allem die Effizienz lässt sich noch steigern: „Damit die Landwirte höhere Erträge erzielen können, müssen sie ihr Anbaumanagement verbessern. Hier geben wir seitens Bayer CropScience auch Unterstützung, beispielsweise durch Feldstudien oder technische und kundenspezifische Beratung. Vor allem beim Anbau von Sojabohnen sind die Landwirte schon auf einem sehr hohen technologischen Niveau“, so Peyloubet. Derzeit wird Soja auf etwa 22 Millionen Hektar angebaut. Diese Fläche ließe sich sogar verfünffachen, ohne dass ein Baum gefällt werden müsste, sagt Peyloubet. Es stehen beispielsweise große Weideflächen zur Verfügung, die bislang mit einer geringen Intensität bewirtschaftet werden.

Herausforderungen für die Pflanzenschutzexperten stellen sich permanent. Beispiel: Sojarost. Der Pilz, Phakopsora pchyrhizi, führt zur völligen Entlaubung der Sojapflanze und zu dramatischen Ernteausfällen von teilweise bis zu 80 Prozent. In Südamerika ist dieser aggressive Pilz besonders aktiv. Bayer-Forscher haben dagegen spezielle Pflanzenschutz-Lösungen entwickelt: Nativo® und Sphere Max® mit dem Wirkstoff Trifloxistrobin, und Atento® zur Saatgutbehandlung. Diese Produkte sind speziell auf die verschiedenen klimatischen und regionalen Bedingungen angepasst ebenso wie an die Bedürfnisse der Kunden und bekämpfen Sojarost besonders wirkungsvoll. Auch die Untersuchungen des staatlichen Landwirtschaftsforschungsinstitut Embrapa (Empresa Brasileira de Pesquisa Agropecuaria) zeigten im Vergleichstest, dass diese Produkte besonders gut zum Schutz der Sojapflanze geeignet sind.


Handel braucht Verkehrsnetz

Rechnet man alle Vorprodukte, Maschinen, Fahrzeuge und industriellen Verarbeitungsstufen ein, trägt das Agrobusiness zu 25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts von Brasilien bei und zu 36 Prozent des Exportes (Germany Trade & Invest, August 2009). Einziges Problem: die unzureichende Transportinfrastruktur, die für den Ausbau der Industrie und die Intensivierung der Landwirtschaft im Landesinneren dringend notwendig ist. Die Eisenbahn spielt noch immer eine vergleichsweise kleine Rolle, da sie nur 25 Prozent der Transportmasse bewegt. „Das Rückgrat der brasilianischen Verkehrsinfrastruktur sind die Fernstraßen“, sagt Arturo Peyloubet, Leiter des Marketings bei Bayer CropScience in Brasilien. „Verglichen mit anderen Ländern muss das Land noch viel nachholen, aber Projekte im Schienen-, Wasser- und Straßenverkehr sowie Pipelineprojekte versprechen Verbesserungen.“

Besonders erfolgreich ist Brasilien bei der Nutzung von Biosprit. „Heute nutzen praktisch 90 Prozent der neu verkauften Autos so genannte Flex-Fuel-Motoren, die mit Benzin, den Alkoholen Methanol und Ethanol sowie beliebigen Mischungen dieser Kraftstoffe fahren können. In 2009 haben die Tankstellen mehr Ethanol als Benzin verkauft“, erklärt Peyloubet.


Aufschwung am Zuckerhut

Die brasilianische Wirtschaft, immerhin die zehntgrößte Volkswirtschaft, profitiert vom Export. Er trägt zu 14 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei, das 2008 bei etwa 1.586 Milliarden US-Dollar lag, so das deutsche Auswärtige Amt. Hauptausfuhrprodukte Brasiliens sind zwar immer noch landwirtschaftliche Erzeugnisse und mineralische Rohstoffe. Doch inzwischen gewinnt das Land auch mit Industrieprodukten Weltmarktanteile, zum Beispiel im Flugzeugbau.

„Brasilien bleibt zwar nicht von der wirtschaftlichen Krise verschont, aber das Land hat gute Voraussetzungen für einen nachhaltigen Aufschwung, sobald eine Stabilisierung der Weltwirtschaft eintritt“, sagt Markus Jäger von Deutsche Bank Research. Die positive Entwicklung der Wirtschaftslage in Brasilien schwächte sich zwar auch in 2008, das Wachstum betrug aber immer noch 5,1 Prozent. „Eine solide Krediteinstufung, ein stabiles Bankensystem, eine tragfähige öffentliche Verschuldung und eine entschlossene Haushaltsdisziplin werden dazu beitragen, das Land auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zurückzuführen. Brasilien wird natürlich keine wirtschaftliche Expansionsrate von sechs Prozent erreichen, aber ein Durchschnittswachstum von vier Prozent ist durchaus im Bereich des Möglichen“, so Jäger weiter.

Der Internationale Währungsfond (IWF) und die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) loben Brasilien für seine Währungspolitik und sein Schuldenmanagement. „Relativ zu anderen Emerging Markets und Industrieländern haben sich die Wachstumsaussichten verbessert. Die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas dürfte in der Tat zu den Gewinnern der Weltwirtschaftskrise zählen“, erklärt Jäger. Viele einkommensschwache Brasilianer sind zu kaufkräftigen Konsumenten geworden und kurbeln die Nachfrage im Inland an, vor allem im Lebensmittelbereich. Der Konsum trug zuletzt 60,7 Prozent zum brasilianischen BIP bei.


Wirksame Reformen

Vor allem der Süden und Südosten des Landes, wo immerhin 90 Prozent der brasilianischen Bevölkerung leben, erwirtschaften zwei Drittel der Industrieproduktion. São Paulo hat sich zum größten industriellen Ballungszentrum des Landes entwickelt und zieht kontinuierlich Einwanderer an: Innerhalb der vergangenen 40 Jahre verdoppelte sich die Einwohnerzahl auf heute mehr als 11 Millionen Bürger. Mittlerweile wohnen in der Metropolregion São Paulo fast 20 Millionen Einwohner.

Dank der guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bedingt durch diverse Regierungsprogramme hat sich die Situation in den vergangenen Jahren verbessert. Die Arbeitslosenzahlen sind laut dem IGBE kontinuierlich gesunken von 10,6 Prozent im Jahr 2006 auf 7,6 Prozent in 2008.

Noch Ende der 80er Jahre gehörte Brasilien zu den am höchsten verschuldeten Ländern der Welt, litt unter einer Militärdiktatur und die Industrie war nicht weltmarktfähig. Als Schwellenland steht es heute anderen Ländern in der Süd-Süd-Kooperation zur Seite. Brasilien-Experten sind sich einig, dass das südamerikanische Land wahrscheinlich alle acht Millenniumsziele der Vereinten Nationen bis 2015 erreichen und dann auch einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat bekommen wird. (Bayer CropScience)
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