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10.08.2010 | 21:10 | Russlands Politiker  

Minister Schoigu gibt dem russischen Feuerkampf ein Gesicht

Moskau - In seiner blauen Uniform gibt Sergej Schoigu dem Kampf gegen die schlimmsten Waldbrände in der russischen Geschichte ein Gesicht.

Minister Schoigu gibt dem russischen Feuerkampf ein Gesicht
Neben Präsident Dmitri Medwedew und Regierungschef Wladimir Putin ist der Zivilschutzminister derzeit der präsenteste Politiker im Riesenreich. Geduldig und aufmerksam hört er den Einsatztruppen an der Feuerfront zu, fragt hier behutsam nach, gibt dort zackig neue Anweisungen. Immer dabei: Die Kameras des Staatsfernsehens. Warum er persönlich die Brandherde in Augenschein nimmt? «Ich möchte nicht dereinst gefragt werden: Und wo waren Sie?», sagt der 55-Jährige dann.

Abend für Abend spielt der Minister für Millionen Russen die Zuversicht in Person. Zupackend sieht der stämmige Mann mit dem leicht schütteren Haar aus, wenn er über seine randlose Brille ernst in die Kameras guckt, die Ärmel hochgekrempelt, die Jacke aufgeknöpft. «Wir schaffen es» - dieses Bild verkörpert außer Putin kaum ein leitender Funktionär im Riesenreich so gut wie Schoigu. Vermutlich ist der Vater zweier Töchter auch deshalb einer der populärsten russischen Politiker.

In einigen Umfragen hängt er sogar den allseits beliebten Putin ab. Gerne kokettiert Schoigu mit seinem Image. Schon als Kind, so streut er immer wieder gerne, war er ein Draufgänger. So habe er einst den Fluss Jenissei überwunden, indem er von Eisscholle zu Eisscholle hüpfte. Seine Freunde gaben ihm daraufhin den Spitznamen «Teufel». Er galt als Rowdy und als mittelmäßiger Schüler. Nun gibt sich der studierte Bauingenieur gerne als Mann des Volkes. «Frühmorgens aufstehen, Kefir zum Frühstück, keine Zigaretten und abends um neun Uhr ins Bett, weil das gut für die Gesundheit ist - das ist nichts für mich», sagte Schoigu einmal in einem Interview. Vielen Russen spricht der oberste Katastrophenschützer des Riesenreichs damit aus der Seele.

Vielmehr bevorzugt der Eishockeyfan gute Küche mit viel Fleisch und Fisch sowie guten Rotwein. Kritik am Krisenmanager kommt nur selten auf. Zumindest pikant ist aber, dass Schoigu seine Verwandtschaft stets in der Nähe weiß. Die Firma seiner Ehefrau Irina zählt zu den wichtigsten Kunden des Zivilschutzministeriums. Die ältere Tochter Julia arbeitet für die psychologische Hilfe der Behörde und Schwester Larissa sitzt für die Regierungspartei Geeintes Russland in der Staatsduma.

Im notorisch korrupten Russland ist Vetternwirtschaft noch immer keine Seltenheit. Bereits seit 16 Jahren sitzt Schoigu im Ministersessel. Das macht ihn in der kurzlebigen russischen Politik zu einem wahren «Dinosaurier». «Ich arbeite einfach viel und erledige meine Aufgaben» - erklärt der Armeegeneral sein Erfolgsrezept. Damit hat er es bereits bis zur Auszeichnung als «Held Russlands» gebracht.

Geboren am 21. Mai 1955 in der abgelegenen Teilrepublik Tuwa an der Grenze zur Mongolei, organisierte Schoigu schon während seines Studiums Freiwillige, die den Behörden bei Unglücken zur Seite standen. Die Truppe wuchs beständig - und damit auch der politische Einfluss des Leiters. Spätestens als er dem damaligen Kremlchef Boris Jelzin 1991 mit seinen Leuten beisprang und so mit half, einen Putsch abzuwehren, war er in den politischen Kreisen angekommen. Mittlerweile gebietet Schoigu über etwa eine Million Katastrophenhelfer, Feuerwehrleute und Soldaten. (dpa)


Extra:

Zustimmung für Medwedew und Putin auf Tiefpunkt

Infolge der verheerenden Wald- und Torfbrände ist das Vertrauen der Russen in Präsident Dmitri Medwedew und Regierungschef Wladimir Putin auf ein historisches Tief gesunken.

Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts FOM zufolge stimmten Anfang August lediglich 52 Prozent der Bevölkerung mit der Politik Medwedews überein, wie die Wirtschaftszeitung «Wedomosti» am Dienstag berichtete. Das waren zehn Prozentpunkte weniger als im Januar und der niedrigste Wert überhaupt. Putin kommt immerhin auf eine Zustimmung von 61 Prozent, acht Prozentpunkte weniger als im Januar. So gering war die Beliebtheit des früheren Kremlchefs zuletzt vor vier Jahren. Das sei ein Zeichen für die Erschöpfung der Führung, sagte der kremltreue Politologe Gleb Pawlowski.

Das Feuer habe die Politiker überrascht. Sie waren wegen ihres schlechten Krisenmanagements ungewöhnlich offen kritisiert worden. Nach Meinung von Experten nutzt aber vor allem Putin die aktuelle Katastrophe, um sich als bester Krisenmanager in Szene zu setzen. Er stieg am Dienstag in ein Löschflugzeug, um im Kampf gegen die Feuersbrunst selbst Hand anzulegen. Beobachter gehen davon aus, dass Putin sich für die Präsidentenwahl 2012 in Stellung bringt.

Das Meinungsforschungsinstitut WZIOM errechnete noch deutlich niedrigere Werte. Das Vertrauen in Medwedew sank demnach von 44 auf 39 Prozent, Putin rutschte von 53 Prozent auf 47. Die schwächsten Zustimmungsraten für das Führungsduo nannte das unabhängige Lewada- Zentrum. Hier liegt Medwedew lediglich bei 38 Prozent, ein Punkt weniger als bei der letzten Umfrage. Der Regierungschef verlor vier Punkte auf 44 Prozent. Experten zufolge könnten die Werte auch für Putin bald unter 40 Prozent sinken.
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