Der Hochsommer mitten im April macht den Landwirten zu schaffen. Dabei sind es weniger die hohen Temperaturen als die Trockenheit. «Die Wärme ist ganz ok - aber das Wasser fehlt», sagt Getreidebauer Peter Seidl. «Der Fruchtansatz ist wunderbar, wir haben keine Frostschäden, die Bestände sind sehr üppig - aber das führt auch dazu, dass die Pflanzen besonders viel Wasser brauchen.» Die Bauern hoffen dringend auf Regen - doch mindestens bis zum Wochenende ist keine entscheidende Wetteränderung in Sicht. «Größere Niederschläge gibt es nicht», sagt der Meteomedia-Meteorologe Stefan Eisenbach. «In der nächsten Zeit sieht es weiter nach Hochdruck-Wetter aus.»
Gerade hat Seidl seine Felder inspiziert. Vor allem die Blätter der jungen Pflanzen hat der Bauer aus Eching bei München genau angesehen - denn auch den Pflanzen droht Sonnenbrand. «Bis jetzt -toi, toi, toi - haben wir noch nichts», stellt er fest.
Besonders von der Trockenheit betroffen sind bundesweit unter anderem die ostdeutschen Länder. «Wir brauchen dringend Niederschläge», sagt der Referent für Ackerbau beim Deutschen Bauernverband, Jens Rademacher. Örtlich werden Flächen schon jetzt künstlich beregnet - was sonst erst im Hochsommer nötig ist. Etwa Raps und
Frühkartoffeln werden an manchen Orten beregnet. Doch nur ein Teil der Anbauflächen könnten überhaupt auf diese Weise künstlich versorgt werden. Denn wenn das Wasser nicht direkt aus einem Grundwasserbrunnen aufs Feld gepumpt werden kann, wird die Beregnung zu teuer.
Problem in diesem Jahr: Durch die Trockenheit im Winter hat sich der Grundwasserspiegel gesenkt. Bei Bauer Seidl in Eching etwa liegt er 2 Meter tiefer als im vergangenen Jahr bei etwa 5,50 Metern - das ist der Grenzbereich, in dem Pumpen noch wirtschaftlich eingesetzt werden können. Die künstliche Beregnung könnte sich mittelfristig auch in den Preisen niederschlagen - sofern die Verbraucher mitmachen. Die Bauern müssen abwägen: «Die Landwirte werden den Rechenschieber in die Hand nehmen müssen», sagt Matthias Kick vom Bayerischen
Bauernverband (BBV).
Die Landwirtschaft in Deutschland passt sich dem
Klimawandel an - und sieht darin mehr Chancen als Nachteile. «Von den Prognosen her könnte Deutschland insgesamt profitieren», sagt Kick. Die Erträge sollen eher zunehmen. Immer öfter greifen heimische Bauern bereits zu Pflanzen aus südeuropäischen Gefilden - sie haben eine höhere Hitzetoleranz und brauchen weniger Wasser. «Wir versuchen jetzt schon Sorten auszuwählen, die Trockenheit gut vertragen», sagt Seidl, der auch der Kreisobmann des BBV für München ist. «Es gibt auch schon Züchtungen, die eine Trockenphase länger aushalten.»
Bei der strahlungsempfindlichen Winter- und Sommergerste stagnieren bereits die Erträge. Dafür gedeihen beim Mais hier zu Lande schon südeuropäische
Maissorten, die früher gar nicht reif wurden. Und anstelle des herkömmlichen Weizen könnte der italienische Hartweizen angebaut werden, aus dem die Pasta gemacht wird und der hitzebeständiger ist. In Österreich werden bereits Kiwi angebaut, und der Anbau von Melonen etwa im oberen Rheingraben ist nach Meinung von Experten nicht auszuschließen.
Auch Seidl hat bereits Pläne gemacht, welche neuen Möglichkeiten ihm wärmere Temperaturen bieten könnten. «Ich interessiere mich für Trockenreisanbau. Wenn die Bürokratie es erlaubt, werde ich mir nächstes Jahr Saatgut holen und es einmal probieren.» Denn: «Landwirtschaft ist ein einfaches Geschäft: Wir müssen das machen, was geht.»
Wie die diesjährige Ernte ausfallen könnte, lässt sich frühestens im Juni oder Juli sagen. Und wie sich das Wetter bis dahin und über den Sommer entwickelt, ist offen. «Wie das Wetter von Frühlingsanfang bis Mitte April, wird es im Sommer sein, so Gott will», sagt zwar eine Bauernregel. Doch die Meteorologen wagen noch keine Prognose. «Ein paar Langfrist-Modelle sagen, dass es ein übertemperierter Sommer werden könnte», sagt der Meteorologe Eisenbach. «Aber das ist extrem unsicher - man könnte genauso gut würfeln.» Bauer Seidl sieht dem Sommer gelassen entgegen: «Ein Landwirt, der sich übers Wetter aufregt, hat den Beruf verfehlt.» (dpa)