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09.01.2019 | 01:48

Januar zeigt sich weiter von seiner ungemütlichen Seiten

Wetter im Januar 2019
Tief «Benjamin» bringt Wetter der Extreme: Während vor allem im Süden und teils im Osten Deutschlands das Schneetreiben kein Ende zu nehmen scheint, stellen Meteorologen im Westen schon erste Pollen fest. (c) proplanta

Neuschnee - tödliche Gefahr in den Bergen



Nach den großen Mengen Neuschnee der vergangenen Tage herrscht Lawinengefahr in den Alpen - es gibt bereits die ersten Todesopfer.

Tödlicher Schnee: Schon mehrere Menschen sind in den vergangenen Tagen in den Alpen verschüttet worden und gestorben. Vier Tote waren es in Österreich, drei in der Schweiz. Eine junge Frau kam im Berchtesgadener Land ums Leben. Ebenfalls in Bayern, in der Nähe von Bad Tölz, wurde ein Skibergsteiger von einer Baumkrone erschlagen. Sie war unter der Last des Neuschnees zusammengebrochen.

«Es sind so große Mengen Neuschnees gefallen, dass sogar auf Bergen, die normalerweise als sicher gelten, Lawinengefahr herrschen kann», sagt Christoph Hummel, Sicherheitsexperte beim Deutschen Alpenverein (DAV). Viele Skigebiete schränkten den Betrieb ein: zuviel Schnee.

Dabei sind Lawinen nicht die einzige Gefahr: «Es hat in den letzten Tagen bereits zwei Todesfälle durch Ersticken im Neuschnee gegeben», so Hummel. Denn wenn ein Wintersportler in tiefem Neuschnee kopfüber stürzt, kann er unter Umständen sterben, «weil man sich nicht mehr selbst befreien kann und einem irgendwann die Luft ausgeht».

Sind also die Berge im Winter grundsätzlich gefährlich, wie viele Menschen glauben? Wer sich abseits der Piste bewegt, geht zumindest ganz generell kein höheres Unfallrisiko ein als ein Pistenskifahrer.

Das zeigt die Unfallstatistik des DAV. «Die Wahrscheinlichkeit, auf der Piste einen Unfall zu haben, ist höher als bei Skitouren», sagt Hummel. «Das liegt daran, dass es in Skigebieten mehr Stürze, Kollisionen, Bänderrisse und gebrochene Haxen gibt.» Unfälle in freier Natur nehmen aber im Vergleich häufiger ein tragisches Ende: Auf solchen Skitouren sei «die Gefahr eines tödlichen Unfalls höher».

Der mit einer Million Mitglieder größte deutsche Sportverein wertet alljährlich aus, wie viele seiner Mitglieder überall auf der Welt verunfallen. Auf Grundlage dieser Zahlen und der regelmäßigen Befragung tausender Mitglieder schätzt der DAV die Risiken ab.

Die Lawinensituation in den vergangenen Tagen war durchweg kritisch und reichte von Warnstufe drei (Lawinengefahr «erheblich») bis vier («groß»). Große Mengen Neuschnees bedeuten Gefahr. Doch warum sind dennoch so viele Menschen auf Skitouren unterwegs? Die Antwort: Für Skibergsteiger ist die Abfahrt in stiebendem Pulverschnee das Größte.

Zudem ist die Lawinengefahr abhängig vom Berg. Auf sanft geneigten Hängen ist das Risiko auch bei höherer Warnstufe geringer als im Steilgelände. Lawinengefährdete Hänge sind aber häufig nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Die Gefahr hängt nicht nur von der Menge des Neuschnees ab, sondern von einer Vielzahl von Faktoren: etwa die Beschaffenheit der Schneedecke, Himmelsrichtung, Temperatur, Wind.

In den vergleichsweise niedrigen deutschen Alpen sind tödliche Lawinen selten: 2017 gab es nach den Daten des Lawinenwarndienstes Bayern zwei Tote, 2016 einen, 2015 keinen einzigen. Dabei sind Skitouren und Schneeschuhwandern in den Alpenländern Volkssport, viele Gipfel werden im Winter häufiger besucht als im Sommer.

Weit mehr Lawinenunfälle sind in Österreich und der Schweiz zu beklagen. In Österreich zählten das Kuratorium Alpine Sicherheit und die Alpinpolizei vom 1. November 2017 bis 1. November 2018 insgesamt 65 tote Wintersportler. 17 davon starben durch Lawinen im freien Gelände. Auf Skipisten dagegen kamen 29 Menschen ums Leben.

Ob die freie Natur oder die Skipiste größere Gefahren birgt, beurteilt das Kuratorium in Innsbruck nicht: «Darüber kann ich keine Aussage treffen, da die Gesamtzahlen der Wintersportler nicht vorliegen beziehungsweise nicht bekannt sind», sagt eine Sprecherin.

Die Gesamtzahl der von der österreichischen Bergrettung erfassten Skiunfälle ist hoch: alljährlich über 50.000, der Löwenanteil davon auf der Piste. Im ungesicherten freien Gelände dagegen passiert sehr viel weniger: Das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) in Wien beziffert die Zahl der Unfälle abseits der österreichischen Pisten auf jährlich über tausend. Unfälle von Skitourengehern sind in der Datenbank allerdings nicht getrennt erfasst, so eine KFV-Sprecherin.

Zwar hat sich die Ausrüstung für Skibergsteiger mit den Jahren sehr verbessert: Suchgeräte für Verschüttete sind Standard, viele Bergsteiger tragen Lawinenrucksäcke mit Airbag, die es im Notfall erleichtern, an der Oberfläche zu bleiben. Dennoch: «Nie vergessen werden sollte, dass trotz modernster Sicherheitstechnik die Zerstörungskraft von Schneebrettern und Lawinen gewaltig ist und nicht unterschätzt werden darf», warnte in einer KFV-Mitteilung Christian Eder, Ausbilder bei der österreichischen Bergrettung. «In den meisten Fällen sehen Todesgefahren sogar harmlos aus.»
dpa
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